Sonntag, September 8, 2024

Opposition befürchtet Postenschacher: Intransparenz bei Medienbehörde

Opposition befürchtet Postenschacher:

Die Suche nach einer neuen Geschäftsführung bei der Medienregulierungsbehörde RTR wird zum Rätselraten. Nachdem ein topqualifizierter Kandidat abgelehnt wurde, befürchtet die Opposition Postenschacher seitens der ÖVP.

 

Wien, 14. Juni 2022 | Am Dienstag tagte die Hearing-Kommission der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR). Seit Monaten ist Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) offiziell auf der Suche nach einem Geschäftsführer im Fachbereich „Medien“ der RTR. Die Behörde hat allein dieses Jahr 90,5 Millionen Euro an Fördergeldern für Medienunternehmen zu vergeben.

Die RTR untersteht dem Bundeskanzleramt, das Entscheidungen an die Medienministerin delegieren kann. Medienministerin Susanne Raab hatte erst im Jänner 2022 eine Neuordnung der Förderpolitik verlautbaren lassen.

Topqualifizierter Kandidat nicht eingeladen

Unter den Bewerbern war, wie auch schon 2017, der derzeitige Herausgeber des Monatsmagazins „Datum“, Sebastian Loudon. Damals war er vom ehemaligen Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) nicht berücksichtigt worden. Er gilt als Kenner nicht nur der Medienbranche, sondern insbesondere der RTR selbst, bei der er bereits von 2002 bis 2007 aktiv war, unter anderem als Assistent des Geschäftsführers.

In seiner Bewerbung, die ZackZack vorliegt, weist Loudon auf die gesetzlich verankerte Rolle der RTR als Medienkompetenzzentrum hin, das dank seiner umfassenden Expertise eine Transformation der Medienpolitik begleiten könne. Vor allem in den Bereichen Medienkompetenz, Unabhängigkeit von der Politik und fundiertem Wissenschaftsjournalismus sollte die RTR Veränderungsprozesse ins Rollen bringen, schreibt Loudon in seiner Bewerbung. Neben der großzügigen Fördertätigkeit müsse auch die verpflichtende Rolle als Kompetenzzentrum das Selbstbild der RTR bestimmen. Zum Hearing zur Bestellung der neuen Geschäftsführung wurde Loudon nicht eingeladen.

Potenzial nicht genutzt

Sebastian Loudon selbst vermisst im Gespräch mit ZackZack seitens der politischen Entscheidungsträger die Ausschöpfung des fachlichen Potenzials der RTR. Denn die RTR verfüge über genügend Expertise, um ihre ohnehin gesetzlich festgeschriebene Rolle als Kompetenzzentrum für Medienpolitik auszufüllen. Die Rolle der RTR habe sich in den letzten Jahren sehr stark auf den Aspekt der Medienförderung beschränkt. Für Loudon bedauerlich, wäre die RTR doch, “wenn gewünscht, innerhalb von Monaten in der Lage einen Stakeholder-Prozess durchzuführen und substanzielle medienpolitische Konzepte auf den Tisch zu legen”.

SPÖ, Grüne und NEOS verurteilen intransparenten Bestellungsprozess

SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried stellt gegenüber ZackZack klar: „Die RTR vergibt jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag an Medienförderungen. An der Spitze dieser Regulierungsbehörde braucht es eine hochqualifizierte, unabhängig agierende Persönlichkeit, die aus einem transparenten Bestellungsprozess hervorgegangen ist. Leider hat die ÖVP schon mehrfach gezeigt, dass für sie bei Postenbesetzungen nicht Qualifikation, sondern allein der türkise Anstrich zählt.“ Leichtfried wirft Ministerin Raab außerdem „Stillstand und parteipolitisches Gezerre“ vor und wartet immer noch auf „wesentliche Reformen, die Medienministerin Raab mehrfach angekündigt hat“.

Für die Mediensprecherin des grünen Koalitionspartners, Eva Blimlinger, ist die Absage an Loudon „erklärungsbedürftig“. Sie wundert sich, warum der schon 2017 Erstgereihte bei „exakt gleicher Ausschreibung“ wieder nicht ausreichend berücksichtigt wird.

Die Mediensprecherin der NEOS, Henrike Brandstötter, spricht auf Anfrage von ZackZack die Intransparenz des Bestellungsprozesses an: „Zur Entscheidung der Kommission kann ich nur spekulieren – weder sind die Mitglieder der Kommission bekannt (außer der Vorsitzende Albert Posch), noch deren Entscheidungen transparent. Und zu den Bewerberinnen gibt es auch nur Gerüchte.”

Brandstötter fordert Transparenz bei den Entscheidungen und der Besetzung des Findungsgremiums. “Und ich erwarte mir, dass jetzt nicht zum wiederholten Mal keck ein Parteigänger ohne ausreichende Qualifizierung den Posten bekommt, sondern jemand, der was kann.“ Die gesuchte Geschäftsführung müsse „den Begehrlichkeiten der Politik, allen voran der ÖVP, entschlossen entgegentreten und als unparteiische und unpolitische Fördergeberin agieren“, jedoch auch „die großen Herausforderungen der aktuellen Medienpolitik kennen und die RTR als Dienstleistungsunternehmen verstehen“, so die NEOS-Mediensprecherin.

(dp)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • DanielPilz

    Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.

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