Samstag, April 27, 2024

Von Einweg zu kein Dreck – EU bekämpft Plastikmüll

EU bekämpft Plastikmüll

Eine Initiative der EU-Kommission könnte den Plastikmüll in Europa reduzieren. Einwegbehälter stehen vor dem Aus. Vielen geht der Vorschlag nicht weit genug.

Brüssel, 2. Dezember 2022 | Ein neuer Vorstoß der EU-Kommission könnte bald dafür sorgen, dass Einwegprodukte wie Plastikbecher und Plastiktassen zur absoluten Ausnahme werden. Die Überarbeitung der Verpackungsrichtlinie in der EU sei die „ambitionierteste der Welt“, sagte der Vorsitzende des Umweltausschusses im europäischen Parlament, Pascal Canfin. Der Vorschlag würde auch helfen, die Abhängigkeit von fossilen Energiequellen zu reduzieren, so Canfin. Konventionelles Plastik wird aus Erdöl gewonnen.

Weniger Verpackungsmüll

Konkret sieht der neue Vorschlag eine Reduktion der Verpackungsabfälle von 15 Prozent pro Person bis 2040 vor. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf wiederverwertbare Produkte gelegt werden. „Wir wollen, dass mehr Verpackungen wiederverwendbar sind, weil wir uns nicht aus einem wachsenden Strom an Müll rausrecyclen können“, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. So müssten Cafés und Restaurants beispielsweise mindestens 40 Prozent ihrer To-go-Produkte in wiederverwertbaren Behältern anbieten. Ohne die geplante Verordnung würde sich der Verpackungsmüll hingegen um rund 37 Prozent erhöhen, rechnete die Kommission vor. Das Ansinnen aus Brüssel muss noch vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten angenommen werden.

Umdenken bei Hotels und Restaurants

Besondere Änderungen kämen auf die Hotel- und Gastronomiebranche zu. Denn laut Vorschlag soll es Restaurants und Hotels in Zukunft generell untersagt sein, Einwegprodukte zu verwenden, wenn die Konsumenten Speisen und Getränke vor Ort konsumieren. Fast-Food Restaurants könnten im Indoor-Bereich beispielsweise keine Plastikbecher oder Einwegbesteck mehr aushändigen. Mit einem neuen Verbot wäre auch die Hotellerie konfrontiert. Die Kommission will beispielsweise Mini-Shampoos oder Duschgels verbieten, wenn diese in einer unnötig kleinen Plastikflasche verpackt sind.

Effizientere Pakete

Auch für den Internethandel hätte die Verordnung spürbare Auswirkungen. Pakete, die über den Postweg oder Drittanbieter verschickt werden, dürften in Zukunft nur noch 40 Prozent leeren Raum im Vergleich zum verschickten Produkt enthalten. Großräumige Boxen und ineffiziente Verpackungen würden somit aus dem Handel verschwinden.

Besseres Recycling

Die Initiative zielt auch auf besseres Recycling ab. Besonders wenn Produzenten sich für Plastikverpackungen entscheiden, müsste in Zukunft ein höherer Anteil davon recyclebar sein. Im Rahmen des europäischen „Green Deal“ wird eine Kreislaufwirtschaft angestrebt, die seit 2021 rechtswirksam ist, allerdings mit dem bisherigen Tempo klar verfehlt würde. Der Anteil an recyceltem Material solle sich bis 2030 verdoppeln, heißt es darin. Weil viele Länder jedoch nicht über die nötigen modernen Anlagen für Recycling verfügen, solle ein „Schengenraum für Abfall“ geschaffen werden, um sensiblen Müll einfacher innerhalb der EU transportieren zu können, forderte Peter Kurth, Präsident des Europäischen Abfallwirtschaftsverbands (FEAD).

SPÖ-Herr: Konzerne dürfen nicht geschont werden

Der Vorstoß der EU-Kommission sorgte nicht überall für Begeisterung. Die NGO „Oceana“, die sich für die Erhaltung der Ozeane einsetzt, kritisierte die Kommission für die Langsamkeit der Zielsetzung. Den Abfall erst bis 2040 um 15 Prozent zu reduzieren, sei für die Organisation viel zu spät. Gegenüber einem Entwurf, der bereits einen Monat früher kursierte, habe man die Ziele deutlich abgeschwächt, hieß es vonseiten „Oceana“, wo man Lobbying seitens der Plastikindustrie vermutet, wie der „Guardian“ berichtet.

Auf die Gefahr, Konzerninteressen zu vertreten, weist auch SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr auf ZackZack-Anfrage hin: „Bei der EU-Plastikabgabe hat man gesehen, dass die Regierung die Abgabe beispielsweise lieber aus Steuergeld bezahlt statt jene zur Kasse zu bitten, die das Plastik herstellen. So geht der Lenkungseffekt – aktiv Plastik zu vermeiden – verloren und die Konzerne werden geschont. Das darf bei den aktuellen Vorschlägen nicht passieren!“

Plastikmüll wirkt sich besonders schädlich auf die Weltmeere aus. Alleine im Atlantik schwimmen zigtausende Tonnen Plastik und belasten die marine Biodiversität.

(dp)

Titelbild: HARALD SCHNEIDER / APA / picturedesk.com, VANO SHLAMOV / AFP / picturedesk.com, Montage ZackZack

DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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10 Kommentare

  1. Mich würde hier die Bilanz über alles mit harten Fakten interessieren?
    Vor allem aber, ob wir hier wirtschaftlicher werden, oder das Gegenteil passiert?

    • Wenn wir die Umwelt weniger belasten ist es immer wirtschaftlicher, denn es entstehen keine Folgekosten um die Schäden zu beseitigen.

      Die Zeit alles nach Wirtschaftlichkeit zu bewerten ist vorbei, es geht um Sinn und Nutzen, nicht um Geld.

  2. Tja, die Mütter sollten in dem Bewusstsein leben, das der Busen voraussichtlich eher zum Stillen gedacht wurde und nicht um die Männer zu stillen.
    Eine stillende Mutter braucht keine Milch kaufen.

  3. Brüsseler Regulierungs- und Kontrollwut
    Der ordentliche Bürger wird zu Tode reguliert und zunehmend bis in den letzten Winkel seines Lebens kontrolliert, nur weil sich ein paar Deppen nicht an die Vorschriften halten wollen.
    Wer schon einmal in südlichen Ländern oder in Afrika oder Asien unterwegs war, wird dann bei uns weitere Regulierungen eher nicht für so dringend erachten. Und den paar unbelehrbaren Deppen sollte man nach US-Vorbild “$1000 for Littering” den Kampf ansagen – und nicht wie bei uns wegschauen.

  4. Aha- CETA-Ratifizierung: Opposition und grüne Basis sind wütend
    Vor der Wahl hatten die Grünen noch gegen das Freihandelsabkommen CETA demonstriert – nun wird es ratifiziert, mit Zustimmung der Grünen. (gestern im Bundestag)
    Milliardenklagen drohen wenn Konzerne Gewinne durch Umweltauflagen gefährdet sehen!

  5. Wird dann wenigstens festgehalten das der “Schengen – Müll” nicht auf der Straße transportiert werden darf oder ist das ein weiterer Kniefall vor der Frächterlobby?

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