Dienstag, April 30, 2024

ÖVP-Ethikrat empfiehlt Schmid-Parteiausschluss

Der ÖVP-Ethikrat hat sich am Donnerstag zu Wort gemeldet. Er empfiehlt den ehemaligen ÖBAG-Chef Thomas Schmid aus der Partei auszuschließen. Sebastian Kurz darf ÖVPler bleiben.

Wien, 17. November 2022 | Der Ethikrat der ÖVP hat den Parteiausschluss des einstigen Finanz-Generalsekretärs und ÖBAG-Vorstandsvorsitzenden Thomas Schmid empfohlen. Grund dafür sei dessen Geständnis schwerer Straftaten, wie es in einer Erklärung am Donnerstag hieß. Schmid hatte vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch mehrere einstige und aktuelle Funktionsträger der ÖVP schwer belastet. Seine Parteimitgliedschaft ist derzeit ruhend gestellt.

Zu Schmids Aussagen vor den Ermittlern hielt der Ethikrat – er tagte zur Causa bereits am Mittwoch – fest: “Eine solche Vorgangsweise hat jetzt und in Zukunft für alle vergleichbaren Fälle erwiesenen schweren Fehlverhaltens zu gelten.” Die Wortwahl in Schmids Chats sowie der darin offenbarte “mangelnde Respekt” seien “völlig unangemessen und abzulehnen” und widersprächen zudem dem Verhaltenskodex, heißt es in der Erklärung.

Festgehalten wurde vom Ethikrat aber auch, dass es sich dabei um nicht öffentlich getätigte Äußerungen handelte, die ohne Beachtung von Datenschutz und Privatsphäre öffentlich gemacht worden seien. “Vor allem wurden sie auch ohne Rücksicht auf sämtliche Begleitumstände und aus dem Zusammenhang gerissen öffentlich.”

Ethikrat nahm Schmid-Entschuldigung zur Kenntnis

Der ÖVP-Ethikrat nahm aber auch die erfolgte Entschuldigung Schmids zur Kenntnis und erwartet nun, “dass ein derartiger Umgangston künftig nicht nur unterlassen wird, sondern dass vielmehr ein respektvoller Umgangston auch in der privaten Kommunikation von Funktionsträger*innen gepflogen wird”.

Die von der WKStA untersuchten Sachverhalte, die auch mehrere aktive sowie ehemalige ÖVP-Politiker und -Politikerinnen betreffen, beurteilt der Ethikrat nicht, denn: “Diesbezüglich hat auch die Unschuldsvermutung zu gelten.” Man werde aber die weitere Entwicklung “aufmerksam beobachten und begleiten”. Aus den derzeit verfügbaren Informationen seien auch “keine neuen Sachverhalte hervorgegangen”, hält der Ethikrat fest.

“Mit Genugtuung” hat der Ethikrat außerdem die “klaren Aussagen” von Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer zur Kenntnis genommen (“Die, die gefehlt haben, müssen dafür die Konsequenzen tragen.”). Über strafrechtliche Verfehlungen werde die unabhängige Justiz zu entscheiden haben. “Der Ethikrat spricht die Hoffnung aus, dass hier so rasch wie möglich Klarheit geschaffen wird”, heißt es in der Erklärung. Genausowenig wie es eine Generalabsolution geben könne, dürfe es aber einen Generalverdacht geben.

Der Ethikrat appelliert in seiner Erklärung daher “an alle, einen möglichst sachlichen und differenzierten politischen Diskurs zu führen und in den Aussagen Respekt vor dem Menschenrecht auf Unschuldsvermutung zu haben”. Generell erfüllt das Gremium das gegenwärtige politische Klima “mit Besorgnis”. Der Vertrauensverlust in die Politik im Allgemeinen könne “angesichts der multiplen krisenhaften Herausforderungen zu einem gefährlichen demokratischen Erosionsprozess führen, der Extremismen, Radikalismen und unheilvolle Polarisierung fördert”.

Neubeginn “höchst wünschenswert”

Gesetzliche Maßnahmen sind für den ÖVP-Ethikrat nur eine mögliche Konsequenz aus den diversen Causen. Entscheidend sei auch die politische Kultur des Umgangs miteinander: “Die besten gesetzlichen Regeln können nicht allein eine gute politische Kultur schaffen, sondern diese müssen von den Akteur*innen mit Leben erfüllt werden. Es sollte daher das Anliegen aller am demokratischen Prozess Beteiligten sein, “Maß und Mitte zu halten und zu stärken, aufeinander zuzugehen und Achtung voreinander zu haben”. Ein “ehrlicher Neubeginn” wäre daher “höchst wünschenswert”.

Eine weitere Empfehlung geht daher an alle Mitbewerber: “Eine Möglichkeit aus der Sicht des VP-Ethikrates könnte es sein, dass auch die anderen politischen Parteien Verhaltenskodices erarbeiten und anwenden und dass es darüber einen parteiübergreifenden Austausch und Diskurs gibt.” Hier habe die Volkspartei mit der Schaffung des Ethikrates 2012 unter der Ägide des damaligen Obmannes Michael Spindelegger eine “vorbildhafte Pionierfunktion”.

Der Ethikrat hatte sich zu den Korruptionsermittlungen gegen die ÖVP und (frühere) Spitzenrepräsentanten seit Oktober 2021 nicht mehr geäußert. Damals hatte das Gremium die in den Schmid-Chats bekannt gewordenen Aussagen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz kritisiert. Vorsitzende des fünfköpfigen Rates ist die ehemalige steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic.

(bf/apa)

Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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46 Kommentare

  1. “Andere Fälle hat der ÖVP-Ethikrat nicht überprüft”; die Causa Sobotka – als Tabu?
    Es wäre auch das erste Mal in dieser Republik, dem Nationalrat vorzusitzen, ohne eine Partei auf dem Rücken!

  2. Der Ethikrat hat wieder Ordnung in die Unordnung gebracht. Passend dazu Lukas Resetarits mit
    “EIN STANZL:
    Jo da Dreck is jetzt sauba
    und da Oasch hod a G’sicht
    wea nix head, is a Tauba
    wea ned schaud, hod ka Sicht
    wea nix g’schpiad, hod ka Mitleid
    wea ned sitzt, hod si’s g’richt
    Geh Teifö kumm aussa
    und hoi des Gezücht.
    TEUFEL: Naa,do graust sogoa mia fua dera Bagaasch”

  3. ÖVP-Ethikrat empfiehlt Schmid-Parteiausschluss.

    Ich empfehle auflösen der ÖVP und geschlossen auf die Anklagebank…

    Da hätte die Justiz alle Hände voll zu tun….was die da alles daschlong müsste…

  4. Wenn sich der “Ethikrat” der Schwürkisen ernst nähme, müssten die höchstrangigen Verursacher der korrupten Vorgänge ausgeschlossen werden, nicht der unterwürfige Befehlsempfänger!

    • So meinen wir. Wir, der Pöbel. Der ÖVP-Ethikrat sieht allerdings dieses Problem anders: Schmid hat sich durch die Aussage bei der WKSTA parteischädigenden Verhaltens schuldig gemacht. “Aussagen, als Kronzeuge vielleicht, alles aufdecken. Das geht gar nicht. Das schädigt doch die Partei!”

      Begründet wird das aber mit dirty words im Chatverlauf. Die “passierten” anderen allerdings auch. Im Sinne einer demokratisch-rechtsstaatlichen Gesinnung müsste dieses Argument nun – Gleichheitsgrundsatz – auf die anderen auch anzuwenden sein. Sollte das je zur Diskussion stehen, wird sich der Ethikrat darauf berufen, dass er nur urteilen könne, wenn er angerufen wurde zu urteilen. Nehammer wollte aber nur von Schmid wissen, was der Ethikrat davon hält.

      Wenn wir uns den Verlauf des Prozederes und der Ereignisse nochmals ins Gedächtnis rufen, sehen wir es eindeutig: Die Schmid-Chats sind jetzt über ein Jahr bekannt. Schmid schwieg. Es wurde kein Ethikrat anberufen. Die Omertà wurde eingehalten. Nach einem Jahr Bekanntheit der Chats erfährt die ÖVP, dass Schmid bei der WKSTA aussagte. NUN wird kurz darauf der Ethikrat hinzugezogen. Die Omertà war gebrochen. Das Schweigegelübde. Der Ethikrat entscheidet nun, dass parteischädigendes Verhalten vorliegt, nennt aber die wahren Gründe nicht. Das parteischädigende Verhalten hat schon Nehammer erkannt, deswegen den Ethikrat angerufen.

      Umgekehrt gedacht: Wieso hat Nehammer den Ethikrat ncht schon früher einberufen? Weil der nur zu diesem Ergebnis – Parteiausschluss – kommen könnte, wenn er sich nicht vollends lächerlich machen will. Aber, so ein Parteiausschluss hätte vor einem Jahr wohl doch eine Gegenreaktion hervorrufen können, also auspacken. Da hat man lieber davon abgesehen. Aber jetzt ist alles klar.

  5. Es ist ja eigentlich schon verblüffend genug dass es bei der ÖVP einen Ethikrat gibt, wobei von Ethik bei dieser Partei weit und breit nichts wahrzunehmen ist. Vermute aber dass Türkis da eine ganz eigene Auffassung davon hat. Welche das ist möcht ich gar nicht wissen.

  6. Die Auslagerung von Verantwortlichkeit, ethischem, moralischem Empfinden und Verstand an einen Stiftungsrat, Ethikrat, Weisenrat und wie all diese Narren heißen offenbart die stetig fortschreitende Rückentwicklung vom Homo sapiens zum ÖVP-Familienmitglied. Welcher Personenkreis bildet eigentlich den Regierungs*Rat*?

  7. | Die Ethik ist jener Teilbereich der Philosophie, der sich mit den Voraussetzungen und der Bewertung menschlichen Handelns befasst und ist das methodische Nachdenken über die Moral. Im Zentrum der Ethik steht das moralische Handeln, insbesondere hinsichtlich seiner Begründbarkeit und Reflexion. |

    So. Jetzt entspricht es aber der Wahrheit(!) – ich verwende diesen Begriff nur ungern, wie mancher/m aufmerksamen/m Mitforist/In bereits weiss -, dass gerade der Obmann im TV zur Primetime bereits unmißverständlich kundtat, dass moralische (Be)Wertungen, wenn überhaupt, erst von noch zu nennenden / respektierten Instanzlichkeiten zu treffen seien, diese hierzulande aber noch nicht gefunden worden wären. (“Wem steht es in diesem Lande schon zu, über Moral zu richten…”)

    • Warum man sich im reaktionären Lager also einen “Ethikrat” für vorgeschlagene(?) – verbindliche wird wohl nicht gemeint sein – Verhaltenskodices halten muss, solches auch allen Mitbewerbern im Übrigen empfiehlt, sollte mMn noch genauer nachgefragt werden. Verbindlichkeiten hassen diese austrokratischen Reaktionäre mehr als den Teufel, dem sie am Sonntag in der Kirche zwar gruselnd abschwören, im alltäglichen Pragmatismus konservativer Regierungsverantwortung aber gerne zumindest im Beirat gerne sitzen haben… Bigotterie in dekadenter Anmaßung bis einem schwindlig wird.

      Dann auch noch einen Respekt vor dem Menschenrecht der Unschuldsvermutung einfordern, Asylanten dieses Recht aber in Streit stellen wollen, obwohl völkerrechtlich verbrieft und unterschrieben, ist an Heuchelei mAn nicht mehr zu überbieten.

      OT: Dass sich eine reaktionäre (rückwärts gewandte) Bagage – die sich ausschließlich im Staatsgewalt angedrohten Dauerkrisenmodus über Dekaden schon waltend selbst als Krisenlöser definiert – ein zukunftsweisendes Krisensicherheitsgesetz nicht einmal im Ansatz juristisch erhaben aufzustellen fähig ist, sollte die Öffentlichkeit nicht sonderlich verwundern. Unter der Prämise, keinerlei Verantwortung im Krisenfall selbst (geschweige denn persönlich) übernehmen zu wollen (sonst ja nämlich auch nicht), wird nicht viel überbleiben für ein in Gesetz gegossenes Krisenmanagement… Wenn man selbst schon personifizierte Krise ist, dann fällt es gewiss nicht leicht, der Umwelt ein gesichtswahrendes Krisenszenario mit objektiven Parametern zur Definition desselben zu verklickern.

      • Fazit: Sie sind nicht fähig, eingeforderte zukunftsweisende Gesetze
        # für mehr Transparenz bei den Behörden
        # für mehr Transparenz bei der Medienförderung
        # zur ORF Entpolitisierung
        # gegen Korruption
        # für verantwortliches Krisenmanagement
        zu vereinbaren.
        Wozu sind sie dann fähig? Einzig diese Republik zu ruinieren?

  8. övp und Ethik klingt irgendwie nach einer lustigen Kombination.
    Wie der Ethikrat der Pharmalobby zu den Corona-Massnahmen.
    Diese Partei ist in ihren grundlegenden Strukturen unethisch.
    Die brauchen keinen Ethikrat, die brauchen jetzt einen Masseverwalter.

  9. Wer keine Ethik hat braucht einen Rat!
    Auf Selbsterkenntnis wird die Selbstauflösung folgen, wenn sich das korrupte Netzwerk, endlich, der inneren Prüfung des Ethikrates unterziehen muß!

    Kurz, dem Auftraggeber Schmids wird damit auch die Ehre des Ethikrates bald zu Teil werden! Die ÖVP steht schließlich dafür, daß weder Parteimit und ohne Glieder, sowie Asylanten und sogar Bürger nicht ungleich behandelt werden sollen!
    Damit werden sich Alle Parteimit und ohne Glieder der korrupten verschiedenen Ebenen, im Schwarzen Geflecht der ÖVP, auch diesem Ethikrat stellen müssen!
    Das ist der Beginn der Selbstauflösung!

  10. Der Ethikrat der ÖVP wird sich angeblich (noch) heute mit ganz anderem befassen müssen.
    Viel Spass!
    DM

    • Wolfi, ganz ehrlich, immer diese Ankündigungen von Dir, sind ja nett, aber es sind halt immer nur, es kommt was, so nach dem Motto, Herr Lehrer, ich weiß was, aber ich sag es nicht, ich sag nur ein bissi, aber dann? Kommt nie was!

      Wird schön langsam aber sicher fad, spucks aus, wenn Du was weisst, oder laß dieses immer wieder, ällabätsch, ich weiß eh was, aber ich sag nix, aber ich sag halt was, damit ich was sag, einfach bleiben. Es nervt.

    • Geh bitte wolfi, bei aller Wertschätzung: die täglichen Geheimbotschaften hängen mir schon zum Hals raus. Wo sind die im März angekündigten Cobra libre Fotos von Kathi?

  11. Ein Bundesland aufhetzen zu wollen und die Kinderbetreuungsmilliarde verhindern, um die österreichischen Familien bewusst zu schädigen, ist övp-ethisch durchaus in Ordnung.
    Spannend.

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