Samstag, Dezember 7, 2024

Ex-Kripo-Chef Lang und die alte Erzählung eines »Justizkonflikts«

ÖVP-U-Ausschuss:

Ex-Kripo-Chef Franz Lang spann vor dem U-Ausschuss wiederholt die Geschichte eines Justizkonflikts, nahm aber vor allem die SOKO Ibiza in Schutz. Die Vorwürfe der WKStA gegen die Kripo-Ermittler könne er nicht nachvollziehen. Zadić solle eine Kommission einsetzen.

Wien, 10. Mai 2022 | Vor dem ÖVP-Korruptionsausschuss wiederholte der pensionierte Bundeskriminalamts-Chef Franz Lang mehrfach seine Forderung nach einer Untersuchungskommission im Justizministerium. Hintergrund seiner Aussage ist der Konflikt zwischen SOKO Ibiza und Innenministerium auf der einen, und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf der anderen Seite. „Sonst leben wir in diesem Misstrauen weiter“, so Lang.

Geht es nach Lang, soll die Kommission unter anderem klären, wieso die WKStA Untersuchungen zu möglicher Befangenheit der SOKO geführt habe. Das aber ist bekannt: Hinweise auf mögliche ÖVP-Mitgliedschaften bei Polizisten und das “Kopf hoch”-SMS eines SOKO-Mitglieds an Strache war damals breit berichtet worden.

Überrascht über Vorwürfe der WKStA

Lang sagte, das Misstrauen der WKStA gegenüber der SOKO Ibiza hätte ihn „überrascht“. Zuvor habe es jahrelang eine sehr gute Zusammenarbeit und großes Vertrauen zwischen WKStA und Bundeskriminalamt (BK) gegeben.

Franz Lang war nach dem Ibiza-Skandal für die Einsetzung der SOKO Ibiza zuständig gewesen und hatte Andreas Holzer zu deren Leiter bestellt. Im Laufe der Zeit war die SOKO immer wieder in Kritik geraten, die Ermittlungen zu torpedieren. Die WKStA war etwa sechs Wochen lang nicht über den Fund des Ibiza-Videos informiert worden. Unter anderem hatte WKStA-Leiterin vor dem U-Ausschuss ausgesagt, Christian Pilnacek, SOKO Ibiza und der Leitende Oberstaatsanwalt Johann Fuchs hätten „gegen Strafverfolgung und Aufklärung agiert“.

WKStA außen vor gelassen

Die Antwort darauf, wieso nicht von Anfang an ausschließlich die WKStA mit den Ermittlungen zu Ibiza befasst wurde, blieb Lang schuldig. Bei einer Anfangsbesprechung zu den Ibiza-Ermittlungen am 24. Mai 2019 sei nur die StA Wien anwesend gewesen. Der pensionierte BK-Chef sagte vor den Abgeordneten, er habe sich stets dafür eingesetzt, dass nur eine Staatsanwaltschaft (StA) mit dem Fall befasst würde.

Wenn zwei StAs zuständig wären, würde das die Ermittlungen verlangsamen, so Lang. Wieso nach Auftauchen des Ibiza-Videos, das mutmaßliche Korruption zum Inhalt gehabt hatte, nicht unmittelbar die WKStA zur zentralen Ermittlungsbehörde gemacht worden war, kam bei Langs Befragung nicht heraus.

Befangenheit intern überprüft

Die Befangenheitsvorwürfe gegen den damaligen SOKO-Leiter Andreas Holzer habe Lang persönlich geprüft und für falsch befunden. Holzer habe dann innerhalb der SOKO auf Befangenheit geprüft. Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ) wollte wissen, ob es nicht einen schalen Beigeschmack habe, wenn Lang jenen SOKO-Leiter auf Befangenheit prüfe, den er selbst eingesetzt habe. „Ganz und gar nicht“, meinte Lang.

Die WKStA sei schriftlich über die Ergebnisse der Befangenheitsprüfung informiert worden. Dass die WKStA eigene Untersuchungen zu möglicher Befangenheit der SOKO angestellt habe, sei einmalig gewesen, urteilte Lang.

Sachstandsbericht diskreditierte WKStA

Umgekehrt beauftrage allerdings Lang Holzer damit, einen Sachstandsbericht anzufertigen und zwar zur Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften. Laut diesem soll die WKStA die Ermittlungen der SOKO behindert haben. Über die Ergebnisse der Berichts sei die betroffene Behörde nicht informiert worden. Demnach habe die SOKO die Zusammenarbeit mit der StA Wien als “reibungslos, vertrauensvoll” beschrieben, jene mit der WKStA als “verbesserungswürdig“.

Der Sachstandsbericht mit Vorwürfen gegen die WKStA hatte nach seiner Fertigstellung bald die Runde in den Medien gemacht – laut Faksimileschutz auf den Dokumenten ausgehend vom ÖVP-Parlamentsklub. „Der Bericht wurde an Journalisten verteilt, um damit verdecktes dirty campaigning gegen die WKStA zu betreiben“, schrieb ein anonymer Anzeiger, dessen Hinweise auf einem USB-Stick am 8. Juli 2020 in der WKStA eintrafen.

Problembesprechungen ohne WKStA

Bei informellen Gesprächen zu den Problemen und Konfliktpunkten rund um Ermittlungen war die WKStA laut Chats nicht anwesend gewesen. Das stritt Lang vor dem U-Ausschuss nicht ab. Er habe manchmal vorgeschlagen, Dinge in einer direkten Diskussion zu besprechen. Dabei waren laut Chats der Leitende Oberstaatsanwalt Johann Fuchs, die Ermittlungsspitze der SOKO Ibiza, Franz Lang selbst und der damalige Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek zugegen. Lang sagte allerdings aus, unter vier Augen auch mit der WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda gesprochen zu haben.

(pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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