Freitag, April 26, 2024

Strandstreit in Italien

Geht es nach der Regierung, sollen die Lizenzen für Italiens Badestrände künftig öffentlich ausgeschrieben werden – für einen fairen Wettbewerb und um Korruption und Kriminalität zu vermeiden. Das Parlament stimmt diese Woche über den umstrittenen Gesetzesentwurf ab.

Rom, 26. Juli 2022 | In Rom stimmt das Parlament diese Woche über einen Gesetzesentwurf ab, der die Lizenzvergaben für italienische Badestrände neu regeln soll. Die Regierung hatte Anfang des Jahres beschlossen, dass ab dem 31. Dezember 2023 staatliche Strandkonzessionen öffentlich ausgeschrieben werden sollen. Im Vorfeld der Parlaments-Abstimmung ist ein heftiger Streit entbrannt.

An Italiens Stränden gibt es tausende privat geführte Badeanlagen. Die kostenpflichtigen Badestrände sind der Inbegriff der italienischen Strandkultur. Nach Ansicht von Branchenvertretern könnte die neue Regelung das Ende der vielen von Familien geführten Strandbars und -restaurants bedeuten.

Undurchsichtige Vergabepraxis soll weichen

Die Regierung möchte, dass es an tausenden Bezahlstränden mehr Konkurrenz gibt. Von den 29.000 Badeanstalten in Italien werden die meisten auf Familienebene geführt. Die Vergabe der Strandlizenzen ist bisher undurchsichtig, die Konzessionen werden automatisch verlängert. Korruption und Vetternwirtschaft dürften in vielen Fällen eine Rolle gespielt haben.

Die Regierung um den inzwischen gestürzten Premier Mario Draghi meinte, dass eine Neuregelung dringend notwendig sei. Immer wieder gelangten Anlagen auch in die Hände der lokalen Mafia. Allein in den vergangenen Jahren wurden in Italien über hundert Badestrände wegen Infiltration durch die organisierte Kriminalität beschlagnahmt. Dies soll sich durch transparente Ausschreibungen ändern.

Sorge vor Großunternehmern

Konzessionen, die bereits im Einklang mit den EU-Vorschriften erteilt wurden, bleiben bis zu ihrem Ablaufdatum gültig, also auch über das Jahr 2023 hinaus. Die anderen müssen neu ausgeschrieben werden. Die derzeitigen Pächter, die teils Hypotheken oder Darlehen auf ihre Unternehmen aufgenommen haben, sehen sich gefährdet, „enteignet“ zu werden. Eine Sorge ist auch, dass von der Neuregelung möglicherweise große ausländische Tour-Operatoren oder liquiditätsstarke Finanzinvestoren profitieren könnten.

Freier Strandzugang ebenfalls festgeschrieben

Künftig sollen die Badestrände allen freien Zugang zum Strand gewähren müssen, nicht nur ihren Kunden. Auch das geht aus dem Gesetzentwurf hervor, über den die Abgeordneten im Parlament abstimmen müssen. Theoretisch sind Badeanstalten in Italien bereits dazu verpflichtet, doch in der Praxis wird diese Vorschrift häufig missachtet. Verbraucher- und Bürgerinitiativen beschweren sich seit langem darüber, dass die Badeanlagen immer größere Strandabschnitte in Beschlag nehmen.

Mit den neuen Rechtsvorschriften sollen außerdem die Gebühren für Sonnenschirme und Liegestühle begrenzt werden. Die teils hohen Preise der Badestrände sind jeden Sommer aufs Neue ein heißes Thema.

(apa/pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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3 Kommentare

  1. Was macht das für einen Unterschied, wenn nicht mehr die Mafia, sondern globale Konzerne ihre Macht weiter ausbauen und die Gewinne in Steueroasen verschieben?
    Mafia wäscht das Geld. Besonders gerne in der Bauwirtschaft in D. Da ist die Gesetzeslage ideal.

  2. Bewirtschaftete Strände mit Eintrittsgebühr und 25 Reihen Liegestühle? – Grausam! Aber wahrscheinlich für die, die auch zuhause stramm stehen, wenn die Regierung etwas anschafft, genau das Richtige.

    Ansonsten, der richtige Weg. Weg von den mafiösen Strukturen.

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