»Not a big deal«:
Der ehemalige Vorsitzende des OMV-Aufsichtsrats spendete an die türkise ÖVP – im selben Jahr bekam er den Vorsitz. Das finden die anderen Parteien verdächtig. Der Spender selbst wies Verdächtigungen im U-Ausschuss entschieden zurück.
Wien, 07. September 2022 | Unter anderem Thema bei der Befragung im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss am Dienstag: Ex-OMV-Aufsichtsratspräsident, Wolfgang C. Berndt und seine Frau spendeten im Jahr 2019 jeweils 20.000 Euro an die Kurz-ÖVP. Im selben Jahr wurde er Aufsichtsratspräsident der OMV.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt – oder Mitglied einer Partei ist, die nicht ÖVP heißt. Denn SPÖ, FPÖ, NEOS und Grüne wollten am Mittwoch im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss unter anderem in Erfahrung bringen, ob es sich hier um ein Gegengeschäft gehandelt haben könnte.
ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger empörte sich schon im Vorhinein darüber und nannte die Vermutungen von Geld gegen Posten „unglaubliche Unterstellungen“ und sprach von „honorigen Personen, die das gar nicht nötig hätten“.
25.000 Euro an die JVP
Das Geld scheint bei Berndt, der ab 2010 Mitglied im OMV-Aufsichtsrat war, jedenfalls nicht knapp zu sein. Vor seiner Spende 2019 hatte er schon einmal gespendet, und zwar im Jahr 2017: 25.000 Euro an die Junge ÖVP (JVP).
Die insgesamt 65.000 Euro aus den beiden Spenden tat er im U-Ausschuss als „not a big deal“ ab – das seien immerhin nur 19 Prozent seiner Spendenausgaben. Wie auch bisherige Großspender, die im ÖVP-Untersuchungsausschuss geladen waren, verwies er darauf, dass er ja auch an sehr viele andere Stellen spende. Nein, nicht an andere Parteien, bestätigt er auch noch einmal auf Nachfrage, sondern vielmehr für kulturelle, wissenschaftliche und karitative Zwecke.
Seine Spende habe auch gar nichts mit „irgendwelchen Quid pro Quos“ zu tun. Er wurde auch nicht um die Spenden gebeten, so Berndt, der dem Ausschuss gerne seine Gründe dafür darlegen wollte.
„Die Junge ÖVP hat mir am meisten versprochen“
Zur Spende 2017: Er sei sehr beunruhigt gewesen, dass Politiker laut Marktforschung nur 17 Prozent erreichten, wenn es um ihr Ansehen als Berufsgruppe ging. Das sei für ihn darauf zurückzuführen gewesen, dass sich die Politik nicht um die Dinge gekümmert habe, „die den Menschen am Herzen liegen: Migration und Arbeitslosigkeit“.
Dabei passierte ihm ein vermeintlicher Versprecher zum Grund für seine 25.000-Euro-Spende: „Die Junge ÖVP hat mir am meisten versprochen – also nicht mir persönlich – aber deren Ideen waren am ansprechendsten.“ Mit der alten ÖVP habe er so seine Schwierigkeiten gehabt.
Zu seiner zweiten Spende im Jahr 2019: Er habe sich fürchterlich geärgert, dass Kurz und andere gerade angelobte Regierungsmitglieder abgesetzt wurden. Da eine neue Wahl geschlagen werden musste, habe er gespendet. Es sei nie irgendeine Gegenleistung vereinbart worden.
Keiner politischen Einflussnahme bewusst
Julia Herr von der SPÖ verwies im U-Ausschuss auf einen Sideletter von ÖVP und FPÖ, in dem es um die politische Aufteilung von Aufsichtsrats- und Vorstandsposten ging, sowie auf dahingehende Chats zwischen Heinz-Christian Strache und dem damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Sie fragte Berndt, ob er sich bewusst gewesen sei, dass er “auf einem ÖVP-Ticket” in den Aufsichtsrat gekommen sei.
Nein, das sei ihm nicht bewusst gewesen, antwortete dieser. Er habe außerdem „in keinster Weise“ politische Einflussnahme im Vorsitz oder Aufsichtsrat wahrgenommen: “Wir hätten alle heimgeschickt, wenn die gesagt hätten: Wir wollen den oder den.” Und weiter: „Da könnten die Herrn Strache und wer sonst noch schreiben, was sie wollen.“
Berndt: “Wollte gar nicht Aufsichtsratschef werden”
Er hätte zuerst gar nicht Aufsichtsratschef werden wollen, behauptete Berndt gegenüber der Fragestellerin und NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Zwar hätten ihn umfassende Erfahrungen in diversen Aufsichtsräten für Aufsichtsratsposten qualifiziert, wie er gleich zu Anfang betonte. Er habe es sich aber nicht antun wollen, „voll im Geschäft zu sein, wenn etwas mit dem Vorstand“ sei. Berndts Vorgänger Peter Löscher war gegangen, weil er steigende politische Einflussnahme gefürchtet hatte, wie damals öffentlich wurde. Berndt selbst habe sich als Übergangspräsident gesehen, wegen der Corona-Krise sei sein Jahr als Aufsichtsratsvorsitzender dann verlängert worden.
Ex-Finanzminister Löger habe ihn gefragt, ob er Vorsitzender werden wolle, erzählte Berndt. Als Krisper betonte, dass allerdings gar nicht Löger zu bestimmen gehabt habe, wer das werde, sondern der Aufsichtsrat selbst, erklärte Berndt: Löger habe es ja auch nicht bestimmt, sondern lediglich seine Bereitschaft erfragt. Dass er als erfahrenes Aufsichtsratsmitglied gefragt wurde, sei nachvollziehbar gewesen, da es nur um ein Jahr gegangen und schnelles Handeln gefragt gewesen sei.
(sm)
Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl