Samstag, Juli 27, 2024

Die E-Auto Reichweitenlüge

Elektroautos liegen im Trend. Doch sie sind für viele Strecken vollkommen unbrauchbar. Oftmals wird von den Herstellern bei der Reichweite scheinbar getrickst. Nach ersten Gerichtsurteilen mussten Händler E-Autos deshalb zurücknehmen.

Das Oberlandesgericht Linz entschied in einem vielbeachteten Urteil 2022, dass der Händler eines VW E-Golfs das Auto zum beinahe vollen Preis vom Käufer zurücknehmen müsse. Der Grund: Das Auto konnte die versprochene Reichweite bei Weitem nicht einhalten. Anstelle der versprochenen 230 Kilometer Reichweite, konnte das Auto nur 120 Kilometer zurücklegen.

Solche Urteile sind in Europa bisher selten. Das Urteil aus Linz war eines der ersten im deutschsprachigen Raum.

Problemfall WLTP-Test             

Das Urteil vom Oberlandesgericht Linz wird voraussichtlich nicht das letzte seiner Art sein. Denn die Reichweitenangabe nach dem international angewandten WLTP-Test ist oftmals mangelhaft und weist starke Abweichungen zwischen Laborbedingungen und Realität auf.

WLTP steht für “Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure”. Nur noch Autos, die sich dem WLTP unterzogen haben, werden zugelassen. Ziel des von der EU-Kommission entwickelten Testvorgangs ist es, realistische Verbrauchsangaben für die Nutzer bereitzustellen.

Innerhalb von 30 Minuten werden 23,25 Kilometer zurückgelegt. Die mittlere Geschwindigkeit beträgt 46,5 km/h, kurzzeitig wird auch auf bis zu 131 km/h beschleunigt.

Die Crux: Viele Autohersteller optimieren die Autos für den WLTP-Test so, dass die Leistung während des Tests unrealistische Daten zutage fördert. So sind die Autos etwa oftmals mit einer Innenausstattung versehen, die deutlich leichter ist, als beim Kauf des Autos. Außerdem ist beim WLTP die Außentemperatur, die für die Reichweite von E-Autos besonders relevant ist, mit 23 und 14 Grad Celsius eine für die Autos günstige.

Gutachten verheerend

Nun könnte bald ein weiteres, ähnliches Urteil aus Oberösterreich folgen. Eine Familie kaufte sich einen elektrischen Citroën, der laut Autohändler 400 Kilometer weit fahren sollte. Er schaffte unter realen Bedingungen nicht einmal die Hälfte davon. Die Familie zog deshalb vor Gericht, will die Kosten für das Auto ersetzt haben. Der Gutachter meint zu dem Auto laut „Krone“: „Ich weiß nicht, wie der Autohersteller auf die angegebene Reichweite kommt. Das kann sich nicht ausgehen“. Die verbaute Batterie könne diese Reichweite niemals einhalten. Gute Nachrichten für die oberösterreichische Familie, die den Citroën womöglich zum fast vollen Kaufpreis zurückgeben kann.

Anwalt: Oberster Gerichtshof gefragt

Alexander Holzleitner, Geschäftsführer der „Poduschka Anwalts mbH“, die die Kläger in beiden genannten Fällen vertritt, hofft ein baldiges Urteil des Obersten Gerichtshofs. Zu klären sei, ab wann eine Abweichung von der WLTP-Angabe ein beeinträchtigender Mangel ist, der zur Rückgabe des Autos berechtigt. Holzleitner hoffe im Gespräch mit ZackZack auf einen „OGH-Spruch bezüglich einer 10- oder 15 Prozent Schwelle“. Damit ist gemeint, dass eine Abweichung zwischen Realität und WLTP um zehn oder 15 Prozent, einen ernsthaften Mangel bedeutet.

Holzleitner weist aber auch darauf hin, dass man Realität und WLTP nicht eins zu eins vergleichen könne. Vielmehr gilt es, den WLTP-Test selbst in der Realität durchzuführen. Denn „der Prüfwert ist oft schon falsch“. Oft würde sich dann herausstellen, dass die Reichweite laut WLTP-Test unrealistisch ist.

Der Anwalt sieht auch die Verkäufer in der Pflicht. Die „Händler sind in der Bringschuld, besser aufzuklären, den Kunden bei E-Autos klarzumachen, die Fahrweise zu verändern.“

Denn schließlich bleiben die Händler bei den bisherigen Urteilen die Geschädigten. Für die Hersteller gibt es bei Abweichungen zwischen Realität und Test noch nichts zu befürchten.

Titelbild: pixabay

Autor

  • Daniel Pilz

    Taucht gerne in komplexere Themengebiete ein und ist trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm stecken geblieben.

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