Die U-Ausschuss-Verlängerung gilt als gescheitert. Wurde vorher noch gezankt, sind sich jetzt alle Beteiligten einig: Die ÖVP ist schuld.
Wien, 19. Jänner 2023 | Nun ist es so gut wie fix: das „unrühmliche Ende“ des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses, das David Stögmüller (Grüne) Ende vergangener Woche noch befürchtet hat. Nach dem ÖVP-Boykott am Mittwoch brachte auch ein Fraktionsführer-Treffen am Donnerstag keine Einigung. Die ÖVP sagte, die Einsetzungsminderheit sei ihr bei der Gestaltung des Arbeitsplans nicht entgegengekommen. Etwaige Ladungen können mittlerweile ohnehin nicht mehr rechtmäßig zugestellt werden, weil sie streng genommen mindestens zwei Wochen vor der Ladung zugestellt werden müssen.
ÖVP boykottierte Sitzung
Schon am Mittwoch war eine Geschäftsordnungs-Sitzung des U-Ausschusses anberaumt gewesen, für 13 Uhr. Um „fünf vor zwölf“ habe die ÖVP die anderen Fraktionen darüber informiert, dass sie nicht an der Sitzung teilnehmen werde, sagte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer am Mittwoch vor Journalisten. Damit konnte man keine Ladungen beschließen und Grüne und SPÖ keine weiteren Beweisanträge einbringen.
Streik wegen SPÖ-Anzeige
Der Grund für den Boykott laut ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger: Anzeigen von SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen 20 Personen im ÖVP-Umfeld. Die entsprechende Sachverhaltsdarstellung soll allerdings bereits im November 2022 bei der WKStA eingelangt sein. Hanger äußerte die Vermutung, Krainer habe damit Falschaussagen der nicht von der Anzeige wissenden Personen vor dem U-Ausschuss provozieren wollen.
WKStA ermittelt gegen ÖVP-nahe Agentur
Am Mittwoch wurde bekannt, dass die WKStA gegen die ÖVP-nahe Werbeagentur Media Contacta ermittelt. Diese bekommt seit Jahren immer wieder lukrative Aufträge von der Bundes- und auch der niederösterreichischen ÖVP. Ihr Geschäftsführer Peter Madlberger, selbst Ex-ÖVP-Kommunalpolitiker, moderierte 2022 etwa den Bundesparteitag in Graz und zuletzt auch den Wahlkampfauftakt der ÖVP Niederösterreich.
FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker vermutet, dass Johanna Mikl-Leitner keine Befragungen so knapp vor der Landtagswahl in Niederösterreich wollte: „Da dürfte heute das türkis-schwarze Telefon geläutet haben, und Mikl-Leitner gesagt haben: ‘Dreht’s das ab.‘“ SPÖ-Fraktionsführer Krainer sagte am Mittwoch: „Die ÖVP torpediert diesen Ausschuss seit Tag eins. So weit, dass wohl keine Befragungen mehr möglich sind.“
Alle einig: ÖVP ist schuld
NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper beschrieb das Verhalten der ÖVP als „völlig destruktiv. “Ich bedauere sehr, dass Einige ihr eigenes Ego über die Aufklärung stellen”, sagte Grüne-Fraktionsführerin Nina Tomaselli in Richtung Koalitionspartner.
In den vergangenen Wochen hatten die NEOS darüber geklagt, dass die SPÖ die Verhandlungen ebenfalls erschwert hatte. Das sieht die SPÖ natürlich anders. Man habe sich bereits im Dezember auf drei Befragungstage geeinigt, die ÖVP seitdem aber blockiert. Die FPÖ sah die Schuld stets bei der ÖVP und auch ein bisschen bei den NEOS, die für die kurze Verlängerung eingetreten waren. Dadurch hätte sie die „Hinhaltetaktik“ der ÖVP ermöglicht. Aber letztendlich möchte auch die FPÖ niemandem außer der ÖVP den schwarzen Peter zuspielen.
Sobotka erneut in der Kritik
Auch U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) muss sich erneut Kritik gefallen lassen. Die Verfahrensordnung gibt ihm die Macht, die Tagesordnung und sogar die Reihung von Befragungen zu bestimmen, ebenso wie Geschäftsordnungssitzungen einzuberufen. Parlamentarische Praxis ist aber Konsens unter den Fraktionen, welcher dann vom Vorsitz abgesegnet wird. Auf diese verweist er auch. FPÖ, SPÖ und Grüne finden, es sei allerhöchste Eisenbahn für einen Eingriff des U-Ausschuss-Vorsitzenden. Das könne er ja sonst auch so gut, hieß es zuletzt von der FPÖ gegenüber ZackZack.
“Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sobotkas Neujahrsvorsätze schon gebrochen sind”, kommentierte SPÖ-Fraktionsführer Krainer dessen Vorgehen. Der Nationalratspräsident hatte jüngst gemeint, er wolle selbstkritischer sein. Krainer ortet ein “Doppelspiel zwischen Hanger und Sobotka”.
(pma)
Titelbild: EVA MANHART / APA / picturedesk.com