Mittwoch, Mai 1, 2024

Geständnis-Bombe im EU-Korruptionsskandal

Ein umfassendes Geständnis des Lebensgefährten der abgesetzten Vizepräsidentin des Europaparlaments lässt aufhorchen. Er bestätigt die Vorwürfe der Bestechung.

Wien, 15. Dezember 2022 | Im Skandal um eine mutmaßliche Einflussnahme aus dem Golfemirat Katar auf politische Entscheidungen im Europaparlament hat der Lebensgefährte der abgesetzten Europaparlaments-Vizepräsidentin Eva Kaili ein Geständnis abgelegt. Der Italiener Francesco Giorgi hat vor den Ermittlern zugegeben, Schwarzgelder angenommen zu haben, berichtet die römische Tageszeitung “La Repubblica”.

Weitere Abgeordnete unter Verdacht

Medienberichten zufolge hat Giorgi zugegeben, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die von Marokko und Katar benutzt wurde, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen und diese zu beeinflussen. Seine Aufgabe soll die Verwaltung von Bargeld gewesen sein.

Giorgi habe außerdem angedeutet, die beiden Abgeordneten der S&D-Fraktion im EU-Parlament, Andrea Cozzolino und Marc Tarabella, zu verdächtigen Geld über den ehemaligen italienischen EU-Abgeordneten Antonio Panzeri Geld angenommen zu haben. Marokko soll über seinen externen Informationsdienst „Dged“ in die mutmaßliche Bestechungsaffäre verwickelt sein. Aus den eingesehenen Dokumenten geht hervor, dass Panzeri, Cozzolino und Giorgi in Kontakt mit dem „Dged“ und Abderrahim Atmoun, dem marokkanischen Botschafter in Polen, standen.

Geldverwaltung über NGO

Im Zentrum der Ermittlungen der belgischen Justiz steht das Netzwerk Panzeris. Dieser war lange Jahre Mitglied des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), derzeit die stärkste Oppositionspartei in Italien. Die Staatsanwaltschaft Brüssel ist sich sicher, dass bei Panzeri die Fäden zusammenliefen, wenn es darum ging, politische und wirtschaftliche Entscheidungen des EU-Parlaments zugunsten von Staaten wie Katar oder Marokko zu beeinflussen.

Eine zentrale Rolle nahm dabei die von Panzeri nach seinem Ausscheiden aus dem EU-Parlament 2019 gegründete Nichtregierungsorganisation „Fight Impunity“ (siehe Titelbild). Er soll das Geld aus Katar verteilt haben, um Entscheidungen des Parlaments im Sinne des Emirats zu beeinflussen.

U-Haft

Panzeri sitzt in U-Haft, auch seine Frau und seine Tochter wurden festgenommen. Luca Visentini, Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes, der die Arbeitsmarktreformen in Katar als “Erfolgsgeschichte” gerühmt hatte und ebenfalls in die Affäre verwickelt ist, kam am Sonntag unter Auflagen wieder frei. Noch am 25. Oktober hatte Visentini in einem Interview Katar als reformorientiertes Land gelobt.

(nb/apa)

Titelbild: JOHN THYS / AFP / picturedesk.com

Nura Wagner
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18 Kommentare

  1. Andreas Schieder: “Das macht unsere Arbeit kaputt”? .”Unsere..” wenn er schreibt, …
    Sei die Frage erlaubt, wen er damit meint; jedenfalls geht es ihm persönlich gut!

  2. Erst wenn jeder EU-Parlamentarier eine eidesstattliche Erklärung abgeben muss, das er nicht in Geldwäschegeschäfte verwickelt ist oder auch keine Konten in Steueroasen besitzt, wäre das EU-Parlament auf dem richtigen Wege zur Korruptionsbekämpfung. Solange das aber nicht passiert, und es wird nicht passieren, bleibt es ein korrupter Laden.

    • “Erst wenn jeder EU-Parlamentarier eine eidesstattliche Erklärung …” das hat keinerlei Wert, wäre sozusagen wertlos (frei aller Werte)!
      Österreichs Nationalräte und Nationalrätinnen wie auch Regierungsmitglieder und Regierungsmitgliedinnen werden auf die Verfassung “eingeschworen”; die Praxis zeigt, das selbst der Handschlag uHBP nicht respektiert wird!

  3. Ich fürchte das ist die berühmte Spitze eines Eisbergs.
    Grund: es sitzen eben nicht die Besten der jeweiligen Länder im EU Parlament sondern eher die Unbrauchbaren.
    Mit Ausnahmen……….

    • Wenn das herauskommt was ich vermute und befürchte, dann könnte es ob der Dimension die EU zerreissen. Weil dann käme heraus, dass bei allen grossen unvorteilhaften Deals die Korruption bis in allerhöchste Kreise reicht und dass auch den USA sehr fleissig zugearbeitet wird.
      Nachdem aber so eine Aufdeckung der EU und den USA zuwiderlaufen würde, wird da bestimmt nichts aufgedeckt. Ausser einem mit medialen Getöse kleinen Bauernopfer.

      • Auch wenn Du Dir das wünscht…. die EU wirds ned zerreißen. Neue Maßnahmen werden getroffen werden um selbiges, wenn möglich, zu verhindern.
        Also träum weiter…..

    • Das is irgendwie zum Weinen. Ich konzidiere manchen, dass sie nicht nur in die EU abgeschoben wurden, sondern tatsächlich dort sein wollten (Karas). Das sind die. die ein Herz für Europa haben. Ich fürchte auch, dass diese mitterweile in der Minderheit sind. Die EU-Feurigen, das war eher am Anfang.

      Es ist gut, dass Korruption jetzt ernstgenommen wird. Jetzt, durch den Krieg, wird klar, dass man dem Einfluss von außen nicht uneingeschränkt nachgeben darf. Oft werden solche Verfahren fallen gelassen, um keine diplomatschen Verwicklungen zu riskieren. Dass diese Strafverfolgung nun trotz aller Brisanz durchgeführt wird, ist eine generelle Aussage, die über den Fall hinausgeht. Wir können wieder etwas optimistischer sein.

    • “Erst wenn jeder EU-Parlamentarier eine eidesstattliche Erklärung …” das hat keinerlei Wert, wäre sozusagen wertlose (frei jeder Werte)!
      Österreichs Nationalräte und Nationalrätinnen wie auch Regierungsmitglieder und Regierungsmitgliedinnen werden auf die Verfassung “eingeschworen”; die Praxis zeigt, das selbst der Handschlag uHBP nicht respektiert
      wird!

      … sondern eher die Unbrauchbaren? “Willfährig” und lenkbar müssen sie sein, die von Parteien delegierten!

  4. Und was ist dabei? Machen Europa, USA, China doch in allen Staaten der Erde so. Dürfen sowas dunkelhäutigere Menschen etwa nicht machen? Nein, denn das Zeitalter des Kolonialismus ist ja faktisch noch gar nicht vorbei.

  5. Mich interessiert weniger der Teil der Korruption, den wir jetzt sehen, sondern viel mehr der Teil der Korruption, den wir noch nicht sehen – und von dem offensichtlich in panikartiger Hektik abgelenkt werden soll. Ich hoffe, dass sich die Ermitttler nicht durch eine Weisung von ganz oben beeinflussen lassen.

          • Gähn … immer wieder der gleiche Semmel. Aber vielleicht erinnerst dich nicht mehr. Glaubst jedesmal, es sei das erste Mal. Naja, dann halt weiter so. Die Uhr tickt eh im Hintergrund.

          • Sie haben recht, wenn sie den Korruptionsindex von Transparency International der “wahrgenommenen Korruption” anschauen. Da liegt RU und UA in den Jahren vor dem Krieg ziemlich gleichauf, bei 30/30 oder 28/32 Punkten.
            Ich habe leider nicht mehr im Kopf auf welche Statistiken sich mein Gesprächspartner bezogen hat.

            Allerdings wenn man weiß, dass diverse NGOs vom diversen staatlichen Stellen mitfinanziert werden, sind diese Zahlen nicht sehr aussagekräftig.

          • Aber wenn man weiß, dass die UA 40% der landwirtschaftlichen Flächen an US Konzerne verkauft hat, so kann man nicht davon ausgehen, dass das normale Geschäftsbedingungen waren.
            Vgl. die Geldflüsse im EU-Parlament für viel kleinere Gefälligkeiten.

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