Samstag, April 27, 2024

Alles Bestens! LG, Ihre ÖVP

Die massive Teuerung setzt den Menschen immer noch zu. Während Armutsbetroffene gerade über die Runden kommen, rückt eine Flugreise auch für die Mittelschicht in immer weitere Ferne. Die Regierung applaudiert sich selbst.

Seit zwei Jahren begleiten uns die Teuerungen. Bereits im Dezember 2021 gab es die ersten Berichte und mahnenden Worte dazu. Der Großteil der Bevölkerung hatte sie damals vorwiegend bei den Treibstoffpreisen wahrgenommen, die um 32,9 % gegenüber dem Vormonat gestiegen waren. Wir erinnern uns alle an die Schlagzeilen und Debatten über Preisbegrenzungen, Förderungen und so weiter. Oder auch an die ersten Warnrufe wegen der hohen Anstiege bei den Gaspreisen, die das Heizen für viele bereits zum Luxus gemacht hatten.

Teuerungen beim täglichen Einkauf (der sogenannte Mikrowarenkorb, also Lebensmittel, Kaffee im Kaffeehaus, Treibstoff) lagen bei plus 3,9% gegenüber dem November 2021, Teuerungen beim Miniwarenkorb (ein Wocheneinkauf inkl. Nahrungsmittel, Dienstleistungen und Treibstoff) hingegen bereits bei plus 10%.

Seit zwei Jahren also sind wir mit massiv steigenden Preisen konfrontiert. Und wenn zu Beginn Armutsbetroffene auf den Anstieg im Lebensmittelbereich aufmerksam gemacht haben, wurden sie mit einem lapidaren “das bildet ihr euch nur ein, das ist nur vorübergehend, das betrifft nur ganz wenige, die das spüren” abgespeist. Weil? Weil es eben eine Schicht betraf, die niemand wahrnimmt. Die vor allem niemand ernst nimmt.

Statistisches Eigenlob

Die offiziellen Zahlen sind nicht dramatisch angestiegen. Der Anteil an Armut in Österreich ist ungefähr gleichgeblieben, was vor allem mit den inflationsangepassten Löhnen und Einmalzahlungen via Gießkanne zu tun hat. Doch diese Zahlen sagen nur, wer mit dem Einkommen über oder unter der Grenze liegt. Sie berücksichtigen nicht, wie viel nach Abzug der Fixkosten noch zum Leben bleibt. Und hier zeigt sich vor allem eines: es sind immer mehr, denen zum Leben zu wenig bleibt. Das geben die Zahlen der Beratungsstellen her, der Sozialmärkte und NGOs, die mit bis zu 50% mehr Anfragen zu kämpfen haben.

Und wie es jenen geht, die schon vor Beginn der Inflation kaum übers Monat kamen….das werden nicht gern gezeigt. Denn Armut, die gibts doch nicht bei uns. Österreich ist doch so gut durch die Krise gekommen. Die Arbeitslosenzahlen steigen, die Wirtschaft schwächelt, aber unser Arbeitsminister findet, wir haben das toll gemacht. Wir? Was hat diese Regierung denn gemacht außer den statistischen Status Quo zu erhalten? Und wohlgemerkt: man darf nicht hinter die Zahlen blicken, denn dann offenbart sich die Realität. In der selbst die Mittelschicht auf Zuschüsse und Unterstützungen angewiesen ist.

Wir haben die Kaufkraft erhalten! LG ihre ÖVP

Die Zahlen für 2023 werden voraussichtlich nicht mehr so rosig sein. Das zeigt sich schon an der Kaufkraft. 50% der Menschen haben an Kaufkraft eingebüßt (ja, ich weiß, die ÖVP rühmt sich damit die Kaufkraft erhalten zu haben, erwähnt aber nur in einem kleinen Beisatz, dass dies für 50% gelte). Die Hälfte der Bevölkerung kann sich also von ihrem Einkommen immer weniger leisten. Logisch, wenn der Großteil davon für Miete, Strom, Heizung, Treibstoff und Lebensmittel draufgeht. Es bleibt nicht mehr viel, um Rücklagen beiseite zu legen.

Das ist der Punkt, der uns alle nervös machen sollte. Viele kommen noch über die Runden weil sie einen Überziehungsrahmen haben, oder weil sie Abos kündigen, das teure Auto gegen ein billigeres tauschen, auf Urlaub verzichten…Aber wie lange können sich Menschen noch einschränken? Wann ist der Punkt erreicht, an dem das Einsparungspotential ein Ende hat? Was erklärt uns dann diese Regierung? Dass sie alles richtig gemacht haben? Dass die Menschen zu unfähig sind, mit Geld umzugehen? Oder dass sie einfach fleißiger sein müssen?

Und während sich eine ÖVP dafür rühmt “erfolgreich” die Inflation halbiert zu haben, stehst du beim Einkauf im Diskonter vor den Eigenmarken und suchst händeringend diese angebliche Erleichterung. Eines können sie, die Schönredner der Volkspartei: selbst größtes Versagen noch als Erfolg verkaufen. Sie reden es sich zumindest ein. Denn das gemeine Fußvolk sieht nichts von einer Erleichterung. Wir sehen nur, dass die Preise ein bisschen weniger massiv ansteigen.

Soziales Fieberthermometer schlägt aus

Vor zwei Jahren wurden viele noch ausgelacht und als Panikmacher*innen betitelt, weil sei die Teuerungen zum Thema gemacht haben. Weil für sie der Anstieg beim Einkauf schon damals massiv spürbar war. 10 Cent hier, 20 Cent dort. Summen, die unseren Regierungsmitgliedern nicht mal auffallen, weil sie so gering erscheinen. Summen jedoch, die für die untere Einkommensschicht ausmachen, was in der letzten Woche des Monats auf den Tisch kommt.

Armutsbetroffene sind nicht umsonst das soziale Fieberthermometer der Gesellschaft. Sie nehmen als erste wahr, wenn sich etwas verändert. Sie spüren jeden Cent. Und sie haben leider Recht behalten. Die Teuerungen werden bis in die Mitte der Gesellschaft spürbar sein. Ich wünschte, wir hätten Unrecht behalten. Wir sind leider mit einer Regierungspartei konfrontiert, die sich nicht eingestehen will, versagt zu haben. Die niemals auch nur einen Fehler zugeben würde. Und das ist etwas, das ich nie verstehen werde. Sich hinzustellen und alles schönreden, während den Menschen die Perspektiven davonschwimmen und das Einsparungspotenzial bald das Maximum erreicht hat. Nicht den Menschen, nicht den Parteien hat das Beschönigen jemals geholfen. Ist es wirklich schon so verpönt auch mal ehrlich zu sagen: ok, wir hätten vieles anders machen sollen, aber wir haben uns verrannt? Ist das tatsächlich so ein Beinbruch? Oder liegt es einfach in der DNA einer ÖVP, niemals eine Schwäche zugeben zu können? Denn Fehler einzugestehen setzt menschliche Größe voraus. Und die fehlt offensichtlich.

Titelbild: Christopher Glanzl

Daniela Brodesser
Daniela Brodesser
Daniela Brodesser macht als Autorin den Teufelskreis der Armut sichtbar und engagiert sich persönlich gegen armutsbedingte Ausgrenzung und Verzweiflung.
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

16 Kommentare

  1. Also die Teuerungen im Lebensmittelbereich haben schon 2020 begonnen und zwar nach dem ersten Lockdown und nicht erst vor zwei Jahren.
    Zu der Zeit noch “wurden viele noch ausgelacht und als” Schwurbler*innen und Rechtsradikale “betitelt, weil sie die Teuerungen zum Thema gemacht haben”.
    Auch die Pleitewelle rollt wie erwartet durchs Land, aber neiiin -alles doch bloß rechtes Geschwurbel. Wo sind eigentlich jetzt die ganzen Maßnahmen- u. Impfclowns?
    Den Schwürkisen alleine den schwarzen Peter zuzuschieben hat halt auch wieder so einen seltsamen Beigeschmack. Einer allein kann nicht so dämlich sein. Da braucht es schon einen verlässlich- u. ebenso dämlichen Partner und da sind sie ja schon: Die Brünen.
    Wüsste jetzt nicht was die je unternommen hätten um die Inflation und Teuerungen abzufedern bzw. einzudämmen -ganz im Gegenteil. Diese haben noch ordentlich öl ins Feuer gegossen.
    Verstehe auch nicht wieso man andauernd in den Urlaub fliegen muss. Ich find es nur in Österreich schön, alles andere gefällt mir aber schon überhaupt nicht.

  2. LG REGIERUNG!
    Der Jammer ist, die einen kleben sich auf die Straße für einen guten Zeck, diese NICHT Regierung denkt mit Stillstand löst sich das immer größer werdende Armutsfenster von alleine, ein Almosen hier ein Almosen dort, sie sind nichts als eigennützige Sesselkleber, denn ihre viel zu hohen Gehälter und vor allem Pensionsregeln werden sie auch in Zukunft nicht an der Armut teilnehmen!
    ÖVP > streicht endlich das “Christlich- Soziale” aus eurer Parteiideologie!
    Das habt ihr längst verwirkt, ihr könnt es zwar in netten Broschüren schönschreiben, wie unten ein Auszug davon, das liest sich nett, aber die Partei agiert Diametral dazu, in Wahrheit, wer glaubt den noch euren theoretischen Schmus, vollkommen verlogen!
    Von den Türkiesschwarzen Verwirrungen gar nicht zu sprechen!

    Auszug aus: “Werte und Grundsätze der Volkspartei”

    “Solidarität ist ein wesentlicher Bestandteil einer menschengerechten Wirtschaft . Zusammenhalt und Unter- stützung von Mitmenschen vor allem in Notlagen . Vom leichtesten Fall der Höflichkeit über Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe bis zur moralischen Pflicht.”

    Erkennt ihr in den frommen Versprechungen diese Umsetzung in Nehammers Politik?

  3. Wir haben eine Regierung, die will, dass es sich alle selber richten. Wir haben also eine Regierung, die meint, die Regierung braucht es nicht. Dieses dolce far niente der Regierung ist geradlinig. Sie kriegen dafür das Geld, das sie denen nicht zugestehen will, die es ihnen geben. Wer nichts tut, kann keine Fehler machen, lautet das Motto. Irgendwie wird es sich schon ausgehen. Irgendwem wird schon etwas einfallen, irgendwer wird eine neue Technologie erfinden. So wars ja auch beim Klimaschutz. So isses eigentlich immer.

    Man kann da wohl kaum ohne Zynismus etwas sagen. In Wahrheit haben sie keine Ahnung, wo sie den Hebel ansetzen könnten, um zu einer Verteliungsgerechtigkeit zu kommen. Und wenn man keine Ahnung hat, wie man Gerechtigkeit steuern könnte, dann tut man eben nichts. Und da am Markt stets das Matthäus-Prinzip wirkt, spielt das süße Nichtstun quasi mit unsichtbarer Hand automatisch den reichen Freunden in die Hände. Gehts den Reichen gut, gehts doch allen gut.

    • Tolles Wording! -> Auf den Punkt gebracht den Nagel mitten auf den Kopf getroffen…! (Ein versierter Dachdecker könnte es nicht besser) 👍 -> Wenn sich’s jede/r selbst zu richten hat, hat auch niemand anderes dafür gerade zu stehen, bzw. zu kritisieren oder gar zu politisieren. Musst nur willig “leisten”! (können) “Glaubt an dieses Österreich!!” In der “hohen Politik” gehst du da mit bestem (protektionierten) Beispiel voran – und musst nur mehr “repräsentieren”, Kampagnen lancieren, Slogans dreschen, deine Medienkanäle füttern und Mitstreiter*innen decken – Verantwortung freilich nur mehr delegieren… (auf “den Markt”, die Konjunktur, Brüssel und eigentlich die ganze restliche Welt “da draussen”) Alles bereits großzügig budgetiert und bezahlt – mit hochbesteuerter, inflationsgetriebener Arbeitsleistung und wenig (bis gar nicht) versteuerten Finanzdienstleistung / -Vermögen. So geht Österreich – glaubt endlich daran!

  4. Wir fahren bald mit Lastenfahrrädern in den Urlaub.
    Die Busse soll man zumindest in den Außenbezirke meiden, wenn man nicht will dass Risse der Häuser am Straßenrand größer werden. Offenbar sind die Feldwege damals bei der Stadterweiterung nur mit einem dünnen Straßenunterbau versehen worden und seit dem EU-Beitritt und den folgenden Sparprogrammen (ÖVP-FPÖ) kein Geld vorhanden gewesen um eine Basis für die Erweiterung des öffentlichen Verkehrs zu legen.

      • Je mehr einsteigen, desto länger sind die Aufenthalte in den Stationen und desto schneller muss der Bus fahren um den Fahrplan einzuhalten.
        Es ist nicht nur der Bus sondern auch seine Geschwindigkeit auf den schlechten Straßenbelägen.
        Kaum zu glauben, aber es ist so. Die Tische vibrieren, die Regale wackeln. Einen sensiblen Schlaf darf man auch nicht haben.

      • @Thor’s Nehammer
        Das vielleicht nicht aber stellen Sie sich nur vor es rennen auf einmal ganze Rudel vom Typ der deutschen Brünen Ricarda Lang herum.
        Womöglich könnten wir da halt schon ein supermassives Problem bekommen.
        Nicht umsonst spreche ich mich schon lange gegen Schwarze Löcher aus.

  5. Danke, dass wenigstens Sie nicht müde geworden sind, auf diese Unfasslichkeiten weiter aufmerksam zu machen.
    Die gekauften Medien wollen uns täglich ins gegenteilige Gefühl oft richtig gehend hineinmanipulieren…
    Aber umso mehr und umso stärker wird die Gegenbewegung dann werden, wenn es dann vermutlich dann schlagartig so richtig bergab geht?
    Wie schon einmal angesprochen, geht es beispielsweies aber gerade bei Kindern nicht um eine Mahlzeit, sondern vor allem um eine gesunde Mahlzeit, wenn diese überhaupt noch eine solche bekommen…

    Denn so soll die Kaufkraft auch trotzdem noch weiter erhalten geblieben sein?
    (Wenn die Menschen an der Unterkante des nackten Überlebens schrammen, dann kann die Kaufkraft (zumindest eine Zeit lang) praktisch kaum noch zurückgehen. Sie werden betteln, noch mehr Überstunden machen, Dinge verkaufen, von ihren Verwandten Hilfen erhalten, aber vor allem ihre Ersparniss aufbrauchen müssen – anscheinend sollen eben auch und vermutlich gerade deshalb die Ersparnisse der unteren Haushalte um mindestens 10 Prozent kleiner geworden sein und da wird vermutlich noch nicht die Inflationsbereinigung mitberücksichtigt sein…
    Also welch prerfide Heuchelei zu diesem Thema und noch immer mit dem Schweigen derer, die angeglich ihre Geld deshalb verdienen, da sie so etwas bereits präfentiv verhindern wollten!!!!!

    Ich war immer gegen die Todesstrafe und werde das auch weiter bleiben. – Aber irgendwann kann ich mir nicht mehr vorstellen, dass wenn die rote Linie einmal richtig überschritten ist, dass das dann noch von allen schwer betroffenen Menschen und vor allem wenn diese nichts mehr zu verlieren haben, dann noch so gewährleistet bleiben wird?

    https://www.youtube.com/watch?v=CwP9T_Jsklw
    Engel komm, Engel kommt…

  6. Empathie, Entschuldigen, Fehler zugeben – dieses Gen besitzt diese Damen und Herren dieser Partei nicht. Aber Verhöhnung, Augenauswischerei, Schönfärberei, Blenderei etc etc, da laufen sie zur Hochform auf.

  7. Menschliche Größe? Bei der ÖVP? Wo denken sie hin… Die Kaufkraft ist gesunken und die Arbeitslosenrate steigt. Im Industrieland OÖ ist die Kündigungswelle bereits angelaufen. Nicht umsonst gibt sich die IV bei den derzeitigen Lohnverhandlungen so siegessicher. Aber es ist ja auch nicht von der Hand zu weisen, dass wir ein Exportland sind und damit in internationalem Wettbewerb stehen, mit Ländern deren Inflationsrate viel niedriger ist als unsere. Angesichts dieser Tatsache muss man sich immer wieder fragen, wie deppad muss man eigentlich sein, die Inflation einfach so laufen zu lassen ? Ach ja natürlich, man hat gemeint, die dummen Arbeitnehmer werden Reallohnverluste in guter alter österreichischer Tradition einfach so hinnehmen, weil die Zeiten halt sooo schlecht sind und wir “alle” den Gürtel enger schnallen müssten. Schließlich haben sie auch Schüssels Sparpakete in Demut angenommen…. und selbstverständlich sollen die Leute trotzdem an dieses “Österreich” (oder die ÖVP?) glauben ……..ja sogar den Leopold Figl hat man bemüht um das den Leuten klar zu machen…. Aber die Schmid Chats, Benko, Kurz und Co. haben ganze Arbeit geleistet und damit scheints vorbei zu sein mit der guten alten österreichischen Tradition ….und was nun kommt hat allein die ÖVP zu verantworten.

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Benkos Luxusvilla in Italien

Denn: ZackZack bist auch DU!