Sonntag, Mai 5, 2024

Teil 7: »Werde die Novelle noch zurückhalten«

Weinbau-Wirbel um Landesrat und Sigi Wolf

Ein Telefonat zwischen dem steirischen ÖVP-Agrarlandesrat Hans Seitinger und Investor Siegfried Wolf sorgt für Wirbel. Seitinger empfahl Wolf vor einem neuem Gesetz eine rasche Beantragung seines gewünschtem Weinbaukontingent.

Graz/ Wien, 06. Juli 2022 | Seitinger soll dem Unternehmer im Februar 2020 geraten haben, schnellstens sein gewünschtes Kontingent für ein Weinbaugebiet von rund 5,7 Hektar zu beantragen, weil das mit Inkrafttreten eines neuen Gesetzes nicht mehr möglich sein werde, hieß es am Mittwoch in der “Kleinen Zeitung”. Die Staatsanwaltschaft sah keinen strafrechtlichen Verstoß.

Seit 2019 arbeitete das Land Steiermark an neuen Regeln für den Weinbau: Die Kontingente für neu ausgepflanzte Weingärten sollten auf maximal zwei Hektar pro Antragsteller beschränkt werden. Wer also mehr als zwei Hektar anpflanzen wollte, sollte sich damals sputen. Bereits im Oktober 2019 lief die Begutachtungsfrist für das Gesetz aus. Im Februar 2020 stand es dann kurz vor der Umsetzung. Wie die Staatsanwaltschaft Graz gegenüber der APA bestätigte, gab es in diesem Zeitraum ein Telefonat zwischen Seitinger und Wolf – ein “Zufallsfund”, der der Staatsanwaltschaft zugetragen worden sei.

“Werde Novelle zurückhalten”

Bei dem Gespräch empfahl Seitinger Wolf schnell den Antrag zu stellen. Er, Seitinger, “werde die geplante Novelle des Weinbaugesetzes noch zurückhalten”, zitierte die “Kleine Zeitung” die Staatsanwaltschaft Graz. Die Ankläger prüften 2020 einen Anfangsverdacht, doch kamen zu dem Schluss, dass es keine strafrechtliche Verfehlung gab. Daher wurde kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der entsprechende Vorhabensbericht wurde an die Oberstaatsanwaltschaft weitergeleitet. Von dieser gab es daraufhin keine gegenteilige Rückmeldung.

Aus dem Büro von Seitinger wurde das Telefonat am Mittwoch ebenfalls bestätigt. Fakt sei aber, “dass es in dieser Angelegenheit weder ein juristisches, noch ein moralisches Fehlverhalten von Landesrat Seitinger gab, zumal in der Entstehung dieser Novelle mit unzähligen Weinbauern gesprochen wurde”, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Zudem wurde betont, dass der angesprochene Gesetzgebungsprozess ohne Verzögerungen durchlaufen sei. Das Gesetz wurde nach den diversen Stationen in der Regierung und im Ausschuss des Landtags letztlich im September 2020 im Landtag beschlossen. Das Vorgehen von Seitinger sei “rechtlich korrekt” gewesen.

KPÖ: “Schiefe Optik”

Die KPÖ Steiermark dagegen sprach von einer “sehr, sehr, schiefen Optik”: “Ein Landesrat, der sich persönlich um die wirtschaftlichen Interessen eines Multimillionärs kümmert – ein Paradebeispiel, für wen die ÖVP in Wahrheit Politik macht. Die Volkspartei offenbart sich wieder einmal als Dienstleister der Reichen”, so KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler. NEOS-Klubobmann Niko Swatek sagte: “Es darf keine Sonderbehandlung für ÖVP-Freunde geben. Seitinger muss seine Telefonliste offenlegen.” Und auch die Grünen forderten eine “Offenlegung der Gesprächsprotokolle”. Kontrollsprecher Lambert Schönleitner meinte: “Wenn die Staatsanwaltschaft gegen ein Regierungsmitglied tätig wurde, können wir nicht zur Tagesordnung übergehen.” Eine zeitnahe parlamentarische Initiative wurde in Aussicht gestellt.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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18 Kommentare

  1. “(…) seines gewünschtem Weinbaukontingent.” Seit wann sind Genitiv und Dativ ein Ehepaar? Hat der Regenbogen nun auch schon Einzug in die Grammatik gehalten? Oder hat man den Begriff “Journalist” bereits so weit gedehnt, dass er dem Äquator als Gürtel dienen kann? Oh Sancta Simplicitas!

  2. Ach nö, der Seitinger und der Wolf, ich kann’s gar nicht glauben. Das Dreamteam schlechthin, das kann gar nicht sein, niemals nicht 👹🤥

  3. Dass ich von Vertretern von Behörden über zukünftige Gesetzesänderungen informiert wuede, ist mir auch schon passiert.

    Was mir noch keiner angeboten hat: die Gesetzwerdung für mich zu verschieben.

    Dass die ÖVP das moralisch nicht fragwürdig findet, wundert mich aber auch nicht mehr.

  4. “Kein moralisches Fehlverhalten” begründet die ÖVP mit dem ehern geltenden demokratisch-republikanischen Familiengrundsatz:

    “Alle Tiere sind gleich. Nur manche Tiere sind gleicher als andere.”

    Diese korrumpierte ÖVP gehört auf die Oppositionsbank geschickt.
    Überall. In Bund Ländern und Gemeinden.

    Sie ist durch und durch verrottet und daher nicht mehr reformierbar.
    Und in ihrer Arroganz fühlen sie sich dabei sogar noch “im Recht”.

    Es wird an der SPÖ liegen, endlich zu verstehen, dass mit der ÖVP kein Staat mehr zu machen ist.
    Und daher mit ihre auch keine Koalition mehr geschlossen werden darf!

  5. Deshalb wird es auch nie ein Transparenz- und eine Informationsfreiheitsgesetz und auch keine Whistlblower Richtlinie geben und schon gar keine Aufhebung des ohnehin nicht demokratisch zustande gekommenen Imunitätserlasses, wo auch unser BP wie üblich noch immer dazu schläft und laut schreibend weiter schweigt!
    Wäre deshalb auch sehr interessant wie die WKSTA an diese Infos überhaupt kam?

  6. So diente sich der LR Seitinger als männliche Hure dem reichen Wolf an – wird schon nicht umsonst gewesen sein.

  7. Alles rechtens. Im Unterschied zum Aktiengesetz sind Insiderinformationen von Politikern erlaubt. Das offenbart eine eklatante Gesetzeslücke. Hier klafft eine Wunde. Dass sich mit Insiderinformationen massig Geld machen lässt, weiß man aus dem Börsengeschäft seit langem, darum sind sie verboten.

    Insiderhandel ist legal, wenn es sich um außerbörsliche Angelegenheiten handelt? Durch Sobotka wissen wir: “Es gibt kein Geschäft ohne Gegengeschäft, das ist ja klar.” Und damit bleibt die entscheidende Frage offen: Was war das Gegengeschäft?

    Insiderinformationen sind gerade im Baugeschäft heiß begehrt. Schnell noch billig einen Grund kaufen, bevor er in teures Bauland umgewidmet wurde. Meines Wissens steht da schon auch strafrechtlich einiges im Spiel. Wenn das legal ist und dazu politisch offenbar kein Problem darstellt, dann ist dem Insiderhandel ab jetzt Tür und Tor geöffnet.

    • Wenn er immun ist und bleibt, dann wird eben auch der Mitttäer Wolf damit automatisch immnun?
      Oder vielleicht nur dann, wenn diese hier wirklich auch vorsätzlich zusammengearbeitet haben, was es in Österrich praktisch ja gar nicht gibt?

        • Gemäß dem Immunitätsrelass sind sämtliche Täter und Mittäter, wo auch ein immuner Politiker involviert ist immun. Und genauso ist das hier anscheinend der Fall, aber wurde noch immer nicht nach diesem Aspekt überprüft

  8. Wurde Österreich bereits zwischen der ÖVP, Sigi Wolf und weiteren Großspendern aufgeteilt? Gibt es in diesem Land noch ein Tafelsilber, das von der Korruptionsbande noch nicht verscherbelt wurde? Haben Sie zufällig eine Ahnung, Herr Bundespräsident?

    • Liebe Summa summarum, ein kleines ausführendes Familienmitglied dürfen Sie da nicht fragen. Selbiger ist nur für die Schönheit unserer Bundesverfassung zuständig…
      Da muss es erst heller werden!

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