Samstag, April 27, 2024

»Wenn ihr ihn nicht nehmt, muss ich ihn erschießen« – Immer mehr Tiere im Heim wegen Teuerung

Mehr Tiere im Heim wegen Teuerung:

Es ist Welthundetag, manche österreichischen Tierheime haben allerdings keinen Grund zu feiern. Immer mehr Menschen wollen auch wegen der Teuerung ihre Tiere hergeben, mehr Heimplätze gibt es aber nicht. 

Wien, 10. Oktober 2022 | Am Freitagnachmittag vergangene Woche stand plötzlich ein Mann mit seinem Hund vor dem Tierschutzhof Pfotenhilfe. Entweder die Pfotenhilfe nimmt sein Tier oder er müsse es erschießen, so seine verzweifelte Aussage. Er habe den Maltesermischling namens Benni von einem Bekannten bekommen, seiner krebskranken Mutter geschenkt und nach deren Tod zu sich in die Mietwohnung mitgenommen, wo er ihn aber nicht halten durfte.

Benni ist eines von vielen Opfern unüberlegter Tierhaltung. Er hat keinen Pass, ist weder gechippt noch geimpft, nicht kastriert, nicht stubenrein, ängstlich und verwahrlost. Die hohen Kosten dafür muss jetzt die Pfotenhilfe stemmen, ärgert man sich dort. Und das, obwohl auch Tierheime sparen und zusätzliche Belastungen durch die Teuerung bewältigen müssen.

Menschen geben mehr Tiere ab

Nicht zuletzt wegen der anhaltenden Teuerung wollen mehr Leute ihre Tiere loswerden als sonst. Momentan gibt es wöchentlich gibt es zumindest einige Versuche, Hunde abzugeben, heißt es von der Pfotenhilfe. Plätze sind aber kaum frei, denn während die Anfragen für Plätze hoch bleiben, nehmen weniger Menschen Tiere auf, so Jürgen Stadler, Sprecher der Pfotenhilfe, gegenüber ZackZack.

Normalerweise geben mehr Leute nach Ostern und Weihnachten sowie von Mitte Juni bis Ende August Tiere ab, weil sie diese nicht mit in den Urlaub nehmen wollen, erklärt er. Zu Schulbeginn steigen wiederum die Chancen, die Tiere an ein neues Zuhause zu vermitteln. Dieses Jahr sei aber nicht so wie sonst, die Leute würden übergangslos Tiere abgeben wollen, es gebe “keine Pause zum Durschnaufen”, so Stadler.

Viele unterschätzen Tierarztkosten

Die Pfotenhilfe erinnert daran, dass Tiere nicht verschenkt werden sollten und man sich eine Haltung gut überlegen müsse: “Ein Tier muss als vollwertiges Familienmitglied betrachtet werden. Nur wenn wirklich alle Bedenken ausgeräumt sind, der Hund nicht während der Arbeit alleine zu Hause bleiben muss und auch auf Urlaub mitfahren darf oder zumindest seine Betreuung gesichert ist, sollte man sich bei Tierschutzvereinen umsehen – und bitte möglichst nur dort”, so Pfotenhilfe-Chefin Johanna Stadler.

Zumeist wollen die Leute die klassischen Heimtiere, wie Hunde, Katzen und Kleinnager abgeben. Am Land bekommt die Pfotenhilfe aber auch Anfragen bezüglich Unterbringung von Schweinen, Ziegen, Schafen, Eseln, Pferden, Hühnern, Enten, Gänsen und Pfauen.

Wegen Beziehungsende

Gerade die Tierarztkosten würden viele nicht bedenken, meint Jürgen Stadler. Auch Dinge wie Katzenstreu seien mittlerweile teurer geworden. Der Nummer eins Grund, warum Tiere abgegeben werden sollen sind Trennungen, so Stadler und erzählt von einem Fall, bei dem sich ein Partner nach der Trennung allein um drei Hunde kümmern musste und komplett überfordert war. “Die Menschen melden sich dann meistens zu spät, wenn die Hunde bereits verwahrlost sind und dann wollen sie die Hunde auf der Stelle loswerden. Es ist sehr wichtig sich vorher zu überlegen, was passiert mit dem Tier, wenn ich mich trenne, wenn ich krank werde, oder auf Urlaub fahre.”

(sm)

Titelbild: ZackZack/Christopher Glanzl (Symbolhund)

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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20 Kommentare

    • Jetzt stellt sich die Frage, wer bildet diejenigen aus, die diese “Berechtigung des führen eines Hundes” abnehmen. Meiner Erfahrung nach, gibt es nur sehr wenige (Hundeschule mit eingeschlossen) die tatsächlich im Verhalten eines Hundes lesen können und nonverbal und auf Distanz (mit Befehl und/oder Handzeichen) mit selbigen kommunizieren können.

  1. Hab gerade festgestellt, dass ich zu den 10% gehöre die Hunde nicht leiden können…..🤷‍♀️

  2. Tierquartier Hofburg.
    Wenn der scheibenwischende Stempelautomat 2.0 grad ned in Betrieb is, soit des ka Problem sei

  3. Viele schlechte Menschen haben sich wegen der Pandemiemaßnahmen ein Haustier angeschafft. Jetzt ist alles wieder locker und dann stecken Sie die Tiere retour ins Tierheim.

    Lösungen dafür habe ich leider keine. Hundeführerschein oder Gebühr bei Abgabe ist nicht Zielführend. Bei der Idee Strafgebühr gibt es sicher dann auch noch Probleme zu Lasten der unschuldigen Tiere.

    • Nun in dem Fall geht es mehr um die Kosten die Tiere verursachen. Diese sind neben den unfassbaren, unfairen und keineswegs in irgendeiner Form zu rechtfertigen, durch die Bundesregierung nahezu geförderten Preissteigerungen, für viele ein Problem geworden. Wenn ich mich für die nächsten sechs jahre auf ein Einkommen auf Kosten des Steuerzahler von ca. 1,7 Millionen (VdB) verlassen kann, dann würden vermutlich sehr wenige ihre Tiere abgeben. Diese Bundesregierung hat an all den zukünftigen Abgaben, Aussetzungen und Tötungen Mitschuld. Diese momentane Situation ist eine Enteignung unter verschiedenen Vorwänden. Ihr Ansatz ist natürlich nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Dennoch bedenkenswert, die Aussichtslosigkeit der sich mittlerweile viele gegenüber sehen. In meinem Betrieb habe ich bereits begonnen unseren Angestellten, kostenlos Gutscheine für eine namhafte Tierversorgungskette zur Verfügung zu stellen und das obwohl wir tatsächlich ordentliche Gehälter bezahlen. Sie sehen also es liegt bei manchen tatsächlich eine aussichtslose Notsituation vor. Erst vor drei Wochen habe ich eine Tierarztrechnung einer Angestellten im 4 stelligen Bereich übernommen, weil sie sich das nicht leisten konnte (Alleinerziehende mit 2 Kindern und Hund, der schwer verletzt wurde und nebenbei den Kredit des kürzlich verstorbenen Gatten zu berappen hat).

          • Das ist eine sehr differenziert zu betrachtendende Frage. Ich könnte Ihnen jetzt von erheblichen Preisunterschieden zwischen Österreich und beispielsweise Polen berichten, worauf Sie berechtigterweise mit den Erhaltungs- und Personalkosten der jeweiligen Länder kontern würden. Tatsächlich ist auch innerhalb des österreichischen Bundesgebiet ein recht deutliches, unterschiedliches Preisniveau festzustellen, zwischen beispielsweise der Tierklinik in 1030 Wien und einer kleinen Tierärztin am Stadtrand. Da muss man dann natürlich die jeweiligen Behandlungsmöglichkeiten beachten, nicht zuletzt aufgrund des notwendigen Equipments für manche schwerwiegenden Eingriffe. Generell finde ich solche Vergleiche recht schwierig.

      • stimmt.
        manche leute meinen allerdings dass tiere zu ihrer unterhaltung da sind.
        zb haben schüchtene tiere in den tierheimen geringe chancen auf einen lebensplatz, weiter behinderte, schwarze hunde und katzen.
        ein jammer, wir krone der schöpfung.

        • Schwarze Katzen sind meiner Erfahrung nach sogar beliebt, allerdings ist die Klientel die sich eben diese besorgen möchten, sagen wir, “manchmal etwas zwielichtig.”

  4. Nachdem das internationale Finanzkapital Griechenland in die grosse Armut getrieben hatte, es ist nicht so lange her, da haben Mütter ihre Kinder in Kinderdörfern abgeben wollen,

    • Aha, und ich dachte immer Korruption und eine unfähige Regierung seien daran schuld gewesen und das “internationale Finanzkapital” hätte Griechenland wieder auf die Beine geholfen…

      • Nein das war schon etwas komplizierter. Letzten Endes hatten große Banken v.a. Deutschlands und Frankreichs ein sehr großes Problem. Wie konnte man aber als Neocon Banken mit Steuergeld retten ohne sein Gesicht zu verlieren?
        Es war damals erschütternd mit welcher Gehässigkeit im deutschen Boulevard, später Mainstream medial Stimmung gegen die griechische Bevölkerung geschürt wurde. In Österreich kam das erst mit geraumer Verzögerung aber doch. Die griechische Bevölkerung hatte 0 von den Rettungsschirmen. Gerettet wurden (mit unserem Steuergeld) die Investoren inkl. späte Spekulation auf Staatsanleihen.
        Yannis Varoufakis hat ein lesenswertes Buch über seine Zeit als FM geschrieben. Titel “adults in the room”. Ich weiß V. ist kein Sympathieträger, er wurde medial ruiniert (Beinschab Tool schau owa). Ich empfehle dieses Buch. Es ist kein primitives EU Bashing. Es ist ein eye-opener, vielleicht.

  5. Wenn du einen Freund brauchst, schaffe dir einen Hund an. Aber dann musst du ihn auch wie einen Freund behandeln. Zum modischen Angeben ist eine Handtasche von Gucci pflegeleichter. Für mich sind Hunde, bei aller Freundschaft, auch Nutztiere. Eine bessere Grundstückssicherung und Alarmanlage gibt es kaum.

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