Sonntag, April 28, 2024

Wiener Spitalsärzte extrem überlastet

Die Spitalsärzte in Wien sind unzufrieden und überbelastet. Die Ärztekammer schlägt Alarm, dass darunter ihre eigene Gesundheit und die Patienten leiden.

Wien, 13. Dezember 2022 | Die Wiener Ärztekammer hat Dienstagfrüh neue Ergebnisse aus einer Umfrage unter tausenden Wiener Spitalsärzten präsentiert. Demnach sind drei Viertel von ihrer Arbeit überlastet und stark unzufrieden mit den beruflichen Rahmenbedingungen. „Die katastrophale Arbeitsüberlastung unter Wiens Spitalsärztinnen und -ärzten ist ein weiterer tragischer Beweis für das Ausmaß der Wiener Spitalsmisere“, sagt Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, zu den Ergebnissen. Nur 22 Prozent, also nicht einmal ein Viertel, der Ärzte sind mit ihrem Arbeitsalltag zufrieden.

Die Spitalsumfrage ist von Markt- und Meinungsforscher Peter Hajek durchgeführt worden. Es haben 1.894 Spitalsärzte teilgenommen. Hajek bewertet die Stichprobe als repräsentativ: „Die Ergebnisse sind eindeutig, es besteht kein Zweifel an der Stimmung unter Wiens Spitalsärztinnen und -ärzten“, wird er in einer Aussendung der Ärztekammer Wien von Dienstag zitiert.

Altbekannte Ursachen

Die Hauptgründe, die die Ärzte für die Überlastung angegeben haben, sind schon länger auch Thema in der Öffentlichkeit: Personalmangel bei Pflegekräften und bei ärztlichem Personal, aber auch bürokratische Tätigkeiten und demgegenüber wenig Zeit für Patienten.

Um mit ihren Aufgaben fertig zu werden, stehen Überstunden auf der Tagesordnung. Nur elf Prozent haben angegeben, ihr Arbeitspensum in der vertraglichen Arbeitszeit bewältigen zu können.

„Sehenden Auges in den Burn-out“

Dem Personalmangel und hohem Arbeitspensum fallen die gesetzlichen Ruhezeiten zum Opfer. Ein Viertel der Befragten haben angegeben, dass sie diese gar nicht einhalten können. Das ist nicht nur ein Bruch des Arbeitsrechts. Erst Ende November hatte Patientenanwalt Gerhard Jelinek davor gewarnt, dass die Behandlungsqualität sinke und Patienten durch Personalmangel gefährdet seien.

Die Stadt Wien nehme offensichtlichen Rechtsbruch in Kauf, so Ferenci: „Die Zufriedenheit ist am Tiefpunkt, die Belastung am Höhepunkt. Es ist respektlos gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, sie durch Untätigkeit beim Personalmangel und Überfrachtung mit bürokratischen Tätigkeiten sehenden Auges ins Burn-out schlittern zu lassen.“ Das sei einer sozialdemokratischen Stadtregierung nicht würdig.

Auf Nachfrage heißt es von der Stadt Wien, dass es aus sozialdemokratischer Sicht natürlich nicht in Ordnung sei, wenn Ruhezeiten tatsächlich nicht eingehalten würden. Man verwies auf die Arbeitszeitaufzeichnungen des Wiener Gesundheitsverbunds, in denen das aufscheinen müsste.

Eine Frage der Zeit

Im Zentrum der Problematik steht für die Wiener Spitalsärzte Zeit. Zeit für Patienten durch ausreichendes Personal und Entlastung von nicht ärztlichen Tätigkeiten. Kurien-Obmann Ferenci ruft die Stadt Wien und den Wiener Gesundheitsverbund auf, „rasch innovative Lösungen für die drängenden Probleme in den Wiener Spitälern zu finden“, wie er in einer Aussendung zitiert wird. Man stehe jederzeit für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zur Verfügung.

Von der Stadt Wien heißt es dazu gegenüber ZackZack, Gesundheitsstadtrat Peter Hacker stehe jederzeit für Gespräche zur Verfügung, man stehe ohnehin in ständigem Austausch mit der Ärztekammer.

Stadt Wien beteuert Bemühungen

Die Stadt Wien beteuert, sich aktiv darum zu bemühen, ärztliches und auch Pflegepersonal zu rekrutieren. „Wir versuchen an vielen Schrauben zu drehen, um die Attraktivität zu steigern“, heißt es gegenüber ZackZack. Auch die Stadt Wien sehe, dass es Unterstützungsmaßnahmen brauche. Man möchte auch bei der Ausbildung ansetzen, etwa mehr Studierende zum Medizinstudium zulassen.

Mit einem neuen Ausbildungsschlüssel möchte die Stadt schneller neue Ärzte in Mangelfächer bringen, wie etwa in die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Man habe der Ärztekammer einen Ausbildungsschlüssel von vier Auszubildenden gegenüber einem ausbildenden Facharzt vorgeschlagen. Die Ärztekammer habe das abgelehnt mit der Begründung, dass darunter die Qualität leiden würde.

Erst im Februar hatte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) den Ausbildungsschlüssel für die Kinder- und Jugendpsychiatrie von 1:1 auf 1:2 angehoben, vorerst bis Mai 2027 befristet.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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23 Kommentare

  1. Und Genosse Hacker meinte vor einigen Tagen in einer TV Diskussion, ein Funktionär der Ärztekammer “führe einen Kreuzzug” gegen ihn bzw. das System.
    Sieht er sich etwa als Opfer – oder sind´s doch eher die Patienten.. ?
    Aber Danke für die Offenbarung dieser roten Sicht der Dinge.
    Jetzt sieht man die Prioriäten doch deutlicher – oder ?

  2. Diese lästigen Ärzte sollen nicht jammern, Genosse Hacker ist mit seinen Maßnamen ein Genie und nur deshalb konnten so viele Wiener gerettet werden. Internationale Vergleiche sind natürlich unangebracht, nur in Wien kann Schnupfen wirkungsvoll bekämpft werden.

    • Triage in einem reichen Staat wie Österreich und nun auch ohne Corona ist für mich gleichzuetzen mit einem Mord.
      Gerne würde ich die Anzahl von Menschen in Österreich kennen, welche die letzen 10 Jahre wegen solcher Behördenversagen “verstorben” sind und vor allem wissen, welche unfassbare Leiden damit im Zusammenhang stehen und deshalb auch bereits von einem Massenmord sprechen wollen. (Auch in meinem engen Verwandtenkreis gab es solche Opfer) und deshalb weiß ich hier ganz genau wovon ich spreche)
      Die Oberverantwortlichen solcher Behördenversagen in diesem Land sollten wir aber langsam kennen und deshalb auch zur Verantwortung ziehen.
      Nochmehr aber muss hier eine Notsituation eingeleitet werden mit Sofortmassnahmen und dauerhafter Evaluierung, bis wir aus dieser Situation nachweislich wieder herausgekommen sind!

  3. Wenn ich den Hajek nur irgendwo erwähnt sehe, geht mir das (vierfach) Geimpfte auf.

  4. Wir haben generell einen Ärztemangel in Österreich. Hausärzte, Fachärzte, Ärzte in den Spitälern (nicht nur in Wien). Entweder wir bilden zu wenige aus oder sie gehen ins Ausland weil ihnen die Arbeitsbedingungen in Ö. nicht zusagen. Zumindest im Fall der Hausärzte hat man jetzt Maßnahmen ergriffen damit der Job für Frauen attraktiver wird weil Familie und Beruf besser vereinbar sind. Man hat einen Wochenenddienst für den ganzen Bezirk eingeführt. Ein System das sehr gut funktioniert. Wäre sicher auch für die Spitäler wünschenswert ein par innovative Ideen um zu setzen. Zumindest bei uns ist unübersehbar, dass sich viele Frauen für den Beruf begeistern. Da teilen sich z.B. zwei Ärztinnen eine Hausarztpraxis.

      • An der Uni wird Pflegewissenschaft studiert. Bis zum Master.
        Die Absolventen gehen mit ihrer Ausbildung sicher nicht ans Krankenbett.
        Die gehen in die Führungsebene von Kliniken oder anderen Gesundheits Einrichtungen. Mit einem Masterstudium arbeitet keiner für 1850 € netto um den gleichen Lohn wie eine 2 jährig ausgebildete PFA.
        Die sind für den Personal Mangel nicht relevant. Wir brauchen die Leute im direkten Patienten Kontakt.
        Wenn die Ausbildung verkürzt wird und dieses Personal flächendeckend eingesetzt wird, haben sie die Ziele fast erreicht.
        Nächster Schritt: fertig ausgebildete Pflegekräfte importieren. So braucht man an Rahmenbedingungen und Gehälter nichts ändern. Mit anderen Worten: Lohndumping.

    • Deutsche studieren in Ö Medizin, weil sie auf Grund des strengen Notenschlüssels in D nicht aufgenommen werden. Nach dem Studium gehen viele weg.
      Ausserdem gibt eine EU Regel vor, dass 30 % der Studienplätze an EU Mitbürger vergeben werden muss. Die studieren quasi auf unsere Kosten und hauen dann wieder ab.
      Aber eine qualifizierte Pflegekraft muss auf die FH (3 J.) ausweichen und das Studium selber bezahlen.
      Obendrein werden bei unserer FH ca. 30% der Bewerber abgelehnt. Man will hauptsächlich 2 jährig ausgebildete PFA, die wesentlich billiger sind in der Entlohnung. Bevor die Pflegeausbildung vom gehobenen Dienst auf die FH verlagert wurde – die Diplom Ausbildung- bekam man pro Monat NUR ein Taschengeld von 150 € im 1.Jahr. Nicht einmal eine Lehrlingsentschädigung.
      Die Praktikanten der FH bekommen gar nichts für die Praktika. Billige Arbeitskräfte für die Klinik.
      Ziel der Kliniken: 20 % gehobener Dienst ( Dipl., Bac) und 80 % PAssistenz und PFA . So will man Personal Kosten senken. Die Ausbildung vom gehobenen Dienst wurde schon an die FH ausgelagert und somit Kosten eingespart.
      Und es wird weiter gespart.

  5. Jetzt haben vor gerade eben nach der Zentrumsdiskussion vernommen, wie toll und super der Gesundheitsstadtrat Hacker sei.
    Aber die Ärzte in den Spitälern sind da offensichtlich anderer Meinung. Die Pflegerinnen übrigens auch.

    • Die roten Krähen sind letztens ganz schön über mein Posting “Hacker muss weg” hergefallen. Die roten und grünen Säulenheiligen können sich tatsächlich alles leisten und man küsst ihnen weiterhin die Füße. Schuld haben immer die Anderen, alternativ die Anziehungskraft des Mondes.

  6. Ja da kam Corona wirklich zum richtigen Zeitpunkt und man konnte damit weiter verschleiern und auch noch einen Ursachenfeind finden.
    Leider hat man aber diese Zeitverlängerung der medialen Unschuldigkeit nicht wirklich genützt und da denke ich noch gar nicht an das Spritzenmachomännchen…

    • Diese Zustände an Wiener Spitälern gibt es seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Personalmangel seit ewig, die roten Helden tun nichts, sie sind auch gar nicht fähig dazu. Die kennen nur noch Corona, Impfen und Maskenstress, weiters Testen bis zum Weltmeister.
      Hacker muss dringend weg. Er ist eine Gefahr für die Gesundheitsversorgung der Wiener:innen.

      • Wenn das nur ein wenig stimmt, dann fürchte ich noch mehr um die Zukuft dort.
        Als alter Mensch in Wien muss man wohl schon das nackte Fürchten spüren und da braucht Wien wohl auch keine Angst zu haben, dass Patienten aus anderen Bundesländern nicht rasch nach Haus wollen… – keine schlechte Idee das einfach umzudrehen?

  7. Gab es nicht den “kompetenten, sympathischen” Funktionär Th. Szekeres – Funktion Ärztekammerpräsident ?
    Wer war denn, während sich dieser Missstand aufgebaut hat, in der Regierung?
    Überall tauchen nun die Mängel offen zutage.

    Leider kenne ich viele Ägypt. Taxifahrer, die in Kairo das Studium bis knapp vors Ende gemacht haben, in Ö hatten sie keine Chance, die universitäre Ausbildung anrechnen zu lassen, sie fahren mit medizinischer Fachausbildung Taxis…
    hausgemachte Probleme

    • Geht am 2ten Arbeitsmarkt genauso zu. Genug Facharbeiter, werden aber zum Regalschlichten verdonnert. Und trotzdem schreit man “Fachkräftemangel”
      Warum ?
      Weil die Facharbeiter im Inland den KV besser kennen als neu Zugewanderte.
      Da kann man leicht die Arbeit einer höheren KV Stufe verlangen und eine niedrigere bezahlen..

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