Sonntag, April 28, 2024

Wieso Thomas Schmid bisher nicht in den ÖVP-U-Ausschuss kam

Mehrmals wurde Thomas Schmid in den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss geladen. Immer sagte er ab. Aus den Akten ist ersichtlich warum er bisher nicht erschien.

 

Wien, 25. Oktober 2022 | Thomas Schmid fasste im August 2022 eine Beugestrafe wegen Nichterscheinens vor dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss. Das Bundesverwaltungsgericht verhängte eine Strafe in Höhe von 6.000 Euro. Schmid war mehreren Ladungen ferngeblieben. Er begründete sein Nichterscheinen damit, dass er im Ausland lebe.

Karners Zaudern

Es entbrannte eine Diskussion über eine Vorführung des Ex-ÖBAG-Chefs. Innenminister Karner gab nach langem Hin und Her schließlich der Landespolizeidirektion Wien den Auftrag, Schmid in Gewahrsam zu nehmen, sobald er österreichischen Boden betrete. Um ihn tatsächlich dann auch dem U-Ausschuss vorzuführen, müssten ihn die Behörden in einem kurzen Zeitfenster rund um den Befragungstag festhalten – alles andere wäre rechtlich unverhältnismäßig.

Am 3. November wird Schmid nun doch in den U-Ausschuss kommen, kündigt er jedenfalls an. Vergangene Woche wurde bekannt, dass Schmid seit Juni 15 mal bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ausgesagt hat und den Kronzeugenstatus anpeile. Schmid belastete in seiner Aussage hochrangige ÖVPler und Unternehmer.

Was die Akten über das Nichterscheinen verraten

Doch wieso blieb Schmid bisher dem Untersuchungsausschuss fern? Dazu gibt seine Einvernahme bei der WKStA Einblick.

Mehrmals merkten die Ermittler nämlich an, dass Schmid mit dem Untersuchungsausschuss in Kontakt treten solle. Insbesondere eine Festhaltung durch die Polizei, die sich in Graz, wo die Vernehmungen der WKStA geheim stattfanden, im selben Gebäude befindet, hätte weitere Ermittlungsschritte gefährden können. Etwaige Ermittlungsschritte gegen neue Verdächtige (Hausdurchsuchungen, Sicherstellungen, etc.) aufgrund der Aussagen Schmids wären so möglicherweise an die Öffentlichkeit gelangt. Zu diesem Zeitpunkt gingen die breite Öffentlichkeit und auch Innenministerium davon aus, dass Schmid sich im Ausland befinde.

Ermittler plädieren mehrmals an Anwalt

Die Korruptionsermittler merkten an, dass eine Festhaltung „nach den bisherigen Erfahrungen unmittelbar darauf einer breiten Öffentlichkeit und somit auch den weiteren Beschuldigten medial bekannt“ werden würde. Auch deswegen teilte man Schmids Anwalt am 15. September zum wiederholten Male mit, dass man nach einer Lösung suchen solle.

Schmids Anwalt erwiderte allerdings am 19. September der WKStA, dass sein Mandant sich nicht mit dem Untersuchungsausschuss in Verbindung gesetzt hätte. Denn Schmid war der Ansicht, dass sich auch, wenn er mit dem Untersuchungsausschuss einen Termin ausmachen würde, an dem Vorführbefehl durch das Innenministerium nichts ändern würde. Die WKStA antwortete, dass sie „diese Ansicht nicht teilt, aber zur Kenntnis nimmt.“

(bf)

Titelbild: HANS PUNZ / APA / picturedesk.com

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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16 Kommentare

  1. Ich habe den leisen Verdacht, dass sich die ÖVP jetzt so für einen Auftritt des Herrn Schmid beim U-Ausschuss einsetzt um Erkenntnisse darüber zu erlagen wo sie angreifbar ist, um dann umgehend die Strategie der “schwarzen Gabi” anzuwenden (es ist nichts mehr da, alles gelöscht).

  2. Da bin ich ja einmal gespannt was da großes rauskommen soll.
    Ich habe immer noch so einen Verdacht dass im Hintergrund noch immer dieselbe Person wie eh u je die Fäden zieht…

  3. Nach dem das alles nun Gott sei Dank umsetzungsreif im Kasten ist, was das allerwichtigste für dieses Land und den betroffenen Bürgern ist, ist mir nun eigentlich egal geworden, warum er nicht im U Ausschuss erschien und ist das ja auch nicht mehr zu ändern.

    Nunmehr rückwärts betrachtet, glaube ich sogar, dass sein Auslandsaufenhalt womöglich sogar ein wichter Teil der nun bekannt gewordenen Vorgangsweise war und man sonst wohl nicht zu diesem Ziel überhaupt gekommen wäre?

    (Vielleicht kommen bald noch mehr Menschen aus dem Ausland als Zeugen zurück? Vielleicht gab es sogar (hoffentlich auch) Zeugenschutzprogramme, wer weiß?)

    • Ich finde Schmids Strategie gut, denn durch den “Auslandsaufenthalt” hat ihn niemand in Österreich vermutet. Somit konnte er unerkannt und vor allem unbeschadet seine Aussagen machen und die WKStA ungehindert die Hausdurchsuchungen durchführen, ohne dass Informationen nach außen drangen. Natürlich muss die WKStA Schmid darauf hinweisen, dass er sich mit dem UA in Verbindung setzen soll, doch ein scheinbar unwilliger, in Amsterdam weilender Schmid hat die Ermittlungen begünstigt.

      Die ÖVP wurde so überrumpelt, dass sich Sobotka am 3. November sogar vertschüsst. Der UA gewinnt durch das umfassende Geständnis von Schmid, der jetzt alles schonungslos aufdecken kann. Das sollte die vergraulten Aufdecker milde stimmen.

      Schmid war von Anfang an dabei – im Außenministerium unter Spindelegger, das die Brutstätte der Türkisen ist. Warum ist Spindelegger zurück (oder doch nur zur Seite?) getreten und hat Kurz promotet? Als Ankermann ist Schallenberg als Teil des innersten Kreises im Außenministerium fixiert, um Ermittlungen erfolgreich zu verhindern. Die Suspendierung von Pilnacek hat bereits die Flanke in Gefahr gebracht, doch mit Thomas Schmid gibt es jetzt einen gefährlichen Mitwisser, der vermutlich die Hintergründe liefern kann, dass die ÖVP eine kriminelle Vereinigung ist. Es liegt an Jan Krainer, Krisper, Hafenecker und Tomadelli, genau diese Fragen zu stellen.

      Das Schmid-Geständnis ist meiner Meinung nach politisch brisanter als Ibiza, denn es geht hier nicht um besoffene Geschichten sondern um bereits vollendete Straftaten zahlreicher ÖVP Funktionäre und deren “Zuhälter” ;-))

      Es gilt natürlich die ach so arg strapazierte Unschuldsvermutung

      • Sehr gut analysiert. Ich sehe das ganz genau so.

        Wenn die Fragen geschickt gestellt werden und die Vorsitzende es zuläßt, dann wären die Wahrnehmungen von damals und damit erste Zeugenaussagen zur kriminellen Organisation wohl auch zu erwarten? Sollte es diese Organisation schon lange gegeben haben, dann wären solche Fragen und Antworten wohl auch nur mehr als legitim?

        • Behinderungen wird es wie immer von Hanger geben. Einerseits durch sinnlosen Konsum von eiegner Fragezeit, andererseits durch permanent eingestreute Fragen zur Geschäftsordnung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle wirklich erforderlichen Fragen in einer einzigen Sitzung behandelt werden können.

  4. Wie Schmid mit einem neu hinzugezogenen Anwalt (parallel zum ÖVP-Anwalt) und der WKStA dieses Ding durchgezogen hat, erinnert mich an die Finesse der “Abholung” von Elsner aus seinem französischen Domizil. Dass die Korruptionspartei, die jahrzehntelang alles penibel geplant und seit Kurz unter Message control perfektioniert zu haben glaubte, derart reingefallen ist, darauf trinke ich einen guten alten Cognac (welchen könnte man nehmen? bitte um Tipps).
    In your face, ihr korrupte Sekte!

  5. Das ist Stoff für mindestens einen Blockbuster plus Fortsetzung.

    *kühlt Getränke ein und manifestiert seine Vorliebe für Schokolade durch den Erwerb unverhältnismäßiger Mengen*

    Mögen die Spiele beginnen…..

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