Bundesheersprecher erntet Shitstorm
Immer mehr Soldaten ernähren sich vegan. Jetzt wurde eine Initiative gestartet, die ein wahlweise veganes Menü in den Kasernen fordert. Doch die Verantwortlichen stellen sich quer.
Wien, 23. Juni 2022 | Zwar ging das österreichische Bundesheer in den letzten Jahren mit der Zeit und führte regelmäßige vegetarische Speisen in ihren Kasernen ein, beim Thema Veganismus scheint aber – wie sich dieser Tage zeigt – Schluss zu sein.
Initiative kämpft für veganes Essen
Während sich Heere wie jenes in Israel bereits als „veganste Armee der Welt“ feiern, stellt sich das österreichische Verteidigungsministerium gegen die Einführung eines rein pflanzlichen Menüs. Dabei leben auch immer mehr Soldaten vegan. Eine Gruppe von ihnen hat sich nun zusammengetan und gemeinsam mit der Veganen Gesellschaft Österreich eine Bürgerinitiative gestartet.
Dabei sei „eine quantitativ und qualitativ hochwertige Kost nicht zuletzt in körperlich herausfordernden Berufen ein Muss. Zusätzlich ist es die Pflicht des Staates, die Weltanschauungen von Personen, die in öffentlichen Einrichtungen verpflegt werden, zu wahren“, heißt es darin unter anderem.
Veganismus laut EU-Recht Weltanschauung
Veganismus als Weltanschauung sei zudem in der europäischen Menschenrechtskonvention verankert. Das bestätigte auch Roman Friedrich vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte gegenüber der Sendung „ORF Report“. Er verwies aber darauf, dass dies von der jeweiligen Person stets ernsthaft vertreten werden muss.
Dieses Grundrecht könne jedoch unter gewissen Vorrausetzungen eingeschränkt werden, etwa wenn Sicherheit und Ordnung gefährdet sind. Aber fällt da ein veganes Menü darunter?
Heeressprecher schmeckt die Diskussion gar nicht
Wenn es nach dem Ministerium und dem Bundesheer selbst geht, ja. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Michael Bauer, zeigt sich auf Twitter verständnislos zur Debatte. Und erntet prompt Kritik von vielen Usern.
Schön, dass übers vegane Essen beim #Bundesheer intensiv diskutiert wird. Schön wäre es, wenn auch über die Nachtkampffähigkeit unserer Soldaten, über die Kampfwertsteigerung unserer Panzer oder über die Beschaffung von Drohnen in der selben Intensität diskutiert werden würde.
— Michael Bauer (@Bundesheerbauer) June 22, 2022
Man hätte angesichts des Krieges in Europa derzeit andere Sorgen, merkt er an. Das Anbieten eines veganen Menüs für nicht einmal ein Prozent der Soldaten sei außerdem nicht ökonomisch. Man sollte stattdessen lieber über “die Beschaffung von Drohnen” und die “Kampfwertsteigerung unserer Panzer” diskutieren.
“Veganer können auch Nicht-Veganes essen”
Als sich die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon in die Online-Diskussion einschaltet und meint, dass es doch das Ziel sei, das Heer für mehr Menschen attraktiv zu machen, erwidert Bauer: “110.000 Österreicher sind Veganer”, um klarzumachen, dass der Bedarf nicht groß genug sei. Ob Bauer schon einmal überlegt habe, dass auch Nicht-Veganer vegane Mahlzeiten konsumieren können, will ein anderer User daraufhin wissen. Antwort: “Ja. Und umgekehrt werden Veganer auch Nicht-Veganes essen können”, macht der Heeressprecher seinen speziellen Standpunkt zum Veganismus als Weltanschauung noch einmal klar.
Auch ganz oben will man sich der Sache gar nicht erst annehmen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner meinte gegenüber ORF Report: “Auf der Homepage der nationalen Ernährungskommission ist nachzulesen, dass vegane Ernährung nicht gleichzusetzen ist mit vollwertiger Mischkost. Und darüber kann und will ich mich nicht hinwegsetzen.”
Apropos: Ob Käsekrainer mit Pommes, wie bei der Essensausgabe im “Report”-Beitrag zu sehen ist, eine vollwertige Mischkost darstellen, würde wahrscheinlich nicht jeder Ernährungsexperte bestätigen.
(mst)
Titelbild: APA Picturedesk