Lästige Gesprächsrunde
Lässig in seinen Stuhl zurückgelehnt beweihräucherte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker bei „Im Zentrum“ am Sonntagabend die Regierungsarbeit. Die Opposition kanzelte er mit schmallippigen Ansagen ab.
Wien, 07. November 2022 | Der Generalsekretär der ÖVP Christian Stocker und die vier stellvertretenden Klubobleute der anderen im Parlament vertretenen Parteien diskutierten am Sonntagabend bei der “ORF 2”-Sendung „Im Zentrum“ mit dem Titel “Die Reste aus beiden Welten – wählen oder weitermachen?”. Der Auftritt von Stocker sorgte dabei bei so manchem Zuschauer für Kopfschütteln.
„Für sich selbst“ die besten Entscheidungen
Auf die Frage, ob die Koalition noch arbeitsfähig sei, sagte Stocker: „Niemand muss sich Sorgen machen, dass die Volkspartei nicht in der Lage ist, für sich selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen“. Von der Inflationsbekämpfung bis hin zum Staatsbürgerschaftsgesetz entschied sich Stocker am Sonntagabend im Rahmen der Diskussion vor allem für giftige Einwürfe in Richtung der Opposition.
Vertrauensfrage
Dass die Bevölkerung die Regierung laut Umfragen nicht mehr unterstütze, wollte Stocker nicht hören und verwies auf die Legislaturperiode. Diese dauert „fünf Jahre und wird bei der Wahl für eine Periode ausgesprochen“, ließ der ÖVP-General verlautbaren. Dem Schielen auf Umfragen könne er außerdem nichts abgewinnen, so Stocker. Für Marlene Svazek von der FPÖ kein Wunder, zeichneten diese doch kein schönes Bild von der Regierungspopularität. Weil Stocker plötzlich nichts mehr vom Stimmungsbild der Bevölkerung wissen wolle, war er für Svazek “inhaltlich skurril unterwegs”, da die Inseratenaffäre rund um Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz (Stichwort “Beinschab-Tool”) doch ausgerechnet mit Meinungsumfragen zu tun hätte.
Kurz angebunden
Dass die ÖVP „an vorderster Stelle der Krisenbekämpfung“ stehe sei für Stocker ein Faktum. Die aufgelegte Kritik daran schien er, den Sessel bequem in der Armlehne, eher als Zumutung zu empfinden. Gegen die Opposition teilte der ÖVP-General einige verbale Hiebe aus. So attestierte er den Wiener NEOS „vor lauter Transparenz gar nicht mehr sichtbar“ zu sein.
Das Thema Gaspreisdeckel quittierte er mit den Worten „des klingt alles so schön“ und hob sinkende Marktpreise hervor. Auf den FPÖ-Einwand, dass die Bevölkerung die Maßnahmen der Regierung nicht spüre, stichelte Stocker: „bei Ihnen spürt nie wer was“. Auf die Frage, wo die Auswirkung für die Haushalte sei, äffte Stocker die Fragestellerin nach: „Geh bitte, wo ist der Ausgleich für die Haushalte?“
Die NEOS-Kritik an den Flügen der Regierung nach Abu Dhabi, fand Stocker ein „bisschen billig“, sagte sonst aber nichts dazu. Das Beispiel von Christoph Wiederkehr, dass eine junge Serbin, die hier geboren wurde, keine Chance auf die Staatsbürgerschaft hätte, interessierte Stocker inhaltlich wenig.
Arrogantes Verhalten
Für einige Zuseher war der Auftritt von Stocker eher als arrogant einzustufen, wie sie auf Twitter kund taten:
Moderation bewertet
Stocker war auch bemüht, der Moderation schlechte Absichten zu unterstellen. So rümpfte er schon zu Beginn der Sendung die Nase, weil das eingespielte Video eine Aussage der SPÖ wiedergab, die jedoch als Äußerung der Opposition gekennzeichnet war. Dass Moderatorin Claudia Reiterer mit der Frage nach dem Zugang zur Staatsbürgerschaft einen Punkt ansprach, wo die ÖVP und die Grünen unterschiedliche Positionen vertreten, sorgte bei Stocker für zynisches Lob: „Sie haben jetzt einen Punkt gefunden, wo wir nicht derselben Meinung sind“.
(dp)
Titelbild: Screenshot “Im Zentrum” / ZackZack