Wogen gehen hoch:
Der Klimarat finalisiert seine Vorschläge für die Klimazukunft des Landes. Im Vorfeld sorgte der Umweltsprecher der ÖVP für Empörung – auch in der eigenen Partei.
Wien, 13. Juni 2022 | 100 zufällig ausgewählte Bürger und Bürgerinnen erarbeiteten mit Unterstützung aus der Wissenschaft über sechs Wochenenden Vorschläge für Österreichs Klimazukunft. Der Klimarat war 2020 als direkte Konsequenz des Klimavolksbegehrens vom Parlament ins Leben gerufen worden. Am Wochenende tagte der Klimarat zum letzten Mal, die Ergebnisse sollen der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler Anfang Juli übergeben werden. Diese will die mehr als 90 Vorschläge “ernsthaft prüfen”.
ÖVP-Klimasprecher braucht “keine zusätzlichen Anregungen”
Dass der Koalitionspartner daran absolut kein Interesse hat, legen Aussagen des ÖVP-Umwelt- und Klimasprechers im Parlament nahe. Obwohl die Ergebnisse noch nicht bekannt sind, sagte Johannes Schmuckenschlager im Ö1-“Morgenjournal” am Freitag, er fühle sich nicht an die Vorschläge des Klimarats gebunden.
Nebenbei stellte er dann noch den gesamten Klimarat in Frage: “Ich glaube, da gibt es umfangsreiche Expertise im Umwelt- und Energiebereich, die man heranziehen kann. Da braucht es nicht zusätzliche Anregungen.”
So neu ist das nicht. Bereits in einer Aussendung im März ließ er wissen: “Wir brauchen keine neuen Zielsetzungen und Empfehlungen. Wir müssen umsetzen und zwar rasch. Durch Corona und jetzt aktuell den Ukraine-Krieg ist klar: Unsere Versorgungssicherheit und unsere Energieunabhängigkeit haben Priorität. Die Zeit der Workshops ist vorbei.” Darin tat er den Klimarat als “PR-Aktion” des Klimaministeriums ab.
Empörung im Klimarat
Und das, obwohl die ÖVP ursprünglich für die Einsetzung des Klimarats gestimmt hatte. Die Voraussetzung dafür sei allerdings gewesen, dass die Ausgestaltung des Klimarats im Klimaschutzgesetz definiert werde. Das sei bisher nicht der Fall gewesen. Schmuckenschlager kritisiere nicht die Bürger, die sich engagieren, sagte er im “Morgenjournal” am Freitag, aber er kritisiere den “Klimarat als Institution”. Er würde lieber mit einzelnen betroffenen Bürgern reden und aufklären, zum Beispiel, wenn es Einwände gegen Windkraft gäbe.
Auch wenn Schmuckenschlagers Haltung nicht neu ist, ließen seine kürzlich gemachten Äußerungen die Wogen hochgehen. Bei der Sitzung am Samstag äußerten einige Beteiligte aus dem Klimarat gleich zu Beginn ihren Unmut. Hatten doch die ÖVP Landeshauptleute von Salzburg und der Steiermark einzelne Vertreter des Klimarats durchaus mit Wertschätzung empfangen.
Andere Meinungen in der ÖVP
Andere ÖVP-Vertreter sehen Schmuckenschlagers Äußerungen ganz und gar nicht als Parteilinie und sind anderer Meinung. Der Salzburger ÖVP-Verkehrslandesrat Stefan Schnöll widerprach prompt im Ö1-“Morgenjournal” am Montag: „Wir nehmen das sehr wohl ernst.” Die ÖVP habe beim Klimathema Fehler gemacht, kritisiert er seine Partei, „weil wir da auch in der Verkehrspolitik viel falsch gemacht haben. Da müssen wir viel schneller besser werden.“
Auch die Vorarlberger Umweltsprecherin der ÖVP, Christina Metzler, teilt Schmuckenschlagers Sichtweise nicht. Sie sei erschüttert darüber gewesen.
Noch nicht klar, was mit Ergebnissen passiert
Ministerin Gewessler tat Schmuckenschlagers Aussagen ebenfalls als Einzelmeinung ab und sieht Bereitschaft bei der ÖVP. Nun ist Schmuckenschlager allerdings Umwelt- und Klimasprecher der ÖVP im Parlament. Seine Funktion ist es also bei diesem Thema für die ÖVP zu sprechen. Nahe liegt jedenfalls: ÖVP und Grüne konnten sich bisher nicht einigen, was mit den Ergebnissen des Klimarates dann tatsächlich passieren soll.
(sm)
Titelbild: APA Picturedesk