Dienstag, Oktober 8, 2024

Was die Parteien am U-Ausschuss ändern wollen

Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat erneut vorgeschlagen, die Geschäftsordnung für U-Ausschüsse zu reformieren. Die anderen Parteien halten nichts von seinen Vorschlägen. Aber auch sie wollen Änderungen.

Wien, 14. Oktober 2022 | U-Ausschuss Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat in einem Interview mit der Kleinen Zeitung jüngst wieder eine Reform der Geschäftsordnung für U-Ausschüsse angesprochen. Konkreter Vorschlag: Die Fraktionen sollen dem Vorsitz ihre Hauptfragen im Voraus vorlegen. Während des Ibiza-U-Ausschusses hatte Sobotka mit der Idee aufgeregt, die Wahrheitspflicht abzuschaffen. Grüne, NEOS, FPÖ und SPÖ halten auch von seinem jüngsten Vorschlag nichts. „Das kann er sich abschminken“, findet konkret Kai Jan Krainer, Fraktionsführer der SPÖ. Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsführer, findet die Idee undemokratisch: „Das sind ständestaatliche Zustände.“

Aber die Fraktionsführer können sich sehr wohl vorstellen, über gewisse Änderungen zu reden, wie ZackZack auf Nachfrage erfuhr. Ein Anliegen zieht sich durch alle Fraktionen: Die Live-Übertragung von Untersuchungsausschüssen.

Live, sofern öffentliche Person

„Wir halten im Moment die Frage der Liveübertragung für sehr drängend“, so Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen. Damit könne sich die Bevölkerung ein Bild davon machen, was im U-Ausschuss passiere. Hafenecker ist überzeugt, dass damit gewisse Praktiken keine Chance mehr hätten. „Wenn ein Gernot Blümel vor laufender Kamera erklärt, er habe keinen Arbeitslaptop, ist er rücktrittsreif“, so der FPÖ-Abgeordnete.

Der Idee, den U-Ausschuss im Fernsehen zu übertragen, wird vor allem der Persönlichkeitsschutz entgegengesetzt. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper kann sich als Lösung vorstellen, dass die Übertragung zeitversetzt stattfindet. Die anderen Fraktionsführer schlagen vor, dass man bei den Übertragungen zwischen Auskunftspersonen differenziert, die ohnehin stark in der Öffentlichkeit stehen, etwa Minister, und etwa „gewöhnlichen Beamt*innen, die im U-Ausschuss sind, weil sie zufälligerweise diesen Job haben und Wahrnehmungen zu ihren Vorgesetzten haben“, wie Tomaselli es formuliert.

Handhabe gegen parteiischen Vorsitz

Auch die Vorsitzführung von Wolfgang Sobotka kommt in den Gesprächen mit ZackZack erneut auf. Sobotka war bereits im Ibiza-U-Ausschuss in die Kritik geraten, diesen nicht objektiv zu führen und aufgrund seiner Nähe zum Untersuchungsgegenstand – er war damals und auch in diesem Ausschuss als Auskunftsperson geladen – befangen zu sein. Sobotka bestreitet das, trotz laufender WKStA-Ermittlungen gegen ihn aufgrund von Chats wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch. Es gilt die Unschuldsvermutung.

SPÖ-Abgeordneter Krainer hat gar teils den Eindruck einer „Tateinheit zwischen Auskunftsperson, Vorsitz und ÖVP-Fraktion“ gewonnen. Krainer ist dafür, dass die einsetzenden Fraktionen die Möglichkeit bekommen, einen Vorsitzenden abzulehnen, wenn sie eine zu große Nähe zum Untersuchungsgegenstand wahrnehmen.

Hangers Trickkiste schließen

Geschäftsordnungs-Meldungen werden bisweilen dafür zweckentfremdet, außerhalb der eigenen Redezeit ein Statement abzugeben. Diesen Trick beherrscht nicht nur die ÖVP, aber vor allem die türkise Fraktion ist zuletzt damit aufgefallen, dass sie dieses Instrument sehr häufig nutzte. Fraktionsführer Andreas Hanger hatte das auch regelmäßig im Vorfeld eines Befragungstages angekündigt. Die anderen Fraktionen wollen, dass solche „Blockaden“ erschwert werden. Denn derzeit ist es stark davon abhängig, ob und wann der Vorsitz dagegen einschreitet. Mit der Reaktionsfreudigkeit von Sobotka sind sie jedenfalls nicht zufrieden.

FPÖ für passiveren Richter

FPÖ-Fraktionsführer Hafenecker wünscht sich auch, dass die Erstbefragung des Verfahrensrichters wegfällt. Aus Sicht der FPÖ hat dieser derzeit eine Zwitterrolle inne: Er starte aktiv, mit den ersten Fragen an die Auskunftsperson, und können dadurch der Befragung auch eine Tendenz vorgeben. Seine primäre Funktion sei aber, das Verfahren zu überwachen und dem Vorsitz beratend zur Seite zu stehen, demnach passiv. Hafenecker plädiert dafür, das Fragerecht den Abgeordneten zu überlassen und dem Richter für den Fall, dass Unklarheiten bestehen, am Befragungsende die Möglichkeit zu geben, ein paar Fragen zu stellen.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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