Ukraine:
Nachdem das AKW Saporischschja am Donnerstag wegen Stromleitungsschäden vom Stromnetz genommen worden war, ist es nun wieder angeschlossen. Die Internationale Atombehörde verhandelt indes mit Russland darüber, das AKW inspizieren zu können.
Kiew/Moskau, 26. August 2022 | Das Atomkraftwerk (AKW) Saporischja ist wieder ans Stromnetz angeschlossen worden. Freitagfrüh war das von der russischen Armee besetzte Kraftwerk weiterhin vom ukrainischen Stromnetz abgeschnitten, wie die ukrainische Betreibergesellschaft Energoatom auf Telegram mitteilte. Die beschädigte Anschlussleitung, die für den Ausfall verantwortlich war, sei jedoch “repariert”, hieß es zu diesem Zeitpunkt schon.
Akute Sicherheitsbedrohung
Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj davon sprach, dass die Welt einer nuklearen Katastrophe entronnen sei, betonte Energoatom, dass es derzeit keine Probleme mit den Maschinen oder den Sicherheitssystemen des Kraftwerks gebe. Atomexperte Georg Steinhauser von der Universität Wien und Hannover sagte dazu im „Ö1“-Morgenjournal, ein AKW brauche Strom, um die Reaktoren zu kühlen: „Wenn das nicht mehr gegeben ist, dann brennt der Hut schon ein bisschen.“ Werde das AKW vom Stromnetz genommen, laufe die Kühlung nur mehr über Dieselgeneratoren. Trete hier ein Problem auf, „ist eigentlich nichts mehr zu retten“, so der Experte.
Atom-Experte: „Eklatanter Informationsmangel“
Steinhauser kommentierte im „Ö1“-Interview auch die unterschiedlichen Angaben von ukrainischer und russischer Seite. „Der Informationsmangel ist eklatant“, sagte er, und es habe in der Vergangenheit mehrere Schäden gegeben. Er begrüßt, dass sich die Internationale Atombehörde (IAEA) dafür einsetzt, die Situation vor Ort untersuchen zu können. Kiew drängt auf einen baldigen Besuch internationaler Experten, derzeit laufen Verhandlungen dahingehend zwischen IAEA und Russland.
Vertreter der IAEA und der Vereinten Nationen (UN) sollten unter anderem nukleare Sicherheitsstandards untersuchen, schrieb der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko in der Nacht zum Freitag auf Facebook. Haluschtschenko forderte zudem den kompletten Rückzug der russischen Truppen von dem AKW-Gelände. Das Auswärtige Amt in Deutschland schloss sich der Forderung an.
Anlage mehrfach unter Beschuss
Die Anlage in den von Russland besetzten Gebieten geriet in den vergangenen Wochen mehrfach unter Beschuss. Russland und die Ukraine geben sich dafür gegenseitig die Schuld. Am Donnerstag war das von russischen Truppen besetzte AKW nach ukrainischen Angaben vom Stromnetz getrennt worden, weil Stromleitungen beschädigt worden waren.
Die russischen Streitkräfte haben das Kraftwerk Anfang März eingenommen. Ukrainische Ingenieure von Energoatom stellen aber noch immer den täglichen Betrieb sicher.
UPDATE: Um 14.57 Uhr wurde diese Meldung um die Information aktualisiert, dass das Atomkraftwerk wieder an das Stromnetz angeschlossen worden ist.
(apa/pma)
Titelbild: ANDREY BORODULIN / AFP / picturedesk.com