Donnerstag, September 12, 2024

Samariterbund: Reichere sollen Klimabonus spenden

Das ist eine Unterüberschrift

Mehr Menschen denn je sind auf Sozialmärkte und Sozialberatungen angewiesen. All jene, die es sich leisten können, ruft der Samariterbund Wien dazu auf, den Klimabonus an bedürftige Familien weiterzugeben. 

Wien, 21. September 2022 | Von „Hilferufen von überall“ spricht Oliver Löhlein, Geschäftsführer des Samariterbund Wien gegenüber ZackZack.  Denn in die fünf Sozialmärkte, die die Organisation betreibt, kommen derzeit rund 30 Prozent mehr Menschen als noch im Vorjahr. Auch die Sozialberatungen und Obdachloseneinrichtungen sind enorm gefragt.

„In unserer Arbeit merken wir täglich, wie die Menschen ums Überleben kämpfen. Viele können sich nicht einmal mehr genügend Lebensmittel und Hygieneartikel leisten, weil sie ihr gesamtes Geld für Miete, Strom und Gas aufbrauchen müssen“, so Löhlein. Gleichzeitig werde der Klimabonus an alle ausgezahlt, obwohl längst nicht alle das Geld so dringend bräuchten.

Spendenaufruf für gerechtere Verteilung

Wer das Geld selbst nicht benötigt, kann die 250 Euro oder 500 Euro nun an den Samariterbund spenden, um damit Menschen in Notlagen zu unterstützen. Das sind laut der Organisation vor allem Menschen, die Mindestpension beziehen, Familien mit vielen Kindern und Alleinerziehende.

Wer mit existenziellen Problemen in die Sozialmärkte zur Beratung kommt, kann diese vor Ort mit den Sozialarbeiterinnen besprechen. Diese können dann Einzelfallbezogen im Gespräch herausfinden, wie man das gespendete Geld am besten einsetzen kann. Man werde etwa von den Menschen dringend benötigte Dinge mit den Spenden kaufen und zur Verfügung stellen, oder beim Bezahlen von Mahnungen helfen.

„Je nach Fall ist die Situation für die Menschen, die in unseren Sozialmärkten einkaufen, unterschiedlich und geht von ‚sehr schwierig‘ bis ‚katastrophal‘. Hat die Person eine Gasheizung, dann explodieren zum Beispiel die Kosten schlimmer als bei anderen“, sagt Löhlein.

Kritik am Klimabonus

Der Geschäftsführer kritisiert die Einmalzahlung als nicht nachhaltig. Wer mit dem Rücken zur Wand stehe, der zahle damit das Dringendste. „Aber was ist dann in zwei Monaten? Das ermöglicht den betroffenen Menschen keine Planbarkeit und Perspektive“, so Löhlein. Ihm sei nicht klar, warum es beim Klimabonus etwa keine Einkommensgrenze wie beim Energiekostenbonus gibt. Da seien die Menschen schließlich auch angehalten worden, ihre Einkünfte per Formular zu bestätigen.

Sozialmärkten geht die Ware aus

Die Sozialarbeiterinnen, die in den Sozialmärkten für Beratungen zur Verfügung stehen, würden ihm melden, dass sie auf Wochen ausgebucht seien, der Bedarf sei enorm. „Für uns ist es eine extrem schwierige Situation“, sagt Löhlein, nicht nur, weil der Samariterbund die Energie-Ausgaben und Kosten für Sprit zur Abholung der Lebensmittel aus eigener Tasche zahlt. Die Nachfrage in den Sozialmärkten ist so stark gestiegen, dass die Ware knapp wird.

Normalerweise bekommen diese Waren vom Lebensmittelhandel oder von Landwirtschaften, die diese nicht verkaufen können. Während die Menge dieser Spenden gleich bleibe, steige der Bedarf jedoch enorm. Vor allem Hygieneartikel oder lange haltbare Nahrungsmittel wie Nudeln, Reis oder Mehl seien schwer zu bekommen. Private Warenspenden sind willkommen.

Löhlein: “Selbst beurteilen, ob Spende möglich”

Wie viele Menschen spenden werden, sei schwer einzuschätzen. Moralisieren oder Verpflichten will der Geschäftsführer jedoch niemanden: Die Menschen sollen selbst beurteilen, ob sie es sich leisten können, den Klimabonus an weniger Wohlhabende weiterzugeben. Er ist jedoch zuversichtlich: „Wir hoffen natürlich auf so viele Beiträge wie möglich. Aufgrund der Gespräche, die wir geführt haben, glaube ich, dass einige Menschen den Klimabonus nicht brauchen und ihn Ärmeren zur Verfügung stellen würden. Dass wir als Gesellschaft helfen und wie solidarisch wir sein werden, wird in den nächsten Monaten entscheidend sein.“

Er selbst werde seinen Klimabonus jedenfalls spenden.

(sm)

Titelbild: ZackZack/Christopher Glanzl

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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