Dienstag, Januar 21, 2025

Teil 11: Die zypriotische Spur

Über Firmen in Österreich und Zypern kassierte Sigi Wolfs rechte Hand Hubert Hödl 6,8 Millionen Euro. Treuhänder und eine Stiftung deckten das Nebengeschäft des Magna-Vorstands.

Wien | Bereits im Februar 2013 verfolgte die Staatsanwaltschaft Wien die Spur der Eurofighter-Schmiergelder in Zypern. Für Staatsanwalt Michael Radastics war klar, „dass im Rahmen des EADS-Konsortiums eine kriminelle Vereinigung gegründet wurde, um über Scheinverträge Gelder aus den Partnerunternehmen abzuziehen und für korrupte Zwecke verfügbar zu machen.“ Für den Staatsanwalt ging es schon 2013 auf Zypern um Geldwäsche: „Ab der Ebene VECTOR ist daher von sämtlichen Beteiligten von Geldwäschereihandlungen auszugehen.“

Damals und heute gilt für alle Beteiligten selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Die „zypriotische Spur“ führt nach Nikosia. Hinweise, dass Magna-Vorstand Hubert Hödl über eine Firma in Zypern und eine Stiftung in Liechtenstein auf eigene Rechnung Geschäfte mit Eurofighter-„Gegengeschäften“ gemacht hatte, verdichteten sich. Aber die Hödl-Geschichte beginnt in Graz.

Inducon

Die Firma „Inducon“ wurde am 10. Februar 2004 in Graz gegründet. Hubert Hödl war ihr Eigentümer. Ein Grazer Rechtsanwalt übernahm am Tag der Gründung die Hödl-Anteile treuhändisch. Niemand konnte auf den ersten Blick erkennen, dass „Inducon“ Hödl war.

Aber die Vector-Provisionen gingen nicht direkt an Inducon. Mit „Orbital“ schaltete Hödl eine Firma dazwischen. Der Orbital-Geschäftsführer erinnert sich, dass Hödl selbst den Kontakt zwischen Vector und Orbital herstellte.

Dann begann das Geschäft zu laufen und Inducon kassierte über Orbital Vector-Gelder – insgesamt 1,3 Millionen Euro.

Doris B. arbeitete für Inducon als Geschäftsführerin. In ihrer Zeugenvernehmung gab sie an: „Der Großteil der von Hödl gefundenen Geschäfte stammte von Magna“. Und: „Diese Geschäfte kamen von Herrn Hödl und wurden an Orbital weitergemeldet. Für diese Geschäfte hat die Firma Inducon von der Firma Orbital eine Provision erhalten“. Damals fiel niemandem auf, dass Doris B. von „gefundenen“ und nicht von „initiierten“ und „angebahnten“ Geschäften sprach.

Es war offensichtlich so:

  • Magna-Vorstand Hödl meldet Magna-Geschäfte als „Gegengeschäfte“ bei Orbital ein.
  • Orbital meldet die Gegengeschäfte bei Vector und verrechnet die Provision.
  • Orbital kassiert von Vector und überweist an Inducon weiter.
  • Hödl meldet die Magna-Geschäfte weiter an einen EADS-Vertreter und kassiert.

Am Anfang und am Ende der Kette steht der doppelte Hödl.

Magna-Vorstand Hödl übersendet „Gegengeschäftsbestätigungen“

            Magna-Vorstand Hödl übersendet „Gegengeschäftsbestätigungen“

Domerfield

Vier Monate nach „Inducon“ in Graz wurde die „Domerfield LLP“ am 22. Juni 2004 in Zypern gegründet. Als wirtschaftlich Berechtigte stand die Stiftung „Calone“ in Liechtenstein hinter Domerfield. Im zweiten Eurofighter-Untersuchungsausschuss erklärte Hödl, an wen das Calone-Geld ging: „Die Begünstigten der Calone Stiftung waren ich und meine engsten Familienangehörigen.“

Das Angebot an Vector Aerospace legte Domerfield am 15. Oktober 2002. In der Antwort

beschrieb Vector am 3. November 2004 die Details des Deals mit dem Broker in Nikosia:

  • zwei Prozent Provision: „Wir sind bereit, dieses Geschäft zu den folgenden Konditionen zu akzeptieren: 2 % Honorar“.
  • Vector legte Jahresziele vor. Allein für 2005 sollte Hödl Gegengeschäftsbestätigungen über 112 Millionen Euro liefern und dafür 2,25 Millionen Euro Provision kassieren. Am 28. Februar 2006 rechnete Vector das Vorjahr ab. Unter „Bezahlt“ steht bei Domerfield: „2.250.000“.
  • eine „Vertragspartnerdeckelung: 375 Mio. €, danach können wir in unserem ausschließlichen Ermessen weitere Geschäfte mit dem Vertragspartner ablehnen“. Vector machte damit klar: Magna-Vorstand Hödl hatte freie Hand, Gegengeschäftsbestätigungen über 375 Millionen Euro zu liefern – und damit Provisionen bis zu 7,5 Millionen zu kassieren.
  • Das Vector-Angebot unterschrieb Vector-Gründer Gianfranco Lande, der später als Millionenbetrüger in Rom verhaftet wurde.

Doppelte Abrechnungen

Im zweiten Eurofighter-Untersuchungsausschuss kam noch mehr heraus. Verfahrensrichter Ronald Rohrer legte Hödl Vector-Abrechnungen vor.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: „Das stammt von Vector Aerospace, und da sehen Sie, dass Vector eine ganze Menge von Geschäften, die jeweils im Umfang und in der Bezeichnung ident sind, sowohl Orbital als auch Inducon – in dem Fall auch Domerfield, Ihrer zweiten Firma – zurechnet. Wie kommt es zu dieser doppelten Zurechnung?“


Ing. Hubert Hödl: „Darf ich mir das bitte etwas genauer anschauen?“ (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)


Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: „Ja, ja. Sie sehen, das stimmt bis auf die letzte Position
überein, wird einmal Domerfield und einmal Orbital zugerechnet.“

Rohrers Verdacht ist klar: Hödl hat offensichtlich Gegengeschäfte nicht nur geschaffen, sondern gleich mehrfach abgerechnet. Am Ende liegen im Wirtschaftsministerium Magna-Bestätigungen über 384 Millionen Euro am Tisch. Ein großer Teil davon stammt aus der Hödl-Werkstatt.

5,5 Millionen

Zwischen 2005 und 2010 erhielt Domerfield von Vector in fünf Überweisungen insgesamt 5.547.153,77 Euro. Im Jahr 2005 wurde 1,8 Millionen Euro als Dividende an die Stiftung „Calone“ ausgeschüttet. 2010 kamen 1,9 Millionen Euro als Schlussdividende dazu. Die Dividenden wurden an die Begünstigten überwiesen.

1,3 Millionen an Inducon, 5,5 Millionen an Domerfield – das sind die 6,8 Millionen Euro, die Gabi Moser und ich schon 2017 für das Hödl-Netzwerk dokumentiert haben.

Aber was hat Sigi Wolf mit der Eurofighter-Entscheidung und mit Hödls privaten Geschäften zu tun? Dazu mehr in Teil 4 der Hödl/Wolf-Luftgeschichte: „Aufenthaltsort des Geldes verschleiert“.

Titelbild: HANS PUNZ / APA / picturedesk.com, EXPA / APA / picturedesk.com, Montage ZackZack

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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