Oppositionsschelte für Brunner-Budget:
Das Budget für 2023 ist offiziell und vor allem durch die aktuellen Krisen geprägt. Die Opposition hat an den Plänen der Regierung allerdings einiges auszusetzen. Im Nationalrat ging es am Mittwoch hoch her.
Wien, 12. Oktober 2022 | Am Mittwoch ist das Budget 2023 im Ministerrat beschlossen und dem Nationalrat übermittelt worden. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hielt aus diesem Anlass seine erste Budgetrede im Parlament. Darin betonte er mehrfach, dass das Budget durch die Corona-Pandemie nach- und durch den Ukrainekrieg akut belastet und geprägt sei, und auch durch die Hilfsmaßnahmen gegen Teuerung und die Pandemie-Verluste. „Whatever it takes“, sagte Brunner. „Aber in meiner Definition heißt es nicht, koste es, was es wolle, sondern das Notwendige zur Verfügung zu stellen.“ Die Opposition kritisierte prompt, dass die Regierung nicht die Ursachen bekämpfe, stattdessen so tue, als sei Geld abgeschafft worden.
Schuldenberg wächst
Aufgrund der „multiplen Krisen“, wie Brunner es ausdrückte, erwartet die Regierung einen Anstieg der Staatsverschuldung auf rund 367 Milliarden Euro bis 2026. Im selben Zeitraum soll die Schuldenquote gemessen am Bruttoinlandsprodukt von 78,3 auf 76,7 Prozent sinken. „Wir können uns nicht aussuchen, in welchen Zeiten wir leben und wir wählen auch als Politiker und Politikerinnen nicht die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind“, rechtfertigte sich Brunner. “Wir erleben die wahrscheinlich schwierigsten Zeiten seit dem Zweiten Weltkrieg.”
Mit den Maßnahmen gehe die Regierung einen „seriösen Weg“, anstatt populären Forderungen Folge zu leisten. Damit sprach Brunner direkt in Richtung der SPÖ-Abgeordneten, die zu Beginn seiner Rede Schilder mit der Forderung „Preise runter, Deckel drauf“ hochhielten, bis Nationalrats-Präsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sie aufforderte, diese hinunterzunehmen.
Mehr für Verteidigung, weniger für Gesundheit
Auch die Corona-Pandemie, die Pflege und der Krieg in der Ukraine sind Schwerpunkte im Budget. Jüngst war bekannt geworden, dass Klaudia Tanner (ÖVP) für das Verteidigungsressort – wenn auch weniger als ursprünglich angekündigt – ein Budget-Plus von 680 Millionen Euro zur Verfügung gestellt bekommt. Brunner argumentierte in seiner Rede, durch den Angriff Russlands auf die Ukraine müsse man die bisherige Einstellung zur Landesverteidigung überdenken.
Für den Gesundheitsbereich soll künftig weniger ausgegeben werden, vor allem, weil im Zusammenhang mit Corona weniger Ausgaben erwartet werden. Insgesamt sind für den Gesundheitsbereich für 2023 2,86 Milliarden Euro eingeplant.
„Die Tatsache, dass Österreich in so einem Ausmaß abhängig ist von Russland, ist nicht Gott gegeben oder vom Himmel gefallen.“
– Beate Meinl-Reisinger, NEOS
Zankapfel Energiekrise
Ein Schwerpunkt im Budget ist die Belastung durch die Energiekrise. Die Sanktionen verteidigte Finanzminister Brunner, der Ruf nach einem Sanktionsende sei „emotional verständlich“. Aber nicht die Sanktionen hätten den Gashahn abgedreht, sondern Wladimir Putin, sagte er. Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas bezeichnete er als „historisch gewachsen“. Das wollte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger so nicht stehen lassen: „Die Tatsache, dass Österreich in so einem Ausmaß abhängig ist von Russland, ist nicht Gott gegeben oder vom Himmel gefallen.“ Ihre Ursache liege in bewussten Entscheidungen von ÖVP, SPÖ und FPÖ.
SPÖ: „Zu wenig, zu spät, zu langsam“
Jan Krainer, SPÖ-Budgetsprecher, stieß sich vor allem an den Maßnahmen der Regierung gegen die Belastungen von Unternehmen und Bevölkerung durch die jüngsten Krisen. Man wiederhole Fehler aus der Covid-Krise und handle „zu wenig, zu spät, zu langsam“.
“Die Bundesregierung hat lange nichts gemacht, jetzt haut sie das Geld beim Fenster raus”.
– Jan Krainer, SPÖ
„Keiner kann den Vorwurf machen, die Regierung gibt zu wenig Geld aus”, wütete er. Vielmehr habe man etwa während der Corona-Pandemie Geld “zum Fenster rausgeworfen”. Während der Energiekrise nehme man Milliarden in die Hand, damit Unternehmen und Haushalte „unnötig hohe Stromkosten“ bezahlen könnten, anstatt das Problem an der Wurzel zu packen. „Sie tun so, als ob das Steuergeld abgeschafft wäre“, regte sich Krainer auf, „Sie fahren Österreich budgetpolitisch an die Wand.“
Meinl-Reisinger: „Wieder einmal die Gießkanne“
Jörg Leichtfried schloss sich an die Kritik seines Parteigenossen an: „In Wirklichkeit ist dieses Budget ein Manifest der Verantwortungslosigkeit, als gäbe es kein Morgen.“ Beate Meinl-Reisinger sagte, wieder einmal würde die “Gießkanne” ausgepackt. Die Regierung setze den „Koste-es-was-es-wolle“-Kurs fort. Sie plädierte dafür, zielgerichtet zu unterstützen.
Und auch, dass die Abschaffung der Kalten Progression mit 2023 ein großer Erfolg sei, wollte die Opposition so nicht stehen lassen. Leichtfried kritisierte, dass es in Krisenzeiten mit Rekordinflation mehr brauche als eine automatische Angleichung um einen Durchschnittswert aus der Vergangenheit. Für Meinl-Reisinger war die Abschaffung der Kalten Progression lediglich ein Verzicht auf eine weitere zusätzliche Belastung. Immerhin, in diesem Punkt gab ihr Brunner in seiner Replik auf die Kritik Recht.
Wie AK und WKO reagieren
Was sagen die großen Interessensvertretungen dazu? Die Arbeiterkammer (AK) sieht einige Lücken im Budget. Neben mehr Geld für den Pflegebereich und für Bildung fehlen der AK konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit.
Deutlich zufriedener ist naturgemäß die Wirtschaftskammer (WKO). “Außergewöhnliche Zeiten verlangen eine außergewöhnliche Budgetpolitik”, wird Präsident Harald Mahrer zitiert. Doch auch ihm fehlen noch einige Maßnahmenumsetzungen: das Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz oder die Veröffentlichung der Richtlinie für den Energiekostenzuschuss zum Beispiel.
(red)
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