Freitag, April 26, 2024

Teil 11: Die zypriotische Spur

Über Firmen in Österreich und Zypern kassierte Sigi Wolfs rechte Hand Hubert Hödl 6,8 Millionen Euro. Treuhänder und eine Stiftung deckten das Nebengeschäft des Magna-Vorstands.

Wien | Bereits im Februar 2013 verfolgte die Staatsanwaltschaft Wien die Spur der Eurofighter-Schmiergelder in Zypern. Für Staatsanwalt Michael Radastics war klar, „dass im Rahmen des EADS-Konsortiums eine kriminelle Vereinigung gegründet wurde, um über Scheinverträge Gelder aus den Partnerunternehmen abzuziehen und für korrupte Zwecke verfügbar zu machen.“ Für den Staatsanwalt ging es schon 2013 auf Zypern um Geldwäsche: „Ab der Ebene VECTOR ist daher von sämtlichen Beteiligten von Geldwäschereihandlungen auszugehen.“

Damals und heute gilt für alle Beteiligten selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Die „zypriotische Spur“ führt nach Nikosia. Hinweise, dass Magna-Vorstand Hubert Hödl über eine Firma in Zypern und eine Stiftung in Liechtenstein auf eigene Rechnung Geschäfte mit Eurofighter-„Gegengeschäften“ gemacht hatte, verdichteten sich. Aber die Hödl-Geschichte beginnt in Graz.

Inducon

Die Firma „Inducon“ wurde am 10. Februar 2004 in Graz gegründet. Hubert Hödl war ihr Eigentümer. Ein Grazer Rechtsanwalt übernahm am Tag der Gründung die Hödl-Anteile treuhändisch. Niemand konnte auf den ersten Blick erkennen, dass „Inducon“ Hödl war.

Aber die Vector-Provisionen gingen nicht direkt an Inducon. Mit „Orbital“ schaltete Hödl eine Firma dazwischen. Der Orbital-Geschäftsführer erinnert sich, dass Hödl selbst den Kontakt zwischen Vector und Orbital herstellte.

Dann begann das Geschäft zu laufen und Inducon kassierte über Orbital Vector-Gelder – insgesamt 1,3 Millionen Euro.

Doris B. arbeitete für Inducon als Geschäftsführerin. In ihrer Zeugenvernehmung gab sie an: „Der Großteil der von Hödl gefundenen Geschäfte stammte von Magna“. Und: „Diese Geschäfte kamen von Herrn Hödl und wurden an Orbital weitergemeldet. Für diese Geschäfte hat die Firma Inducon von der Firma Orbital eine Provision erhalten“. Damals fiel niemandem auf, dass Doris B. von „gefundenen“ und nicht von „initiierten“ und „angebahnten“ Geschäften sprach.

Es war offensichtlich so:

  • Magna-Vorstand Hödl meldet Magna-Geschäfte als „Gegengeschäfte“ bei Orbital ein.
  • Orbital meldet die Gegengeschäfte bei Vector und verrechnet die Provision.
  • Orbital kassiert von Vector und überweist an Inducon weiter.
  • Hödl meldet die Magna-Geschäfte weiter an einen EADS-Vertreter und kassiert.

Am Anfang und am Ende der Kette steht der doppelte Hödl.

Magna-Vorstand Hödl übersendet „Gegengeschäftsbestätigungen“

            Magna-Vorstand Hödl übersendet „Gegengeschäftsbestätigungen“

Domerfield

Vier Monate nach „Inducon“ in Graz wurde die „Domerfield LLP“ am 22. Juni 2004 in Zypern gegründet. Als wirtschaftlich Berechtigte stand die Stiftung „Calone“ in Liechtenstein hinter Domerfield. Im zweiten Eurofighter-Untersuchungsausschuss erklärte Hödl, an wen das Calone-Geld ging: „Die Begünstigten der Calone Stiftung waren ich und meine engsten Familienangehörigen.“

Das Angebot an Vector Aerospace legte Domerfield am 15. Oktober 2002. In der Antwort

beschrieb Vector am 3. November 2004 die Details des Deals mit dem Broker in Nikosia:

  • zwei Prozent Provision: „Wir sind bereit, dieses Geschäft zu den folgenden Konditionen zu akzeptieren: 2 % Honorar“.
  • Vector legte Jahresziele vor. Allein für 2005 sollte Hödl Gegengeschäftsbestätigungen über 112 Millionen Euro liefern und dafür 2,25 Millionen Euro Provision kassieren. Am 28. Februar 2006 rechnete Vector das Vorjahr ab. Unter „Bezahlt“ steht bei Domerfield: „2.250.000“.
  • eine „Vertragspartnerdeckelung: 375 Mio. €, danach können wir in unserem ausschließlichen Ermessen weitere Geschäfte mit dem Vertragspartner ablehnen“. Vector machte damit klar: Magna-Vorstand Hödl hatte freie Hand, Gegengeschäftsbestätigungen über 375 Millionen Euro zu liefern – und damit Provisionen bis zu 7,5 Millionen zu kassieren.
  • Das Vector-Angebot unterschrieb Vector-Gründer Gianfranco Lande, der später als Millionenbetrüger in Rom verhaftet wurde.

Doppelte Abrechnungen

Im zweiten Eurofighter-Untersuchungsausschuss kam noch mehr heraus. Verfahrensrichter Ronald Rohrer legte Hödl Vector-Abrechnungen vor.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: „Das stammt von Vector Aerospace, und da sehen Sie, dass Vector eine ganze Menge von Geschäften, die jeweils im Umfang und in der Bezeichnung ident sind, sowohl Orbital als auch Inducon – in dem Fall auch Domerfield, Ihrer zweiten Firma – zurechnet. Wie kommt es zu dieser doppelten Zurechnung?“


Ing. Hubert Hödl: „Darf ich mir das bitte etwas genauer anschauen?“ (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)


Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: „Ja, ja. Sie sehen, das stimmt bis auf die letzte Position
überein, wird einmal Domerfield und einmal Orbital zugerechnet.“

Rohrers Verdacht ist klar: Hödl hat offensichtlich Gegengeschäfte nicht nur geschaffen, sondern gleich mehrfach abgerechnet. Am Ende liegen im Wirtschaftsministerium Magna-Bestätigungen über 384 Millionen Euro am Tisch. Ein großer Teil davon stammt aus der Hödl-Werkstatt.

5,5 Millionen

Zwischen 2005 und 2010 erhielt Domerfield von Vector in fünf Überweisungen insgesamt 5.547.153,77 Euro. Im Jahr 2005 wurde 1,8 Millionen Euro als Dividende an die Stiftung „Calone“ ausgeschüttet. 2010 kamen 1,9 Millionen Euro als Schlussdividende dazu. Die Dividenden wurden an die Begünstigten überwiesen.

1,3 Millionen an Inducon, 5,5 Millionen an Domerfield – das sind die 6,8 Millionen Euro, die Gabi Moser und ich schon 2017 für das Hödl-Netzwerk dokumentiert haben.

Aber was hat Sigi Wolf mit der Eurofighter-Entscheidung und mit Hödls privaten Geschäften zu tun? Dazu mehr in Teil 4 der Hödl/Wolf-Luftgeschichte: „Aufenthaltsort des Geldes verschleiert“.

Titelbild: HANS PUNZ / APA / picturedesk.com, EXPA / APA / picturedesk.com, Montage ZackZack

Peter Pilz
Peter Pilz
Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.
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13 Kommentare

  1. Frage: Gibt es auch (indirekte) Verbindungen S. Wolf – Porsche – Falter ?

  2. Wahrscheinlich glaubt Niemand mehr, wenn er etwas wegen Eurofighterkorruption liest, dass dann wirklich noch etwas dazu passiert?
    (Das Ganze muss echt von langer Hand geplant worden sein, vor allem diese Gegengeschäfte. Ein wahrlich genialer Coup und da ja bisher schon nichts passiert ist, kann man wahrlich nur mehr gratulieren. Man hat hart und gernial gearbeitete und damit dann auch redlich verdient? – Auch kann ich mir gerade deshalb vorstellen, dass keiner von den involvierten Politiker hier mitprofitiert hat: Wie lauteten doch ihre Namen noch? – KH Gra, Günther Pla, Alfredo Gusi – leider fallen mir die anderen nicht mehr ein, aber zumindest sind hier gleich drei verschiedene Parteienvertreter mit dabei? – Vermutlich auch der Grund warum noch alles blitze blank sauber blieb?
    Als hier die 1. Unterschriften geleistet wurden, muss das alles schon vorher festgestanden und ausgetüftelt worden sein? – Dann hoffte man bei den 2. Unterschriften, dass man das nicht noch einmal sich trauen würde…)

      • Nein, denn der Schüssle hätte auch von mir schon erwähnt werden müssen, aber vie in die Namen der weiteren, welche mir nicht eingefallen waren.
        Gusenbauer war doch hauptverantwortlich für die Nachverhandlungen, welche auf Grund der damals bekannt gewesenen Missstände und nach dem Wechsel des Verteitigungsministeriums geführt wurde und hat dann eben erneut alles erst so richig zugedeckt und sogar weitere Schädigungen daraus produziert. Heute arbeitet er mit Herr Wolf und Co auch noch eng und bestens zusammen?
        Warum sie mich nun als Scharfmacher bezeichnen, sollten sie mir deshalb nun auch erklären?

  3. Da werden in einer Unverschämtheit Millionen zu persönlichen Bereicherung abgezweigt, dass einem dabei schlecht wird?

    Und die Justiz war diesem Treiben wirklich so hilflos ausgeliefert und konnte in dieser Causa jahrzehntelang nichts ausrichten und die Täter festnageln?

    Das soll dem “naiven” Bürger tatsächlich als Wahrheit verkauft werden ?

    Diese Wirtschaftsgangster halten uns für sehr dumm. Und wir sollen dann noch an eine unabhängige Justiz glauben?

  4. Aber wir sprechen da wohl von unserem Steuergeld oder?
    Eine Mafia auf Basis von organisisiertem Steuergeldraub mit Patenschutz aus der Politik?
    Da ist die Italienische ja noch moralisch ein Stück besser, oder?
    Aber auch weniger dreister?

      • Gute Bemerkung, guter Beitrag.
        Ja auch hier gibt es schon eine zwei oder drei Klassengesellschaft

        Aktuell dazu noch immer der schutzlos gebliebene Bub im Käfig mir erinnerlich (vermutlich die dritte Klasse im österreichischen Sicherheitsschutz?)
        Noch immer wissen aber wir nicht, wie sich die Behörden zu ihrem Totalversagen gerechtfertigt haben?
        – Auf zum nächsten Fall…

        • Es sind andere Zeit, aber Sklaverei und Krieg gehört zu menschliche Kultur, seit Ewigkeit.

          Wir sollen und müssen dass abschaffen, sonst wird der Mensch nie dazukommen auf Augenhöhe miteinander gespräche zuführen.

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