»Ich glaub´s Ihnen einfach nicht«
Sonntagabend standen auch im ORF die Einvernahmen von Thomas Schmid bei der WKStA “Im Zentrum”. In der Diskussionsrunde kam es zu wilden Auseinandersetzungen zwischen ÖVP-General Christian Stocker und Anti-Korruptionsexperte Franz Fiedler.
Wien, 24. Oktober 2022 | Seit Dienstag letzter Woche dominieren die 15 Einvernahmen von Thomas Schmid samt schweren Vorwürfe gegen ÖVP-Politiker sowie hochrangige Unternehmer die österreichische Innenpolitik. Am Sonntag war dies somit auch das große Thema in der ORF-Sendung „Im Zentrum“. Insbesondere zwei Diskutanten krachten in den 60 Minuten mehrmals aneinander. Der ÖVP-Generalssekretär Christian Stocker und der Anti-Korruptionsexperte und ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler.
ÖVP-General predigt ÖVP-Verteidigung – Experte genervt
Stocker war während der Diskussion vor allem darauf bedacht, die gewohnte ÖVP-Verteidigungstaktik in der Causa Schmid/Kurz herunter zu predigen. Er sei irritiert, dass Informationen aus dem Ermittlungsverfahren öffentlich wurden und das Teilergebnisse als Wahrheit verkauft werden. Entlastungen würden nicht gewertet werden, meinte Stocker.
Fiedler, mittlerweile Ehrenpräsident von Transparency International, war mit zunehmender Diskussion sichtlich von Stockers Phrasen genervt. Die ÖVP müsse „proaktiv“ in ihrer Partei aufräumen und bei Gesetzen für Transparenz mithelfen. Als Beispiel nannte er etwa den Bundesstaatsanwalt, der zwar seit einem Jahr von Justizministerin Alma Zadić geplant sei, jedoch bisher am Widerstand von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und der Volkspartei scheiterte. Fiedler dazu: „Da geht nichts weiter.”
Stocker wiederum betonte, dass es mit dem Medientransparenzgesetz ein Gesetz der Regierung gegen die Inseratenkorruption bereits in Begutachtung sei. Allerdings: In Begutachtung ist dieses Gesetz noch gar nicht.
Auch beim Informationsfreiheitsgesetz zieht es sich bereits seit längerem. Stocker verwies darauf, dass viele verschiedene Parteien, etwa Landes- und Gemeindevertreter dabei ein Wort mitreden und es sich um einen längeren Prozess handelt. Fiedler warf Stocker vor, dass er bereits „die Speisekarte als Menü“ verkaufe – sprich noch nicht fertige Gesetze lobte. Stocker hingegen verteidigte sich vor den Angriffen von Fiedler mit: „Es kann nicht an allem die ÖVP schuld sein.“
Filzmaier für Ethik-Nachhilfe für Politiker
Diesen Satz griff hingegen Politikwissenschaftler Peter Filzmaier gegen Ende der Diskussion auf, um es Stocker um die Ohren zu hauen: “Fast identisch mit der jüngsten Wortwahl von Sebastian Kurz, es könne ja nicht so sein, dass er an allem Schuld sei, was in Österreich passiert – vielleicht gibt’s noch dieselben Skriptschreiber im Hintergrund. Es kann auch nicht sein, dass Lippenbekenntnisse, weiter herhalten müssen“. Filzmaier empfahl der Politik, dass man – wie in der Schule –verpflichtenden Ethik-Unterricht einführe.
Fiedler an Stocker: Ich glaub´s Ihnen einfach nicht
Fiedler holte gegen Schluss noch einmal gegen Stocker aus, als dieser über den Korruptionsindex, in dem Österreich nur auf Platz 13 weltweit liegt, redete. Stocker sprach an, dass man etwas dafür tun werde, dass man im Ranking wieder steigen werde. Fiedler zweifelte an Stockers Wille zur Verbesserung: „Von 100 möglichen Punkten haben wir jetzt 74 (Anm. im Korruptionsindex). Wir hatten vor zehn Jahren 84. Wir haben uns also deutlich verschlechtert. Das hat in der Politik eigentlich niemanden besonders interessiert. Und wenn ich jetzt höre von Politikern, die im Nationalrat vertreten sind: ´Ja, man macht ohnedies alles und wird alles machen´, dann kann ich Ihnen sagen: ´Ich glaub´s Ihnen einfach nicht!´“
Die gesamte Diskussion finden Sie hier.
(bf)
Titelbild: screenshot:ORF/ImZentrum