Montag, September 9, 2024

Schmid ging von Abhöraktion aus – Handy von BKA-Mitarbeiter identifiziert

Handy von BKA-Mitarbeiter identifiziert

Neue Details in der ÖVP-Korruptionsaffäre: Thomas Schmid betonte vor der WKStA, mit einer Abhöraktion gerechnet zu haben. Indes haben die Ermittler einen Kanzleramts-Mitarbeiter als Aufzeichner des Kurz-Schmid-Telefonats ausfindig gemacht.

Wien, 28. Oktober 2022 | Was bislang ein Polit-Krimi war, wächst sich immer mehr zu einem Thriller aus. Es geht um die Abhöraktion von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, der ein Telefonat mit Thomas Schmid am 18. Oktober 2021 offensichtlich aufzeichnen ließ, um sich später damit „entlasten“ zu können.

Schmid ging von behördlicher Telefonüberwachung aus

Zwei Tage nach Veröffentlichung des Abhör-Protokolls musste Thomas Schmid nun erneut vor den Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) aussagen. Wie das „Ö1-Mittagsjournal“ als erstes berichtete, habe Schmid den Ermittlern geschildert, dass Kurz ihn sinngemäß aufgefordert habe, die ganze Schuld auf sich zu nehmen.

Schmid: „Ich bin zur damaligen Zeit, so wie mein gesamtes Umfeld, davon ausgegangen, dass behördliche Telefonüberwachungen laufen. Wir haben zwar bewusst nur mehr über Signal oder WhatsApp telefoniert und gechattet, dennoch wusste keiner, ob man nicht auch das überwachen kann. Ich war daher schon grundsätzlich vorsichtig.“

Bereits in den ersten Minuten habe er, Schmid, den Eindruck gewonnen, dass Kurz das Telefonat aufzeichnen könnte – das war allerdings schon vor der jüngsten Einvernahme bekannt. Kurz habe gesagt, er habe „doch nie einen Auftrag gegeben“ und man habe „nie über Inserate gesprochen“. Wie beurteilt Schmid den Entlastungsversuch?

Schmid: Kurz diktierte mir Text

Der Ex-Kanzler habe ihm, Schmid, sogar einen Text diktiert. „Nämlich, dass ich bestätige, dass er mit dem Beinschab-Tool nichts zu tun habe und auch nichts davon wisse. Ich habe ihm gesagt, dass ich mir das überlegen muss“, so Schmid laut WKStA-Einvernahme-Protokoll.

Schmid sei daraufhin unter Schock gestanden. Es habe sich um eine „Drucksituation“ gehandelt. Da aber sowohl Kurz als auch er, Schmid, gewusst hätten, „dass das Gegenteil der Wahrheit entsprach, habe ich mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen, dass es eine Verteidigungsrede für die überwachende Staatsanwaltschaft oder für seine eigene Aufnahme sei.“

Außerdem habe ihn sein Anwalt dringend davon abgeraten. Ihm, Schmid, sei dann nach dem Kurz-Rücktritt klargeworden, dass er die von Kurz geforderte Stellungnahme nicht unterzeichnen werde.

Ein Kurz-Sprecher ließ über Ö1 derweil wissen, man sei froh, dass die „erfundenen Behauptungen von Thomas Schmid weiter in sich zusammenbrechen“. Der Inhalt des Telefonats bringe Schmid angeblich „massiv in Bedrängnis“. Das sehen Experten allerdings anders.

Ermittler gehen von Echtheit der Aufnahme aus

Die Ermittler gehen übrigens auch von der Echtheit der Aufnahme aus. In einem Amtsvermerk, der ZackZack vorliegt, heißt es: „Die Audiodatei wirkt – unter Bedachtnahme auf die in diesem Bezug nicht vorliegende Expertenstellung der Begutachtenden! – authentisch. Bei einer Analyse der Tonspur sind keine optischen Artefakte sichtbar, die auf Schnitte hindeuten würden.“

Im Amtsvermerk zu finden sind auch Untersuchungen, wonach die übermittelte Audio-Datei vom Mobiltelefon eines Kanzleramts-Mitarbeiters stamme, nämlich Kurz‘ Chauffeur.

„Beurteilt vom Klang der Aufnahme entsteht der Eindruck, als wäre die Aufnahme durch ein Drittgerät entstanden und nicht am Telefon von KURZ, das dieser zum Telefonieren verwendete“, so der Wortlaut im Dokument. Eine Analyse von IT-Experten habe dann den BKA-Mitarbeiter herausgefunden.

Falschaussage-Ermittlungen abgeschlossen

Kurz soll am 28. November von der WKStA erneut befragt werden.

Indes sind die Ermittlungen gegen Kurz und seinen ehemaligen Kabinettschef Bernhard Bonelli wegen mutmaßlicher Falschaussage vor dem U-Ausschuss laut Ö1 abgeschlossen. Ob es diesbezüglich zu Anklagen kommen wird, ist noch unklar. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

(wb)

Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl

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