Wegen Ukraine-Schutzsuchenden
ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner hat am Sonntag einen Schwenk in der Frage, ob man ukrainische Schutzsuchende aufnehmen soll, hingelegt. Sie warnte vor einer Einwanderung ins Sozialsystem. Ebenjene Haltung warf sie der FPÖ vor einem Monat noch vor.
Wien, 11. April 2022 | Es ist ein plötzlicher, aber nicht unerwarteter Schwenk der ÖVP. Die ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner warnt nun vor ukrainischen Schutzsuchenden, die ins österreichische Sozialsystem einwandern würden.
Auf Twitter sprach sie sich am Sonntag für “Hilfe vor Ort” aus: „Unser Sozialsystem darf nicht ausschlaggebend dafür sein, wohin Menschen flüchten. Hilfe vor Ort & Schutz vor Verfolgung standen für uns als @volkspartei schon immer im Vordergrund.“ Man solle Nachbarschaftshilfe in der Slowakei und Polen stattdessen unterstützen.
Am 10. März sagte Parteikollegin und Europaministerin Karoline Edtstadler gegenüber der “Heute” noch: “Jetzt sind die Menschen Europa und den Staaten der EU ja viel näher, sie haben Verwandtschaft und Freunde in der EU. Und sie haben ein Ziel vor Augen – und zwar nicht hinsichtlich: “Wo ist das beste Sozialsystem?”, sondern “Wo sind meine Anknüpfungspunkte?” Edtstadler sprach sich auch für eine unbegrenzte Aufnahme von ukrainischen Schutzsuchenden aus. Es gebe “kein Limit”.
Unser Sozialsystem darf nicht ausschlaggebend dafür sein, wohin Menschen flüchten. Hilfe vor Ort & Schutz vor Verfolgung standen für uns als @volkspartei schon immer im Vordergrund.
— Laura Sachslehner (@l_sachslehner) April 10, 2022
Sachslehner warf FPÖ genau das vor
Die ÖVP sattelt somit in der Frage, wie man mit Schutzsuchenden umgehen soll, um. Am 4. März zeigte sich Sachslehner in einer Aussendung noch erfreut, dass die FPÖ für eine Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen „ein bemerkenswertes Umschwenken vollzogen“ habe. Damals meinte Sachslehner: „Erst vor wenigen Tagen hatte Parteichef Herbert Kickl lauthals betont, dass die FPÖ keine ukrainischen Flüchtlinge in Österreich aufnehmen wolle. Gestern ist hingegen deutlich geworden, dass Kickls ablehnende Haltung nicht mehr gültig ist – oder es sich dabei offenbar nicht um die Parteilinie handelt. Denn mittlerweile haben sich mehrere FPÖ-Landesparteichefs, aber zum Beispiel auch Kickls Vorgänger Norbert Hofer, in deutlichen Worten für den Schutz von ukrainischen Flüchtlingen in Österreich ausgesprochen. Ich bin froh, dass die FPÖ zur Vernunft gekommen ist und sich an der Nachbarschaftshilfe, die Österreich leistet, beteiligen will“. Nun sieht sie es wohl anders.
Mega-Shitstorm
Sachslehner handelte sich mit ihrem plötzlichen Schwenk gehörig Kritik ein. Nutzer fragten die Generalsekretärin, wie sie sich Hilfe vor Ort, etwa in Butscha, vorstellen würde. Die Aussagen wurden nicht nur einmal als „geschmacklos“ und „deplatziert“ bezeichnet. Während Sachslehner gerade einmal rund 60 Zustimmungs-Likes bekam, erreichten die kritischen Antworten Zustimmung weit jenseits der Hunderter-Marke.
Auch Sachslehners persönliche Vorgeschichte wurde thematisiert. Die Mutter der ÖVP-Generalsekretärin stammt aus Polen. Sogar ihr Wikipedia-Eintrag wurde angesichts ihrer Aussage geändert. Ein Nutzer änderte den Eintrag: “Laura Sachslehner, österreichische Politikerin (ÖVP) und Kind einer polnischen Migrantin, welches sich jetzt gegen das Aufnehmen von Flüchtlingen in Österreich einsetzt, was schon sehr zum speiben ist.” Mittlerweile ist die Passage wieder entfernt.
Wiki ist für jeden offen: Der Eintrag von Sachslehner im Moment. pic.twitter.com/RpmT6pd1l9
— Mathias Morscher (@mathiasmoe) April 11, 2022
https://twitter.com/ried_lou/status/1513350988861788160
https://twitter.com/iwonalaub/status/1513247009800609801
Frau Sachslehner, auf ein Wort: wie war das bei Ihrer Mutter?
— Christoph Zielinski (@cczielinski) April 10, 2022
(bf)
Titelbild: screenshot/oe24