Donnerstag, Mai 2, 2024

ÖVP-Ermittlungen: WKStA will Daten von Dutzenden BKA-Mitarbeitern

ÖVP-Ermittlungen:

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) fordert Zigtausende Daten vom Bundeskanzleramt (BKA). Grund dafür sind die Ermittlungen in der ÖVP-Inseratenaffäre.

Wien, 26. August 2022 | Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) will in der ÖVP-Inseratenaffäre die elektronischen Daten von Dutzenden Mitarbeitern des Bundeskanzleramts (BKA) öffnen. Es sollen E-Mail-Postfächer, Office-Dokumente (oder sonstige Co-Working-Spaces), persönlich zugeordnete Laufwerke inklusive Back-ups und Sicherungskopien von sämtlichen Mitarbeitern des BKA im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und strategischer Kommunikation sichergestellt werden, und zwar für den Zeitraum von Dezember 2017 bis Oktober 2021. Das geht aus einer der APA vorliegenden Anordnung hervor.

Beweismaterial fehlt möglicherweise

Betroffen sind alle Mitarbeiter, die mit der Informationstätigkeit der Bundesregierung (insbesondere Informationsinitiativen, Media-Planung und Budget) im Kabinett zu tun hatten und dabei für die beiden genannten Bereiche zuständig waren, samt jeweils allfällig zugeordneter Team-Assistenten und Büro-Mitarbeiter. Insgesamt dürften schätzungsweise an die 100 Personen von den Durchsuchungen erfasst sein.

Die Staatsanwaltschaft argumentiert ihr Ansinnen damit, dass frühere enge Mitarbeiter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) massenhaft E-Mails gelöscht und ihre Handys getauscht hätten und nun möglicherweise Beweismaterial fehle. Es würde sich nämlich jetzt schon zeigen, dass “die Beschuldigten im Zuge der Umsetzung ihres Tatplanes per E-Mail oder mittels Chatnachrichten kommunizierten”. Die erforderliche Beweiserhebung sei auf andere Weise nicht möglich, “weil die Beschuldigten großflächige Löschungen von ihren elektronischen Daten vorgenommen haben”, heißt es in der Begründung.

Sämtliche Mails von Ex-Kurz-Sprecher gelöscht

Etwa sollen im sichergestellten E-Mail-Postfach eines Kurz-Sprechers fast sämtliche E-Mails von 10. Jänner 2020 bis 3. August 2021 gelöscht worden sein. “So befinden sich für diesen Zeitraum lediglich 242 ‘unique’ E-Mails – daher nach Deduplizierung – im Postfach, die fast allesamt aus dem Outlook-Ordner ‘Kalender’ und ‘Posteingang/Flüge’ stammen. E-Mails ab dem 5. August 2021 wurden ebenfalls praktisch durchgehend gelöscht, wobei die Löschungen im Rahmen der IT-forensischen Aufbereitung nachvollzogen werden konnten. Das erste nicht gelöschte E-Mail stammt vom 5. Oktober 2021 17:28 Uhr, daher unmittelbar vor der Durchsuchung am darauffolgenden Tag”, so die WKStA.

Durch die Sicherstellung Tausender weiterer Daten, hofft die WKStA über Umwege “Informationen über die Auftragsvergaben und die Verwendung der Ergebnisse der Umfragen in der Öffentlichkeitsarbeit” gewinnen zu können. “Eine Einschränkung auf konkrete Personen ist mangels Kenntnis der konkreten Strukturen und Zuständigkeiten sowie operativen Abläufen innerhalb des umfangreichen Mitarbeiterstabs nicht möglich.”

Ermittlungen in Inseratenaffäre

Kurz-Anwalt Werner Suppan sieht diesen Schritt als weiteres Zeichen dafür, dass die Ermittlungen der WKStA bisher nicht Vorwerfbares zutage gebracht hätten. “Weil man nichts gefunden hat, muss man immer weiter graben. Die WKStA wird aber auch hier nichts finden, weil sich niemand etwas zuschulden hat kommen lassen”, so der Anwalt.

Bei der Inseratenaffäre geht es um den Verdacht, dass Personen aus dem ÖVP-Umfeld rund um Sebastian Kurz rechtswidrig Budgetmittel des Finanzministeriums genutzt haben sollen, um gefälschte Meinungsumfragen erstellen zu lassen und diese in der Tageszeitung “Österreich” zu platzieren. Diese Praxis soll zu Kurz’ Zeit als Außenminister im Jahr 2016 begonnen haben. Ziel soll es gewesen sein, die öffentliche und die ÖVP-parteiinterne Meinung zu beeinflussen, um Kurz den Aufstieg zum ÖVP-Obmann und österreichischen Bundeskanzler zu ermöglichen.

(apa/red)

Titelbild: HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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9 Kommentare

  1. Wenn diese APA Meldung so zu lesen ist, dass BKA Mitarbeiter Kurz unmittelbar erfolgter Hausdurchsuchung nachweisbarerweise ihre digitale Korrespondenz umfassend zu löschen versucht haben, dann besteht bezüglich dieser Hausdurchsuchung selbst wohl der dringende Tatverdacht, dass jemand aus der Exekutive der von der geplanten Hausdurchsuchung UND DEREN GENAUEN ZEITPUNKT (!) gewusst haben muss, diese den Betroffenen verraten hat.

    Die genaue Kenntnis des Zeitpunktes würde den Kreis der in Frage kommenden Verdächtigen wohl auf ganz wenige Personen einschränken!

  2. Suppan erteilt eine Generalabsolution. Woher kann er das wissen, dass sich niemand etwas zuschulden kommen ließ? Hat er alle Dokumente gelesen? Wär auch spannend, wenn der Anwalt Beweismaterial zurückhielte.

    Was ist mit dem “halbprivaten” Account oder der “halbprivaten” Chatgruppe? Zur Hälfte wars ja dann dienstlich, wenn man die Büroleiterin vor dem UA ernst nimmt. Wann wird das halb dienstliche und damit öfftentliche offen gelegt?

  3. Ich liebe die ( meine )WKStA.
    Mich erinnert das Verhalten an Kriegsfilme wo bei der Niederlage alles verbrannt & und vernichtet wurde.

  4. Man kann digitale Daten nicht vernichten, selbst bei I-Phones hält sie der Hersteller vor.

  5. Der Anwalt Suppan rechnet auch fest mit der Dummheit der Wähler, nur weil an der Oberfläche alles gut aussieht, weiß keiner was einen Meter tiefer vergraben ist.

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