Samstag, November 9, 2024

Bericht: Wie sich Karl Nehammer zu 100 Prozent getrickst haben soll

Bericht:

Groß war die Jubelmeldung der ÖVP über die 100 Prozent für Karl Nehammer beim Bundesparteitag. Am Freitag wurden nun aber neue Details über den Ablauf bekannt: Handgreiflichkeiten, alternativlose Stimmzettel, Wahlurnen-Trick.

Wien, 20. Mai 2022 | Schwer angeschlagen ging der Bundeskanzler Karl Nehammer am vergangenen Wochenende in den ÖVP-Parteitag. Eine Hauruck-Ministerrochade, seine Cobra Libre Affäre und die fragwürdige Putin-Reise setzten dem Kanzler zu.
Die Delegierten der ÖVP wählte jedoch überraschend deutlich Nehammer zum neuen ÖVP-Obmann: Mit 100 Prozent. Doch am heutigen Freitag veröffentlichte – der stets gut informierte – Trend-Journalist Josef Votzi in seiner wöchentlichen Kolumne „Politik Backstage“ die Geheimnisse des einstimmigen Nehammer-Votings.

Kein “Ja”, Kein “Nein” – Nur Karl

Denn für die 524 Delegierten gab es wenig Auswahl auf den Stimmzetteln – genau genommen gar keine Wahl. Kein “Ja”, kein “Nein”, nur der Name Karl Nehammer prangte auf dem Papier. Nicht wie bei anderen Parteien üblich, wo man Namen streichen kann, um seine Missgunst mit dem Kandidaten auszudrücken, hätte in diesem Fall nur ein leeres Kuvert ein “Nein” zum neuen Obmann bedeutet.

Der Wahlzellen-Trick

Bei einer geheimen Wahl wäre das grundsätzlich auch kein Problem. In einer Wahlzelle könnte man, ohne dass es jemand mitbekommt, ein leeres Kuvert einwerfen. Wie Votzi in seiner Kolumne allerdings schreibt, standen diese direkt nach den Ausgabestellen der Stimmzettel im Blickfeld aller anderen Delegierten. Die Wahlzellen, die eine geheime Wahl garantieren würden, blieben dadurch unbenutzt, das hätten mehrere Delegierte dem Journalisten unabhängig voneinander preisgegeben.

Ein Delegierter meinte laut Kolumne zu Votzi: “Hätte man die Wahlzellen benutzt, hätte jeder sofort gesehen, dass man offenbar etwas anderes vorhat, als Nehammer zu wählen.” Um den Wahlzettel unbemerkt aus dem Kuvert zu entfernen, um so gegen Nehammer zu votieren, dürfte einer akrobatischen Meisterleistung gleichkommen. “Da hätte man aber schon sehr geschickt sein müssen, den Stimmzettel auf dem kurzen Weg von der Ausgabestelle zur Wahlurne diskret rausziehen und verschwinden lassen müssen”, so ein anderer Delegierter.

Handgreiflichkeiten

Doch nicht nur die Wahl an sich sorgte für Wirbel. Denn bei der harmonischen „Familien“-Feier kam es auch zu Handgreiflichkeiten. Zum Start der Nehammer-Wahl endete auch der Einlass für Journalisten. Einige Berichterstatter wollten noch knapp vor Beginn das Areal der Helmut-List-Halle in Graz passieren. Dabei kam es zwischen Securities und Journalisten zu einem „Raufhandel“. Einige Journalisten wurden noch auf das Areal gelassen, doch danach machten die ÖVP-Bodyguards das Areal komplett dicht. Votzi schließt ab: „Augenzeuge des fragwürdigen Wahlmodus wurde zur Erleichterung der Parteitags-Regisseure so am Ende doch niemand.“

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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