Freitag, Mai 3, 2024

Die gefährlichen Verrückten – Kommentar

Peter Pilz findet Suppenwürfe auf Kunstwerke schrecklich. Aber noch viel schrecklicher findet er, dass junge Leute, denen gerade die Zukunft zerstört wird, so weit gehen müssen.

Peter Pilz

Wien, 17. November 2022 | In Wien schütten Umweltaktivisten schwarze Farbe auf das Glas, das ein Klimt-Gemälde im Leopold-Museum schützt. In Katar sterben vor der Fußball-Weltmeisterschaft 15.000 Gast- und Zwangsarbeiter auf den Baustellen der islamistischen Diktatur. In Wien spricht sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner für Fracking aus. In Katar machen Bundeskanzler Nehammer und Umweltministerin Gewessler dem islamistischen Regime ihre Aufwartung.

Alle vertreten Anliegen: Nehammer und Gewessler bitten um Gas. Das islamistische und antisemitische Regime in Katar will für sich als moderner, weltoffener Staat werben. Rendi-Wagner dient sich der Industriellenvereinigung als verlässliche Partnerin an. Und die Umweltaktivistinnen von „Last Generation“ versuchen mit radikalen Mitteln auf die Notwendigkeit der Rettung unserer Welt mitten in der Klimakatastrophe hinzuweisen.

Wer die gefährlichen Verrückten sind

Die Regierungsaktion trifft auf Verständnis. Die Katar-Aktion trifft auf Sportbegeisterung und einzelne Stimmen der Kritik. Die Fracking-Öffnung der SPÖ-Chefin führt schlimmstenfalls zu Kopfschütteln. Nur die Umweltaktivistinnen macht man zu gefährlichen Verrückten.

In den Jahren bevor wir die Grünen gründeten, ketteten wir uns vor Baggern an, hielten uns an Bäumen fest, blockierten Autoverkehr und Panzerexporte. Nicht nur in den Augen von Bauunternehmern, Gewerkschaftern und Innenministern waren wir gefährliche Verrückte. Uns ging es um die Rettung der Welt. Unseren Gegnern ging es um die Rettung ihrer Geschäfte. Heute wissen wir, dass sie die gefährlichen Verrückten waren.

Die gefährlichen Verrückten sitzen heute in Bundesregierung, Industriellenvereinigung und ÖVP. Einer von ihnen verhindert gerade als ÖVP-Umweltsprecher das Klimaschutzgesetz. Der nächste sorgt dafür, dass Tempo 100 auf der Autobahn nicht kommt. Wenn dann die Gletscher schmelzen, die Fichtenwälder sterben und Hänge und Häuser weggespült werden, schnüren sie für sich und ihre Freunde „Hilfspakete“.

Öko-Taliban auf Regierungssesseln

Vor mehr als sechzig Jahren hat mir mein Vater mit seinen Kunstdrucken erklärt, wer Vincent Van Gogh war. Von Klimt besaß er sogar eine kleine Zeichnung. Er hat die Bilder geliebt und mir etwas davon mitgegeben. Als Aktivisten von „Ultima Generazione“ in Rom das Schutzglas vor zwei frühen Bildern von Van Gogh mit Suppe anschütteten, schimpfte ich sie „Öko-Taliban“. Jetzt, zwei Wochen später, tut mir das leid. Die Öko-Taliban kleben auf Regierungssesseln und nicht auf der Straße.

Ich finde Suppenwürfe auf Kunstwerkle schrecklich. Aber noch viel schrecklicher finde ich, dass junge Leute, denen gerade die Zukunft zerstört wird, so weit gehen müssen. Bis jetzt haben sie kein einziges Kunstwerk zerstört. Die vielen, die gerade in den Museen mit ihnen sympathisieren, haben kein Problem, das bisschen Suppe und Farbe vom Glas zu wischen.

Mit den Gletschern und den Meeren ist das anders.

Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl

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34 Kommentare

  1. Wer die gefährlichen Verrückten sind?
    Unisono unsere Regierungsmitglieder. Sie sind auch mit Macht ausgestattet, das macht sie so gefährlich!

  2. Die Verlogenheit der Regierungen und der Medien ist unvorstellbar.
    Aber auch die Aktivisten der “Letzten Generation” sind grenzwertig. Festkleben auf Einfallstrassen.
    Sie behinderen die Arbeitnehmer zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen und berücksichtigen nicht dessen Auswirkungen die da währen. Spätere Fertigstellung, ergo Pönale usw.
    Klebt euch mal an Abflugbahnen fest, das währe mal was.

  3. Danke für diesen wunderbaren Kommentar.
    Ich liebe Kunst, aber was ist ein Kunstwerk gegen ein Menschenleben und die Zerstörung unserer Erde.
    Ich habe vollstes Verständnis für die verzweifelte Generation und ich würde sie auch unterstützen.

  4. weder die kunstwerke, noch menschen sind dadurch gefährdet.
    die erreichte aufmerksamkeit jedoch sehr gross.

    es ist traurig, dass derartiges notwendig ist.
    aber offensichtlich ist es notwendig.

  5. Die heutigen Grünen treten nicht mehr für die Umwelt ein (denn sie müssen ja Rücksicht auf die ÖVP-Industriellenvereinigung nehmen), sondern für ein Parlamentsorchester!

    So verschieben sich die Werte einer Partei!

  6. Suppenwürfe auf Kunstwerke… das ist einfach nicht wahr. Dieses “Anpatzen” ist gegen Glasscheiben gerichtet und die Kohle die man aufwenden muß um die Sauerei wieder zu beseitigen. Und ja, ich find das voll ok. Man bekömpft ein Übel in dem man es schlicht nicht ernst nimmt und bei jeder Gelegenheit zeigt… geht mir am A**** vorbei.

  7. Zum ersten Mal gebe ich Peter Pilz uneingeschränkt recht. Es ist dumm, in diesen Klimaaktivisten nichts anderes als ein Ärgernis zu erblicken. Ich habe es hier in diesem Forum bereits einmal gesagt und ich sage es hiermit wieder: Diese jungen Menschen sind Verzweifelnde. Und sie verzweifeln an einer Gesellschaft, die zu dumm und zu schlecht ist, um sich in Zweifel zu ziehen.

  8. Das Anketten an Baggern und Bulldozern um eine Aurodung zu verhindern, war sinnvoll. Es wurde genau dort agiert, wo der Schaden am Entstehen war. Kunstwerke haben mit dem Klima nichts zu tun. Ankleben müssen die sich vor der ömv, vor exxon etc und anschütten können sie die Fahrzeuge und Häuser der Firmenchefs der Umweltzerstörer. Immer dort agieren, von wo der Schaden ausgeht, nicht irgendwo sonst.
    Mit solchenAktionen verdirbt man das Verständnis der Bevölkerung und damit die breite Unterstützung für Umweltanliegen oder Klimaschutz.

  9. Franz Hörl. Krise hamma nit! ÖVP garantiert Minus 2,2 Grad bis 2222!

    Gewessler und Hörl loben ihre konstruktive Zusammenarbeit!
    Gewessler: „Österreich geht als Öko Pionier voran, mit uns Grünen und Franz, werden wir die gesetzten Ziele sogar noch vor 2222 erreichen!“
    Franz Hörl hat sehr positives zu berichten! „Wir stoppen die Erderwärmung, ab sofort lassen wir die Schneekanonen Sommer und Winter laufen, bis 2222 werden wir die gesetzten Klimaziele erreichen!

  10. 👍Verrate hier ein Geheimnis, wenn mich einer gefragt hätte ob ich bei so einer Schüttaktion mitmachen will hätte ich gesagt “ja”. Im Gegensatz zu den Grünen habe ich mich nicht von meinen Wurzeln entfernt und ich halte mich auch nicht auf mit lächerlichem Gejammere weil etwas Panzerglas verschmutzt wurde oder irgendeiner in Wien zu spät zu seinem vielleicht eh ungeliebten Job kommt. Freut mich an der Stelle ganz besonders, dass auch P.P. weiß wo er herkommt.

    • Und wenn in Berlin eine verunfallte Radfahrerin wegen angeklebten Aktivisten nicht gerettet werden kann, ist Ihnen das auch noch wurscht. Ihr geht eben über Leichen für euer politisches Moralisieren.

      • Oha. Das ist scho wieder Opfer-Täter-Umkehr. Wer hat die Radfahrerin erdrückt? Der Straßenverkehr, enge Strecke, unübersichtlich, für Radfahrer:innen gefährlich. Bei jedem Verkehrstoten wird das einfach so hingenommen. Als ob es ein Gottesentscheid wäre. Aber wenn parallel dazu eine Klimaaktion stattfindet, dann ist das böse.

        So kann man nicht herangehen: Alle Autos, die da im Weg standen, haben die Verzögerung der Feuerwehr ebenso verschuldet. Wieso fahren die überhaupt noch alle? Wir müssen doch Energie sparen!

        • Sogar die dort anwesenden Klimaaktivist:innen haben ihr Unrecht eingesehen und sich für den Tod der Verunfallten öffentlich entschuldigt. Die Betroffenen haben es verstanden.
          Sie scheinen der Einzige zu sein, der es nicht versteht.

          • Ich habe es verstanden. Und dennoch wurde die Radfahrerin nicht von den Aktivist:innen getötet, überfahren. Sondern von einem LKW. Wenn schon Schuldzuweisungen, dann bitte echte. Die Feuerwehr war 7 min verzögert. Wer wirklich im Weg stand, das waren die Autos und LKW, die Aktivist:innen haben eine Rettungsgasse freigehalten.

      • Ich hingegen frage mich, wieviele krebskranke sterben, weil eine chefonkologin nicht imstande ist, ein ct zu lesen und dann totale remission befundet.

  11. Gute Absichten entschuldigen nicht jedes Verhalten. Im übrigen ist es so, sobald Kunst glaubt, sich entschuldigen zu müssen, ist sie schlecht. Ist dieser Protest als Kunstform zu verstehen? Differenziert betrachtet, nein. Es ist schlicht Sachbeschädigung. Ich kann Aktionen dieser Art von Protest wenig abgewinnen, obwohl es offensichtlich für manche notwendig erscheint. Angemeldeten Demonstrationen hingegen, kann ich mehr abgewinnen.

    • Und ich halte nichts von “Greenwashing” um sein Gewissen zu beruhigen und sich dann weiter in der Komfortzone behaglich zu räkeln wohl wissend, dass man das dicke Ende vermutlich nicht mehr miterleben muss.

  12. Ja Peter, so ändern sich die Zeiten, mittlerweile kann sich fast niemand mehr dem Einfluss des Großkapitals erwehren.

    Wenn ich ins losziehe, um Verständnis für die “Letzte Generation” werbe, so kann ich mir einiges anhören, auch teilweise von der Jugend, wobei ich ja sehr viele Argumente der nahen und fernen Vergangenheit zur Verteidigung habe.

    Darum tut dieser Artikel sehr gut.

    Für ein geglücktes Leben.

    • Es ist ein sog. Totschlagargument, wenn man Kritik an den Aktivisten als Einfluss des Grosskapitals abtut. Mit Totschlagargumenten blockiert man seriöse Diskurse.
      Für ein geglücktes Leben mit Meinungsfreiheit für alle ohne Unterstellungen die anderen seien die Schergen des Grosskapitals. Dem ist nicht so.

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