Der Verein MERKwürdig, der bereits die KZ-Gedenkstätte in Melk gestaltet hat, wird das Dollfuß-Museum in Texing neu konzeptionieren. Zusammen mit sieben Experten erarbeitet er das Konzept bis Ende 2023.
Texing/Melk, 07. Juli 2022 | Die Umgestaltung des kritisierten Dollfuß-Museums im niederösterreichischen Texing wird nun konkret: Bis Ende 2023 soll ein Konzept vorliegen. Dieses wird der Verein MERKwürdig mithilfe eines siebenköpfigen Experten-Beirats erarbeiten. In das Ausstellungskonzept werden aber auch die Ergebnisse aus einem Vermittlungsprozess in der Bevölkerung einfließen, der im Herbst startet und etwa ein halbes Jahr dauern wird.
Der Verein MERKwürdig hat bereits die KZ-Gedenkstätte in Melk gestaltet und arbeitet mit diversen Projekten die Zeitgeschichte im Raum Melk wissenschaftlich auf.
Projekt soll über Texing hinausgehen
Für die Konzeptionierung hat der Verein „wirklich Kapazunder“ ins Boot geholt, wie Obmann Alexander Hauer es gegenüber ZackZack ausdrückte. Unter den Historikern sind unter anderem die Historikerin Lucile Dreidemy, eine laute Kritikerin des Museums in seiner derzeitigen Form. Ziel ist laut Hauer, eine „öffentliche und transparente“ Diskussion mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen und auch der katholischen Kirche zu führen.
Durch das neue Ausstellungskonzept sollen mehr Leute erreicht werden als das Museum bisher besucht haben – was ohnehin nicht viele waren, wie Hauer sagt. „Wir wollen das als Chance ergreifen, sich mit dem Thema Austrofaschismus auseinanderzusetzen, das in der Bevölkerung gar nicht so richtig verankert ist“, so der Vereins-Obmann. Denn sowohl Dollfuß‘ Leben als auch die Aufarbeitung des Austrofaschismus reiche über Texing hinaus. In Wien gebe es etwa eine Gedächtniskirche, die einst ihm gewidmet worden war, die Christkönigskirche im 15. Bezirk.
Öffentliche Diskussion durch Innenminister-Angelobung
Gespräche über ein neues Museums-Konzept hat es bereits im Mai 2021 zwischen dem Verein und dem damaligen Bürgermeister in Texing Gerhard Karner gegeben. Als Karner im Dezember 2021 als Innenminister angelobt wurde, geriet das 1998 eröffnete Museum in den Fokus der breiten Öffentlichkeit und wurde erneut stark kritisiert. Lucile Dreidemy urteilte, es sei eher eine Gedenkstätte. Auch Karner selbst wurde als Ex-Bürgermeister und damit Verantwortlicher stark kritisiert und Austrofaschismus breit diskutiert.
Das Hochkochen des Themas sieht Hauer als gesellschaftspolitische Chance: „Einen so großen Prozess hätten wir sonst wahrscheinlich nicht zuwege gebracht.” Wie der vorbereitende Erarbeitungsprozess aussehen wird, kann er sich teils schon vorstellen, aber „ich möchte den Experten und Expertinnen nicht vorgreifen.“ Im kommenden Herbst wird man mehr wissen. Das Dollfuß-Museum hat jedenfalls Mitte Juni geschlossen und wird erst nach der Überarbeitung wieder aufsperren.
(pma)
Titelbild: Wikimedia Commons/Public Domain