Samstag, Juli 27, 2024

Teil 12: „Aufenthaltsort des Geldes verschleiert“

Sigi Wolf „habe Teile dieser Gelder teils in Gold erhalten (bzw. teils in bar oder Namensschecks erhalten und dann in Gold umgetauscht) und bis zur Rückgabe an den Erstangeklagten in der Schweiz verwahrt. Damit sollte (unter anderem) der Aufenthaltsort des Geldes verschleiert werden.“ Das ist der Kern der WKStA -Anklage gegen Sigi Wolf.

Wien | Sigi Wolf ist von Beruf „Werkzeugmacher“. Vieles deutet darauf hin, dass Magna-Vorstand Hubert Hödl sein wirkungsvollstes Werkzeug war. Aber warum soll Wolf für Hödl Geld versteckt haben?

Die Hödl-Geschichte spielt in der Etage der „Broker.“ Sie kaufen und verkaufen ganze Geschäfte und, im Fall „Eurofighter“ – Gegengeschäftsbestätigungen. Eine Etage darüber sitzen die Chefs – die CEO´s, die Minister und Männer wie Sigi Wolf. Seit 1995 stand Wolf als Präsident an der Spitze der Magna Europe AG im niederösterreichischen Oberwaltersdorf und wurde bald zur rechten Hand von Magna-Eigentümer Frank Stronach.

Mit Grasser bei Eurofighter

Am 11. Juni 2001 nahm Sigi Wolf den damaligen Finanzminister zu einem Besuch ins Eurofighter-Werk im bayrischen Manching mit. Karl Heinz Grasser erinnerte sich im U-Ausschuss: „Siegfried Wolf hat mich angerufen und hat gesagt: Du, es steht ja im Regierungsübereinkommen drin, dass die Beschaffung von Abfangjägern das Ziel ist  – und Herr Bischoff, einerseits Daimler-Chrysler-Vorstand und damit mitverantwortlich für Milliardenaufträge, die an den Automobil-Cluster nach Österreich gehen, und damit für Wertschöpfung und für Arbeitsplätze, will dich in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender von EADS kennen lernen und will mit dir über diese Beschaffung reden!“

Nur wenigen war zu diesem Zeitpunkt klar, dass mit dem Einstieg von Daimler-Chrysler und Magna aus der Eurofighter-Beschaffung plötzlich ein Automobil-Geschäft geworden war. Der österreichische „Automobil-Cluster“ bestand vor allem aus einem Konzern: der Magna AG.

„Warum macht der Herr Wolf einen Termin mit dem Herrn Bischoff oder sagt mir: Mach’ doch bitte den Termin mit dem Herrn Bischoff! –, ich meine, das ist relativ einfach nachvollziehbar.“

Grasser machte den Abgeordneten klar, dass es um den „Automobilcluster“ ging: „Wenn dort ein Vorstand von Daimler-Chrysler sitzt – das habe ich schon gesagt, dass Bischoff damals vor allem Vorstand von Daimler-Chrysler war und in zweiter Linie Aufsichtsratsvorsitzender von EADS – und sie haben dort eine Menge Aufträge, Österreich Automobilcluster, aber auch MAGNA, von Daimler-Chrysler, dann wird man wahrscheinlich mit seiner Kundschaft freundlich umgehen im Interesse des Unternehmens – und als Finanzminister im Interesse des Standorts, im Interesse der Beschäftigten, weil MAGNA einfach eines der Unternehmen ist, die halt Tausende Mitarbeiter beschäftigt und einen guten Job gemacht haben über die letzten Jahre.“

So einfach war das: Magna wollte Aufträge für die Autoproduktion, und Auto-Hersteller „Daimler“ wollte den Eurofighter-Auftrag für seine Tochter EADS.

Die letzte Frage

Am 8. Mai 2015 saß ein hoher Vertreter der „Plattform Gegengeschäfte“ der WKÖ bei zwei Beamten der Kontrolle im Verteidigungsministerium. Das EADS-Problem war bekannt: Der Konzern hatte sich vertraglich verpflichtet, „Gegengeschäfte“ in Wert von 200 Prozent des Eurofighter-Kaufpreises zu liefern. Für jede fehlende Million wären fünf Prozent Pönale zu zahlen.

Der WKÖ-Vertreter berichtete über eine Gruppe, die sich rund um Eurofighter-Lobbyisten gebildet hatte: „Dieser Personenkreis hatte die „phantastische Idee“, EADS anzubieten, die in deren Büchern stehende Rückstellung der 5 Prozent-Pönale eines 4 Milliarden Gegengeschäfts-Volumens gegen die Summe von glaublich 120 Millionen abzulösen.“

Die „phantastische Idee“ scheint Wirklichkeit geworden zu sein. Knapp 120 Millionen Euro sind von EADS an Vector Aerospace geflossen. Eine der Personen, die in dem Gespräch im Verteidigungsministerium genannt wurden, war Hubert Hödl.

Im Magna-Konzern arbeitete Hödl für Wolf. In der Regierung hatte Wolf mit Grasser ein Rückkehrrecht zu Magna vereinbart. Stronach vertraute Wolf und überließ ihm wesentliche Teile des Geschäfts. Egal, von welcher Seite man sich der Eurofighter-Affäre nähert, man stößt immer wieder auf Siegfried Wolf. Bei ihm schließen sich viele Kreise.

„Unser Mann hat es geschafft!“

Der Wiener Geschäftsmann Richard Drasche-Wartinberg erinnert sich:

„Am 2. Juli 2002 traf ich Magna-Vorstand Siegi Wolf im Bristol in Zusammenhang mit einer geschäftlichen Angelegenheit, die nichts mit der Causa „Eurofighter“ zu tun hat. Herr Wolf lud mich auf einen Champagner ein. Ich fragte nach, was der Grund dafür sei, ich sei ja keine Dame und er meinte: „Heute ist ein wichtiger Tag für uns, weil die Regierung die Eurofighter beschlossen hat. Unser Mann hat es geschafft!“

Im Lauf des Gesprächs sagte Wolf unmissverständlich, dass es sich bei „unserem Mann“ um den damaligen Finanzminister Karl Heinz Grasser handelt.“

Den möglichen kriminellen Teil der Wolf/Hödl-Geschichte wird jetzt ein Strafgericht zu klären versuchen. Politisch ist längst geklärt, dass zwei Parteien die Verantwortung für den größten Korruptionsfall der letzten Jahrzehnte tragen: ÖVP und FPÖ.

Titelbild: FRANZ NEUMAYR / APA / picturedesk.com, GERARD CERLES / AFP / picturedesk.com, Montage ZackZack

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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