30 Minuten, dann raus
Die Zufahrt in die Wiener Innenstadt soll in Zukunft nur noch eingeschränkt möglich sein. Videosysteme sollen dafür sorgen, dass sich im ersten Bezirk nur noch bestimmte Personen mit ihrem Auto dauerhaft aufhalten.
Wien, 14. Oktober 2022 | Die Stadt Wien und der erste Bezirk möchten die Einfahrt in die City beschränken. Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖV) haben am Donnerstag ein entsprechendes Modell präsentiert, das auf einer nun abgeschlossenen Machbarkeitsstudie basiert. Die Überwachung der Zufahrtslimits soll mit Kameras erfolgen. Dazu fehlt jedoch noch die rechtliche Voraussetzung.
Videokontrolle noch nicht erlaubt
Künftig soll es nur mehr Bewohnern, berechtigten Personen oder Menschen, die ihr Fahrzeug in einer Garage parken, erlaubt sein, in die Innenstadt zu fahren. Um dies zu kontrollieren, sollen Videosysteme an den Zufahrten bzw. an den Garagen montiert werden. Man hoffe nun auf den Bund, dass dieser die gesetzliche Voraussetzung für die kamerabasierte Überwachung in der Straßenverkehrsordnung schaffe, hieß es.
Denn derzeit ist ein Zufahrtsmanagement mittels Videoeinsatz noch nicht erlaubt. Anders würden sich die Zufahrtsbeschränkungen aber nicht überwachen lassen, versicherte Sima. Ein erstes Verkehrsberuhigungskonzept – präsentiert noch unter Simas Vorgängerin Birgit Hebein (Grüne) – war vor allem an der Frage der Kontrolle der zahlreichen Ausnahmen gescheitert.
Denn die Regelung ist durchaus komplex. Eine gänzliche Verkehrsberuhigung ist nicht angedacht, sondern eben eine Beschränkung. Bei der Präsentation verwies man heute auf internationale Beispiele. In zahlreichen Städten gebe es bereits solche Konzepte für die Innenstädte, wurde erläutert. Vergleichbar ist das System demnach auch mit der Section Control der Asfinag. Sima betonte, dass für den Kameraeinsatz eine Novelle der StVO nötig wäre: “Das war von Anfang an klar.” Sie zeigte sich aber zuversichtlich, dass es zu einer solchen kommen wird. Verwiesen wurde heute auf ein von Städtebund und Klimaschutzministerium in Auftrag gegebenes Datenschutzgutachten. Dieses habe grünes Licht für die Maßnahme gegeben, hieß es.
Maximal 30 Minuten Aufenthalt
Falls das Modell umgesetzt wird, dürfte im Prinzip weiterhin jeder in die Innenstadt einfahren. Wenn die Person nicht dort wohnt oder keine anderweitige Berechtigung zum Parken an der Oberfläche hat, muss aber umgehend eine öffentliche oder private Garage aufgesucht werden. Aus diesem Grund sollen auch an den Einfahrten in derartige Parkanlagen Kameras angebracht werden, mit denen die Kennzeichen gescreent werden. Das IT-System gleicht die Fotos automatisch ab. Nummerntafeln etwa von Anrainern sind dort als ausgenommen gespeichert.
Lieferanten oder Taxis dürfen weiterhin wie bisher in der City unterwegs sein – genauso wie natürlich Einsatzfahrzeuge oder die Müllabfuhr. Auch Hol- und Bringverkehr für mobilitätseingeschränkte Personen ist gestattet. Das bedeutet: Wer innerhalb von 30 Minuten wieder aus der City ausfährt, darf sein Gefährt zumindest kurzfristig auch auf “normalen” öffentlichen Parkplätzen abstellen.
Zufahrten zu Hotels sind mit Berechtigung ebenfalls erlaubt. Vorgeschlagen wird in der Machbarkeitsstudie allerdings auch die Sperre mancher Zu- und Ausfahrtsstraßen in den bzw. aus dem ersten Bezirk. Die bestehenden 34 Verbindungen sollen auf 26 reduziert werden.
System kostet rund 12 Millionen Euro
Laut Sima fahren täglich 53.000 Kraftfahrzeuge in den ersten Bezirk. Bei einer Umsetzung der Pläne geht man nun davon aus, dass diese Anzahl um ein Drittel reduziert werden könnte – wobei zusätzlich noch viele Einfahrten auf direktem Weg in eine Garage führen würden, wie betont wurde. Sollte die gesetzliche Voraussetzung geschaffen werden, will die Stadt rasch eine Ausschreibung starten.
Noch offen sind die möglichen Kosten. Sie wurden heute mit rund 12 Mio. Euro für die Errichtung des Systems beziffert. Für den Betrieb wäre demnach mit rund 2 Mio. Euro jährlich zu rechnen. Wobei man hofft, eventuell auch günstiger auszusteigen. Denn es gebe hier laufend technische Weiterentwicklungen, hielt Sima fest.
Bezirkschef Figl zeigte sich überzeugt, dass die Verkehrsberuhigung eine Voraussetzung für Umgestaltungen an der Oberfläche wäre. Der frei werdende Platz könne klimafreundlich gestaltet werden, betonte er.
(apa/red)
Titelbild: ZackZack/Christopher Glanzl