Montag, April 29, 2024

USA: Recht auf Abtreibung steht vor dem Aus – Heftige Proteste

Heftige Proteste

Ein geleakter Urteilsentwurf schlägt hohe Wellen in den USA: Der Supreme Court steht möglicherweise davor, das landesweite Recht auf Abtreibung aufzuheben. Das sorgte für starke Reaktionen. 

Washington, 04. Mai 2022 | Ein an das Medium “Politico” geleakter Urteilsentwurf des US Supreme Court sorgte am Dienstag für Entsetzen. Das 98-seitige Dokument datiert auf Anfang Februar ist vom Supreme Court mittlerweile als echt bestätigt worden. Die Bedeutung seines Inhalts ist brisant: Das US-Abtreibungsgesetz könnte gekippt werden.

Der Supreme Court hat in dem Urteilsentwurf dafür gestimmt, das historische Grundsatzurteil Roe v. Wade aus dem Jahr 1973 – das seit fast 50 Jahren geltendes Recht ist – zu Fall zu bringen.

Bevölkerungs-Mehrheit für Abtreibungsrecht

Würde dieser Urteilsentwurf durchgehen, würde das bedeuten, dass es in Zukunft kein landesweites Grundrecht auf Abtreibung mehr geben würde und einzelne Bundesstaaten selbst entscheiden könnten, ob sie Schwangerschaftsabbrüche stark einschränken oder ganz verbieten. Ausgangspunkt des jetzigen Falles ist ein Vorstoß des US-Staates Mississippi, Abtreibungen einzuschränken.

Das geleakte Dokument führte zu heftigen Protesten in den USA. Am Dienstag versammelten sich Abtreibungsgegner und -befürworter vor dem Gericht in Washington. Einer Umfrage des Pew Research Center von 2021 zufolge sprechen sich 59 Prozent der US-Bürgerinnen und Bürger für ein Recht auf Abtreibung in den meisten Fällen aus, während 39 Prozent dagegen sind.

Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren machte ihrem Ärger Luft: “Ich habe eine Welt gesehen, in der Abtreibung illegal ist. Wir werden nicht dorthin zurückkehren – nicht jetzt, nie.” Es werden nicht die wohlhabenden Frauen sein, die den Preis zahlen werden müssen – denn sie können einfach dorthin fliegen, wo Abtreibung erlaubt ist – , sondern arme Frauen, migrantische Frauen und Opfer von Missbrauch und Inzest, so Warren.

Keine Ausnahmen für Vergewaltigung

“Roe v. Wade” wurde im Jahr 1973 verkündet während der Amtszeit des republikanischen Präsident Richard Nixon. Das Urteil ermöglichte landesweit Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus, also etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Damals leitete das Oberste Gericht ein USA-weites Recht auf Abtreibung aus dem Recht von Frauen auf Privatsphäre ab. Die Grundsatzentscheidung ist seitdem formaljuristisch wie auch inhaltlich und politisch umstritten wie kaum ein anderes Urteil des Supreme Court.

Zahlreiche US-Staaten haben angekündigt, nach einer Abschaffung von “Roe v. Wade” die Abtreibung stark einzuschränken. Einzelne haben bereits Landesgesetze erlassen wie den umstrittenen “Heartbeat Act” in Texas. Dieses verbietet eine Abtreibung, sobald der Herzschlag des Fötus nachgewiesen werden kann – meist etwa nach sechs Wochen. Ausnahmen für Schwangerschaften als Folge von Vergewaltigungen und Inzest sind nicht vorgesehen. Andererseits haben mehr als ein Dutzend Bundesstaaten Gesetze erlassen, die das Recht auf Abtreibung schützen.

Biden für ein Recht auf Abtreibung

US-Präsident Joe Biden kündigte an, sich gegen eine Einschränkung des Abtreibungsrechts einzusetzen. Er erklärte am Dienstag, dass das Recht von Frauen auf Wahlfreiheit von grundlegender Bedeutung sei und es ein landesweites Gesetz brauche, das das Recht auf Abtreibung schütze und er sich dafür einsetzen wolle.

Doch Bidens Demokraten haben in den Kongressen aktuell keine große Mehrheit und können solch ein Gesetz nicht einfach so durchbringen. Allerdings werden in den USA Anfang November ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus neu gewählt.

Auch der ehemalige US-Präsident Barack Obama warnt vor einem Ende des Rechts auf Abtreibung in den USA: “Die Folgen dieser Entscheidung wären ein Schlag nicht nur für die Frauen, sondern für alle, die glauben, dass es in einer freien Gesellschaft Grenzen für den Eingriff des Staates in unser Privatleben gibt”, so Obama am Dienstag in einer Mitteilung.

Die Vereinten Nationen (UNO) betonten am Dienstag ebenfalls wie wichtig, die weibliche Selbstbestimmung sei: „Der Generalsekretär (Anm.: Antonio Guterres) ist seit Langem der Ansicht, dass sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte die Grundlage für Wahlfreiheit, Ermächtigung und Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen sind“, sagte Sprecher Farhan Haq in New York. Ohne die Gleichstellung der Hälfte der globalen Bevölkerung würde die Welt als Ganzes verlieren.

Supreme Court empört über Leak

Sechs der neun Richter des Supreme Courts sind Konservative, allein drei von ihnen wurden während der Amtszeit des republikanischen Präsidenten Donald Trump ernannt, zuletzt 2020 Amy Coney Barrett nach dem Tod der liberalen Richterin Ruth Bader Ginsburg.

Die Veröffentlichung des eigentlich streng vertraulichen Entwurfs beschädigt Experten zufolge massiv den Ruf des Supreme Court. Das Gericht ist empört über das geleakte Dokument, Ermittlungen seien eingeleitet worden. Die Veröffentlichung des endgültigen Urteils, das dann auch juristisch gültig ist, wird bis Ende Juni erwartet. Bis dahin können die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs theoretisch auch ihre Meinung ändern.

(sm)

Titelbild: APA Picturedesk

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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36 Kommentare

  1. Schon wieder so ein Thema wo sich allerhand zusammenrottet. Neocons, Freunde der Tea party, religiöse Eifererer, Verschwörungsschwurbler, undefinierbar Unterbelichtete und ein paar die da versuchen wacker dagegenzuhalten. Und trotzdem glaube ich noch fest daran dass es sich bei zackzack um ein linksliberales Medium handelt.

  2. Selbst FeministInnen argumentieren gegen die Abtreibung: https://www.feministsforlife.org/the-feminist-case-against-abortion/

    Aber in einer Gesellschaft wo junge Frauen auf Tinder und Tik Tok ihren Körper gratis entblößen und nach “Fun” suchen wundert es mich nicht, dass man vor der Verantwortung einer Schwangerschaft davonrennt.

    In Fällen von Vergewaltigung, Inzest, usw. darf ohnehin abgetrieben werden, also wozu die ganze Aufregung?

    Wenn es doch nur um “Fun” geht, dann soll es doch bei Handspielen, Anal- oder Oralerotik oder Sonstigem bleiben.

    Das männliche und weibliche Geschlechtsorgan wurden zur Fortpflanzung geschaffen. Man geht ja auch nicht in den Garten und pflanzt Samen in die fruchtbare Erde, um die Pflanze dann zu zertreten, oder?

    Sperma ist der Samen des Lebens und kein Spielzeug.
    Außerdem hat der Vater auch Mitspracherecht im Sinne der Gleichberechtigung, oder nicht?

    Was für ein Haufen PharisäerInnen.

  3. Schon witzig, die selben Leute, die jetzt über “ihren” Körper entscheiden wollen “My body my choice” sind aber jene, die andere zwangsimpfen wollen. My body my choice gilt anscheinend nur so lange, wie es ihnen in den Kram passt. Außerdem hat der Vater da vielleicht auch ein Wörtchen mitzureden, zumal ich es aber sowieso unethisch finde, dieses kleine Wunder aus Gründen der Verantwortungslosigkeit zu vernichten. Kampffemunzen entgegnen meist damit, dass es sich hier doch um kein Leben handle, da dieser “Zellhaufen” alleine nicht lebensfähig sei. Solche Femunzen oder Linke (die meist Abtreibungsbefürworter sind) sind übrigens auch oft vom Staat abhängig und alleine nicht lebensfähig. Wenn man auf dem Mars, auf Europa oder einem anderen Mond eine Mikrobe finden würde, wäre das dann auch nur ein Zellhaufen und kein Leben?

  4. Irre! Viele können sich keine Abtreibung in einen anderen Staat leisten. Pfuscher verdienen (wieder) Geld.

  5. Ich begreif nicht, wieso man da jetzt eine Massenmord-Eugenik-Rassen-und was sonst noch alles-Sache draus macht….

    Es geht um Abtreibung.

    Wenn wer dagegen ist, ja bitte, dann seids dagegen. Aber hört auf, Sachen zu vermischen.

  6. Nachdem die USA derzeit uneingeschränkt die Guten sind, wird man ihnen dieses kleine demokratische Foul auch noch nachsehen. Eventuell kommt dann sogar auch bei uns die Diskussion darüber auf und lenkt ein bisschen von dem peinlichen Hickhack unserer Innenpolitik ab. Als nächstes stünde dann noch die Evolutionstheorie zur Debatte. /s

    • Nau, haben sie nun ihren Höhepunkt erreicht, mit “wird man ihnen dieses kleine demokratische Foul auch noch nachsehen”.
      Wie eng ist es in ihrem Hirn sowas zu schreiben?
      Wissen sie eigentlich wie es einer Frau geht die von einen Arschloch ein Kind kriegt?
      Wissen sie eigentlich wie es einen Mann geht der nichts davon weiß, das sein Kind abgetrieben worden ist und es erst nach der Abtreibung erfährt?

      Klar, mit ihrer zerquetschten Ansicht können sie bei Abtreibungsgegnern als King hervorgehen. Schämen sie sich!

    • Schlage vor, wir bleiben sachlich: Das ist ein lupen-reiner Saboteur … (der nur destruktiv negative vibes hier reintragen möchte – je mehr responses er bekommt, desto besser ist er “auf dem Weg” mit seiner Mission…)

    • Eine Arschwarze das ist, die langsam mal weggeschnitten gehört, um im Hintergestern kompostiert zu werden.

  7. Ich nehme an der Stelle nicht an, das sie eine “Petra” sind? Ein Grund mehr warum sie den Mund halten sollten bei so einem Thema.

  8. man sollte nicht glauben, dass es derartige bestrebungen nicht auch bei uns gibt.

    Wien, Stephansplatz, 16. Oktober, der alljährliche „Marsch für das Leben“.

    Fundamentalistischer Abtreibungsgegner*innen, Ultrakonservative Rechtskatholik*innen und rechtsextreme Identitäre marschieren gemeinsam mit Hochrangigen ÖVP Funktionär*innen durch die Innenstadt.
    Offiziell unterstützt wird der Marsch von der Katholischen Hochschulgemeinde, dem Bund Evangelikaler Gemeinden, dem Österreichischen Cartellverband sowie der Plattform Christdemokratie – keine kleine NGO, sondern eine Initiative im Umfeld der ÖVP.

    Mittendrin statt nur dabei auch die ÖVP-Abgeordnete Gudrun Kugler.

    https://www.hagerhard.at/blog/2021/10/oesterreich-darf-nicht-texas-werden/

    • … wen sollt’s denn wirklich wundern, in einem Land, wo über 10% Angelikale, 3x so viele Baptisten und viele, sehr viele Calvinisten ihr finsteres “Bibel-Buchstaben-Spiel” gängelnd be-treiben … (dafür hast aber alle gefühlte 75 Meilen unterwegs einen Gent’s-Strip-Club auf deinen Wegen durch’s Land …) 😉

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