Mittwoch, Mai 1, 2024

30 Minuten, dann raus – Knallhart-Autoregel für Innenstadt geplant

30 Minuten, dann raus

Die Zufahrt in die Wiener Innenstadt soll in Zukunft nur noch eingeschränkt möglich sein. Videosysteme sollen dafür sorgen, dass sich im ersten Bezirk nur noch bestimmte Personen mit ihrem Auto dauerhaft aufhalten.

Wien, 14. Oktober 2022 | Die Stadt Wien und der erste Bezirk möchten die Einfahrt in die City beschränken. Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖV) haben am Donnerstag ein entsprechendes Modell präsentiert, das auf einer nun abgeschlossenen Machbarkeitsstudie basiert. Die Überwachung der Zufahrtslimits soll mit Kameras erfolgen. Dazu fehlt jedoch noch die rechtliche Voraussetzung.

Videokontrolle noch nicht erlaubt

Künftig soll es nur mehr Bewohnern, berechtigten Personen oder Menschen, die ihr Fahrzeug in einer Garage parken, erlaubt sein, in die Innenstadt zu fahren. Um dies zu kontrollieren, sollen Videosysteme an den Zufahrten bzw. an den Garagen montiert werden. Man hoffe nun auf den Bund, dass dieser die gesetzliche Voraussetzung für die kamerabasierte Überwachung in der Straßenverkehrsordnung schaffe, hieß es.

Denn derzeit ist ein Zufahrtsmanagement mittels Videoeinsatz noch nicht erlaubt. Anders würden sich die Zufahrtsbeschränkungen aber nicht überwachen lassen, versicherte Sima. Ein erstes Verkehrsberuhigungskonzept – präsentiert noch unter Simas Vorgängerin Birgit Hebein (Grüne) – war vor allem an der Frage der Kontrolle der zahlreichen Ausnahmen gescheitert.

Denn die Regelung ist durchaus komplex. Eine gänzliche Verkehrsberuhigung ist nicht angedacht, sondern eben eine Beschränkung. Bei der Präsentation verwies man heute auf internationale Beispiele. In zahlreichen Städten gebe es bereits solche Konzepte für die Innenstädte, wurde erläutert. Vergleichbar ist das System demnach auch mit der Section Control der Asfinag. Sima betonte, dass für den Kameraeinsatz eine Novelle der StVO nötig wäre: “Das war von Anfang an klar.” Sie zeigte sich aber zuversichtlich, dass es zu einer solchen kommen wird. Verwiesen wurde heute auf ein von Städtebund und Klimaschutzministerium in Auftrag gegebenes Datenschutzgutachten. Dieses habe grünes Licht für die Maßnahme gegeben, hieß es.

Maximal 30 Minuten Aufenthalt

Falls das Modell umgesetzt wird, dürfte im Prinzip weiterhin jeder in die Innenstadt einfahren. Wenn die Person nicht dort wohnt oder keine anderweitige Berechtigung zum Parken an der Oberfläche hat, muss aber umgehend eine öffentliche oder private Garage aufgesucht werden. Aus diesem Grund sollen auch an den Einfahrten in derartige Parkanlagen Kameras angebracht werden, mit denen die Kennzeichen gescreent werden. Das IT-System gleicht die Fotos automatisch ab. Nummerntafeln etwa von Anrainern sind dort als ausgenommen gespeichert.

Lieferanten oder Taxis dürfen weiterhin wie bisher in der City unterwegs sein – genauso wie natürlich Einsatzfahrzeuge oder die Müllabfuhr. Auch Hol- und Bringverkehr für mobilitätseingeschränkte Personen ist gestattet. Das bedeutet: Wer innerhalb von 30 Minuten wieder aus der City ausfährt, darf sein Gefährt zumindest kurzfristig auch auf “normalen” öffentlichen Parkplätzen abstellen.

Zufahrten zu Hotels sind mit Berechtigung ebenfalls erlaubt. Vorgeschlagen wird in der Machbarkeitsstudie allerdings auch die Sperre mancher Zu- und Ausfahrtsstraßen in den bzw. aus dem ersten Bezirk. Die bestehenden 34 Verbindungen sollen auf 26 reduziert werden.

System kostet rund 12 Millionen Euro

Laut Sima fahren täglich 53.000 Kraftfahrzeuge in den ersten Bezirk. Bei einer Umsetzung der Pläne geht man nun davon aus, dass diese Anzahl um ein Drittel reduziert werden könnte – wobei zusätzlich noch viele Einfahrten auf direktem Weg in eine Garage führen würden, wie betont wurde. Sollte die gesetzliche Voraussetzung geschaffen werden, will die Stadt rasch eine Ausschreibung starten.

Noch offen sind die möglichen Kosten. Sie wurden heute mit rund 12 Mio. Euro für die Errichtung des Systems beziffert. Für den Betrieb wäre demnach mit rund 2 Mio. Euro jährlich zu rechnen. Wobei man hofft, eventuell auch günstiger auszusteigen. Denn es gebe hier laufend technische Weiterentwicklungen, hielt Sima fest.

Bezirkschef Figl zeigte sich überzeugt, dass die Verkehrsberuhigung eine Voraussetzung für Umgestaltungen an der Oberfläche wäre. Der frei werdende Platz könne klimafreundlich gestaltet werden, betonte er.

(apa/red)

Titelbild: ZackZack/Christopher Glanzl

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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23 Kommentare

  1. Was genau meinen die mit “Innenstadt”?? Was ist mit Terminen, muss man da eine Extrastunde im Seuchenschutzanzug am Lastenrad einplanen?

  2. Seit die kleinen gschäftln im 1. bez. vertrieben wurden und die russen eingefallen sind, interessiert er mich nicht mehr, seit mehr als 15 jahren.
    War früher gern dort.

  3. Eine Knallhart-Politik-Aus-Regel für Sima würde ich als ersten notwendigen Schritt erachten.
    Danach kann bzw. muss man mit den umliegenden Bezirken diskutieren, falls man eine Umschichtung des Autoverkehrs vom ersten in andere Bezirke andenkt. Es würde vollkommen reichen, die fehlnavigierten Touristenbusse endlich aus der Innenstadt zu entfernen.

    • Ich würde das nicht als knallhart bezeichnen, was Sima da veranstaltet. 30 Minuten Aufenthalt. Ähem. Die Leute fahren einfach gern an den schönen Faßaden vorbei. An der Verkehrsdichte wird sich dadurch nichts ändern. Denn diese Menschen wollen nur eines nicht: In Berührung mit anderen Menschen kommen. Es gibt sonst keinen Grund, in der Innenstadt mit dem Auto zu fahren.

      Transporte sind sowieso ausgenommen, Einsatzfahrzeuge auch.

  4. Ich bin dafür dass man es umgekehrt macht:
    In gesamt Wien darf man sich mit dem Auto nur 30 Minuten aufhalten – außer im 1.Bezirk, dort darf man sogar auch rund um die Uhr uneingeschränkt gratis Parken, Ausnahme: man ist im 1. Bezirk wohnhaft. In diesem Fall kostet das Parkpickerl +500% (wegen der Inflation). Zusätzlich werden im ersten Bezirk sämtliche Fussgängerzonen zu Parkplätzen umgewidmet, auch vor Ausfahrten soll das Parken uneingeschränkt erlaubt werden. 👍

    • Mhmm. Dem kann ich etwas abgewinnen. Das würde vielen zu denken geben. Und einmal umgesetzt, sind alle froh über ihre schöne und ruhige Wohngegend. Und der 1. Bezirk löste sich von selbst. Denn diese Verkehrsdichte brächte den Verkehr zum Erliegen. Passt, macht Sinn.

  5. Autos brauchen einfach zu viel Platz, das wird sich im urbanen Raum nicht mehr ausgehen und auch auf dem Land wird man umdenken müssen. Auch hier protestieren mittlerweile die Bauern.

    • Im Ernst? Die Bauern protestieren am Land wegen des vielen Verkehrs? Oder den zahlreichen PKW’s die ihnen die Zufahrt zu den Feldern verparken? Wo ist das denn bitte? Kann man ein Bild oder einen Beitrag über solche Vorfälle irgendwo nachlesen? Klingt nämlich unglaublich interessant für einen auf dem Land lebenden Menschen wie mich.

    • Und sie kosten den Fußgängern sehr sehr viel Zeit. Also in der Stadt. Täglich gehen zwischen 30 und 60 Minuten nur dafür drauf, dass man wartet, bis die Autos stillstehen und die Ampeln einen sicheren Übergang suggerieren. Das, was wirklich aufhält und von der Arbeit abhält, sind die massenhaften Autos.

    • haben Sie wirklich keinen Link zu den von Ihnen behaupteten Bauernprotesten? Alles nur Schwurbelei von Baer? Geh, kann ich doch nicht glauben.

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