Im ÖVP-System werden Personen geschützt. Unpersonen bleiben schutzlos, bis an ihr Ende. Das ist wohl einer der Hauptgründe, warum Lisa-Maria Kellermayr zum Schluss ganz alleine war. Nach der Ärztin findet sich jetzt ein Krone-Redakteur im Visier des Netz-Terrors.
Wien, 14. August 2022 Wenn Kathi Nehammer die Welt nüchtern betrachtet, stellt sie fest, dass die Schutzregel der ÖVP noch immer gilt: Personen werden rund um die Uhr geschützt, Unpersonen bleiben ungeschützt. In der Nehammer-Parteiwelt gibt es Personenschutz, aber keinen Unpersonenschutz. Wozu auch?
Lisa-Maria Kellermayr hat als Landärztin versucht, Menschen vor Corona zu schützen. Sie hat vor Ort festgestellt, dass die Gesundheitspolitik versagt. Also hat sie die Regierung und deren COVID-Politik kritisiert, in aller Öffentlichkeit. Lisa-Maria Kellermayr war damit Unperson. Polizei und Ärztekammer haben das getan, was eine Unperson verdient: Sie haben die Ärztin denunziert, in die Enge getrieben und letztlich zum Abschuss freigegeben. Die Staatsanwaltschaft hat den Rest des Falls auf ihre Art erledigt.
Die StA Wels ist Teil des altes Systems „Pilnacek“, die Kriminalpolizei untersteht dem verlässlichen SOKO-Leiter Andreas Holzer. Alles ist in vertrauter Hand. Unter Gerhard Karner funktioniert das türkise System des Personenschutzes wie unter Sobotka und Nehammer.
„nicht allein…“
Aber was ist mit der Justiz? Warum wurde die Verfolgung des Gefährders, der gleich hinter der bayrischen Grenze auf Kellermayr zielte, abgebrochen? Warum blieb die Ärztin ungeschützt?
Bis heute hat Alma Zadic als Justizministerin keine klaren Worte zum Versagen ihres Staatsanwalts gefunden. Doch kaum war die Unperson tot, startete die Justizministerin eine „Infokampagne“: „Wer von Gewalt und Hass im Netz betroffen ist, befindet sich in einer besonders schwierigen Situation.“ Dazu hält die Ministerin beherzt ein Handy in die Kamera. „Ich will, dass jede betroffene Person in Österreich weiß, dass sie in dieser Situation nicht allein ist“.
Kein Wort über Kellermayr. Keine Kritik am Staatsanwalt, an der Polizei und an deren Minister. Warum, Alma Zadic, war Kellermayr zum Schluss ganz allein? Warum lässt sich die Justizministerin erst dann in kämpferischer Pose fotografieren, wenn die Unperson längst tot und erledigt ist?
Giftanschlag im Netz
Jetzt zielt ein Hetzer auf Krone-Journalist Claus Pandi. „Mag dieser Typ Pralinen? Weiß das jemand? Man könnte doch z.Bsp. die Kirsche bei Mon Cheri mit was anderem ersetzen?“ 2008 ersetze ein Giftmörder die Praline für den Bürgermeister von Spitz an der Donau mit Strychnin. Am 7. August 2022 postet der Pandi-Hasser seine Pralinen-Drohung unter dem Tweet des FPÖ-Gemeinderats Peter Terzer: „Dieses selbstzufriedene Goscherl gehört nicht einem Journalisten. Sondern jemandem, der so ziemlich das Gegenteil davon ist. Und alles, was ich jetzt noch schreiben will, erspar ich mir. Will weder eine Facebooksperre noch eine Klage…“
ÖVP-Polizei und ÖVP-Justiz stehen damit vor einer schweren Frage: Auch Claus Pandi lässt wenig gute Haare an der Regierung. Ist er wie Kellermayr eine Unperson? Oder will man es sich mit der Krone nicht ganz verderben?
Jetzt lachen nur noch zwei Kinder von Terzers Facebook-Seite. Der FPÖ-Gemeinderat hat inzwischen aufgeräumt. Justizministerin Zadic lässt niemanden mehr allein. Und Innenminister Karner bleibt wahrscheinlich so lange auf Tauchstation, bis die Nehammers wieder Personenschutz brauchen.
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