Aufgrund von angespannten Lieferengpässen bei Medikamenten und Antibiotika europaweit kommt es momentan zu Rationierungen.
Wien, 23. Dezember 2022 | Seit Einbruch des Winters breitet sich eine enorme Grippewelle über Österreich aus. Neben dem Rekordhoch an Grippeinfektionen haben Spitalsambulanzen und Ordinationen mit Corona-Infektionen, Lungenentzündungen, Durchfällen und RS-Viren zur Weihnachtszeit alle Hände voll zu tun. Die Ausfälle bei Medikamentenlieferungen erschweren die Umstände ungemein. Um diese Hürden zu meistern, muss es zu einer Rationierung der Medikamente und Antibiotika kommen, so der Verband der Arzneimittelgroßhändler.
Patienten auf Medikamentenjagd
Im Ö1-Mittagsjournal am Donnerstag kritisierte die Allgemeinmedizinerin Naghme Kamaleyan-Schmied, die auch stellvertretende Kurienobfrau der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in der Wiener Ärztekammer ist, den Medikamentenmangel. Aufgrund der Lieferengpässe müssten die Medikamente für kranke Patienten umgestellt werden. Das bedeute, den Patienten werde eine geringere Dosis an Antibiotika verschrieben, als sie eigentlich benötigen. Außerdem fehle es an auflösbaren Antibiotika, was für Patienten mit Schmerzen beim Schlucken eine große Herausforderung ist. Aufgrund der strengen Regulierung der Hausapotheken in Arztpraxen, dürfen Medikamente nicht in Ordinationen geliefert werden. Für Kamaleyan-Schmied wäre das in dieser Situation jedoch durchaus sinnvoll, da der kranke Patient sonst durch die ganze Stadt fahren muss, um Medikamente zu bekommen.
Starke Einsparungen
Die Sozialversicherungsabgaben, die jeder zahlen muss, werden der Ärztin zufolge der mangelnden Qualität im Gesundheitsbereich nicht gerecht. Neben dem Medikamentenmangel gäbe es auch zu wenige Kassenstellen. Auch die Ärztekammer klagt über katastrophale Zustände und fordert ein Ende des Sparkurses im Gesundheitsbereich. „Endlich hat man zwar erkannt, dass eine neue Finanzierung des Gesundheitssystems notwendig ist und dass Reformen hermüssen. Das Geld dabei aber nur von A nach B umzuschichten, wäre viel zu wenig. Das Kaputtsparen muss ein Ende haben!“, so Johannes Steinhart Präsident der Österreichischen Ärztekammer in einer Aussendung.
Abhängigkeit von Asien
Viele Medikamente und insbesondere Antibiotika werden in Indien oder China hergestellt. Dieses Abhängigkeitsverhältnis wird von Pharmazeuten schon lange mit Argwohn betrachtet. Es kam in Vergangenheit wiederholt zu Lieferengpässen aufgrund einer schlagartigen Nachfrage am Weltmarkt oder wie in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Corona-Pandemie. Dem Präsident der Wiener Apothekerkammer Philipp Saiko zufolge fehle es aktuell an 486 Medikamenten. Von stockenden Lieferketten ist allerdings ganz Europa betroffen.
(nw)
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