Samstag, April 27, 2024

Bundesheer erklärt Atombombe, ohne Wien in die Luft zu sprengen

Das ist eine Unterüberschrift

In Zeiten des Krieges steigt die Angst vor dem Einsatz von Atomwaffen. Im Gegensatz zum viel kritisierten Außenministeriums-Video klärt das Bundesheer in seinem jüngsten Video darüber tatsächlich auf.

Wien, 11. August 2022 | „Atomwaffen sind wohl die schrecklichsten Waffen, die in den Arsenalen von verschiedenen Armeen vorhanden sind“, mit diesen Worten leitet Oberst Jürgen Schlechter das 15-minütige Erklärvideo zu Atomwaffen ein. Das Thema Nuklearkrieg ist seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs wieder allgegenwärtig, 77 Jahre nach dem Atombombenabwurf über Hiroshima – die Großstadt in Japan gedachte letzte Woche der Opfer – steigt die Angst vor einer erneuten Katastrophe.

Bundesheer klärt auf

Aber anders als das Atombomben-Video des Außenministeriums, das vor eineinhalb Jahren veröffentlicht wurde und einen Atombombenanschlag auf Wien simuliert, kommt das neueste Youtube-Video des Bundesheeres komplett ohne Panikmache aus.

Der Kommandant des ABC-Abwehrzentrums des Bundesheeres klärt in seinem Vortrag über die Gefahren und die Einsatzarten derartiger Waffen auf. So gibt es weltweit noch über 10.000 einsatzbereite Atomsprengköpfe, die meisten davon in Russland und den USA. Aber auch China und kleinere Staaten wie Großbritannien, Frankreich und Nordkorea verfügen über derartige Waffen.

Enorme Hitze wird freigesetzt

Aber wie funktioniert eine Atombombe eigentlich? Schlechter erklärt anhand einer Powerpoint-Präsentation: “Man schießt ein Neutron auf einen Uran-Kern, diese Energie ist so groß, dass der Urankern in mehrere Bestandteile zerfällt und unter anderem wieder ein drei weitere Neutronen. Diese Neutronen werden dadurch wieder auf andere Urankerne gefeuert – eine Kettenreaktion ist die Folge.”

Die Hitze, die bei dieser Kettenreaktion entsteht, ist enorm. Zum Vergleich: Die Spaltung von einem Gramm Uran setzt so viel Hitze frei wie 2.500 Kilogramm Steinkohle oder 2.000 Liter Heizöl. Die Gesamtenergie, die dabei freigesetzt wird, beträgt zu 90 Prozent Hitze und zu 10 Prozent radioaktive Strahlung. Der Experte erklärt neben der Basistechnologie auch die genaue Funktionsweise der verschiedenen Nuklearwaffen. Auch wenn erstere “denkbar einfach” sei, so brauche es für die Produktion und die Instandhaltung viel Know-How und Ingenieurswissen.

Zerstörung über mehrere Kilometer

Aber vor allem der Ablauf einer Atomexplosion ist beängstigend. Mehrere Phänomene sind danach zu beobachten, so der Oberst. Zunächst entstehe ein sehr großer Lichtblitz, ein Feuerball und eine Anfangsstrahlung. Es folge eine Druck- und Hitzewelle, die für den Großteil der Zerstörung verantwortlich sei. Danach sei ein aufsteigender Feuerball und die für Atombomben typische Pilzwolke zu erkennen.

Die Ausmaße und Reichweite so einer Detonation sei dabei nicht mit herkömmlichen Bomben zu vergleichen. Je nach Größe kann eine Bombe Verwüstung über einen Radius von mehreren Kilometern anrichten. Bei der Atombombe, die über Hiroshima abgeworfen wurde, hatte allein der Feuerball einen Radius von 120 Metern, so Schlechter.

Die Experten unterscheiden zudem zwischen taktischen und strategischen Atomwaffen. Besonders von strategischen Atomwaffen gehe Gefahr aus. Aufgrund der enormen Reichweite könne eine Detonation schwerwiegende folgen für die ganze Erde haben: “Diese Atomwaffen haben ein derart großes Schadenspotenzial, das deren Hauptaufgabe die Abschreckung ist”, so der Oberst. Diese Atomwaffen hätten das Potenzial “unseren Erdball mehrfach komplett auszulöschen”.

Video von Außenministerium schürte Angst

So sachlich und informativ wurde hierzulande nicht immer über Atomwaffen aufgeklärt. Anfang 2021 sorgte ein Video des Außenministeriums für Aufregung. In diesem war zu sehen, was passieren würde, wenn eine Atombombe über Wien abgeworfen würde.

Das nur eineinhalb lange Video mit dem Titel “Folgen eines Atombombenabwurfs auf Wien” erntete damals viel Kritik, auch vom Wiener Bürgermeister. Von “Angst- und Panikmache” war die Rede.

(mst)

Titelbild: youtube.com/Österreichs Bundesheer

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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2 Kommentare

    • Gerade bei (strategischen) Atomwaffen finde ich die trockene Theorie viel fürchterlicher als irgendwelche Schockbilder weil sie verdeutlicht wie gnadenlos die Überlegungen hinter diesen Waffen wirklich sind. Moderne Atomwaffen haben ja nicht einfach nur einen möglichst großen “Wumms” zum Ziel, sondern sind dezidiert darauf ausgelegt eine möglichst maximale Anzahl an Menschen zu vernichten. (http://nukefix.org/weapon.html – ab “Multiple Simultaneous Nuclear Weapon Detonations” & “Firestorms”)
      Ich glaub aber bei dem Bundesheer Video gings gar nicht darum die Leute zu schocken. Wirkte eher wie ein Vorgreifen dass die Leute den Unterschied zwischen “taktischen” und “strategischen” Atomwaffen kennenlernen – für den Fall das Russland eine Taktische einsetzt.

      (ich möchte noch beifügen: der verlinkte “Artikel” wirkt ehrlich gesagt Stellenweise immer ein bisschen “Aluhut” auf mich – vorallem wegen Phrasen wie “not normally discussed” oder “in the open literature”, die Grundrecherche dahinter ist aber glaub ich dennoch solide)

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