Breite Kritik hat sich am Montag Franz Hörl (ÖVP) eingefangen. Selbst Wirtschaftskammer und Parteikollegen zeigen sich über den neuesten Seilbahn-Kaiser-Vorschlag irritiert.
Wien, 09. Jänner 2023 | Einen ungewöhnlichen Vorschlag präsentierte am Montag der ÖVP-Abgeordnete Franz Hörl. Statt auf die Seilbahnen “hinzuhauen”, solle man eine Sondersteuer für die Bewerbung “besonders umweltschädlicher Urlaubsformen” wie Flugreisen, etwa für Städtetrips, sowie Kreuzfahrten verhängen oder gleich ein Werbeverbot dafür einführen, forderte Hörl.
“Wie bei Tabakwerbung”
Auch könne er sich vorstellen, diese “besonders CO2-relevanten Urlaubsformen – “wie bei der Tabakwerbung” – mit einer Kennzeichnung zu versehen und so darauf hinzuweisen, wie umweltschädlich sie seien. Die Seilbahnen bzw. der heimische Tourismus würden sich letzterem anschließen, so Hörl, denn: “Dann haben es die Gäste wenigstens schwarz auf weiß, wie ‘grün’ der Urlaub in der österreichischen Sommer- und Wintersaison ist.” Ein entsprechendes Kennzeichnungs-System müsse für alle gelten, schließlich brauche es “Chancengleichheit am Markt”.
Grüne gesprächsbereit
Er werde mit der Tourismussprecherin des grünen Koalitionspartners, Barbara Neßler, “in Gespräche treten”, so der Nationalratsabgeordnete. Diese zeigte sich am Montag grundsätzlich gersprächsbereit. Beispielsweise könne man über ein “Werbeverbot für Billigflüge gerne reden”, so Neßler. Sie hoffe nur, dass Hörl seinen Vorstoß auch in der eigenen Fraktion abgestimmt habe und dahingehend mehrheitsfähig sei, ergänzte die grüne Tourismussprecherin.
Ebenfalls gesprächsbereit, wenngleich skeptischer, äußerte sich Neßler zur Forderung Hörls nach einer Sondersteuer für die Bewerbung “besonders umweltschädlicher Urlaubsformen” wie etwa Flugreisen. Dies sei “nicht der Weisheit letzter Schluss”, weil es zunächst sinnvoller und effektiver wäre, Umweltkosten zu bepreisen bzw. eine Kerosinbesteuerung vorzunehmen. Dies könne allerdings nur auf europäischer Ebene vorgenommen werden bzw. brauche es eine Änderung internationaler Verträge, was dringend erforderlich sei. Die ÖVP sollte dahingehend einmal einen “Vorstoß machen”, spielte Neßler den Ball ins Spielfeld des Koalitionspartners. Allein eine Besteuerung der Bewerbung vorzunehmen, würde bedeuten, “das Pferd von hinten aufzuzäumen.”
Allerdings konnte sich die grüne Abgeordnete vorstellen, in diesem Zusammenhang über die Rolle der Österreich Werbung zu diskutieren. Dieser obliege nämlich die “Werbung in den Fernmärkten”, hier könne man durchaus über die künftige Ausrichtung hinsichtlich einer Änderung diskutieren. Gleichzeitig mahnte Neßler Hörl aber auch, die “Hausaufgaben im eigenen Bereich” zu machen und die “Probleme im heimischen Wintertourismus” nicht einfach wegzuwischen.
Hörl gegen Medien
Doch nicht nur der Flugverkehr ist Hörl ein Dorn im Auge. Bei der Berichterstattung über Seilbahnen sparte er auch nicht mit Kritik an den Medien. Diese sei oft “faktenbefreit” und geprägt von “Einseitigkeit”.
So sei etwa in den vergangenen Tagen viel über die “weißen Bänder” in den Skigebieten berichtet und dabei “leider auch einiges überzogen” dargestellt worden. Beispielsweise werde über Schnee-Maschinen immer wieder als Energie Fresser berichtet. “Obwohl das Umweltbundesamt klar festgestellt hat, dass alle Pisten täglich präpariert und beschneit und die Seilbahnen gerade einmal 0,33 Prozent des Gesamtenergiebedarfs der Republik verbrauchen”, betonte der ÖVP-Politiker und ergänzte: “Dieses Bashing meiner Branche bin ich ja an sich schon gewohnt. Ich frage mich aber, warum man auf ständig auf eine jener Urlaubsformen hinhaut, die am wenigesten CO2 verursacht und die einen – wie vom Umweltbundesamt mehrfach bestätigt – sehr schonenden ökologischen Fußabdruck hat. Und das bei maximaler Wertschöpfung ‘daheim’ und der Sicherstellung vieler regionaler Wohlstandsfaktoren.”
Gleichzeitig überlege man als Branche, wie man die “einzige Schwachstelle” – die An- und Abreise der Gäste – verbessern könne. Immerhin habe man mit dem ÖBB-Nightjet zum Schnee die “CO2-Prasserei” wie “Tagesflüge zum Skifahren” abgelöst. “Künftig kann ich mir auch vorstellen, dass wir die An- und Abreise für Gäste attraktiver gestalten und für diese auch Vergünstigungen entwickeln”, meinte der Seilbahnen-Chef.
Luftfahrt-Branche: “Weder sinnvoll noch durchdacht”
Hörls Vorstoß führte am Montag indes zu zahlreichen Reaktionen. Luftfahrt-Vertreter übten scharfe Kritik an dem ÖVP-Granden. Der Vorschlag eines Werbeverbots für Flugreisen sei “weder sinnvoll noch durchdacht,” zeigt sich Luftfahrtobmann in der Österreichischen Wirtschaftskammer, Günther Ofner, “verwundert.” So sei im Westen Österreichs, besonders aber in Tirol, etwa auch der Wintertourismus ohne die mit Flugzeug anreisenden Touristen wirtschaftlich nicht darstellbar.
Auch eine Sondersteuer auf die Bewerbung konnte Ofner wenig überraschend nichts abgewinnen. “Die Realisierung einer solchen Diskriminierung wäre ein Tiefschlag für den gesamten Tourismus in Österreich.” Eine Sondersteuer sei längst Realität in Form der Ticketsteuer, die Flugpassagiere bereits seit Jahren massiv belaste.
Auch der Dachverband Luftfahrt meldete sich in einer Aussendung zu Wort und sprach von einem “unbedachten Ablenkungsversuch von Herrn Franz Hörl, immerhin Nationalratsabgeordneter und ÖVP-Tourismussprecher”. “Gerade der Tiroler Skitourismus, den Herr Hörl ungeschickt gegen alternative Urlaubskonzepte zu verteidigen versucht, hängt ganz wesentlich am Luftverkehr und den Incoming-Charterflügen nach Innsbruck”, erklärte Geschäftsführer Peter Malanik. Auf vorgebliches “Bashing” mit ebensolchem gegenüber anderen zu reagieren, zeuge nur von Hilflosigkeit.
Politik: “Seilbahnpopulismus”
Auch politische Reaktionen ließen unterdessen nicht lange auf sich warten. Teils scharfe Kritik an Hörl kam am Montag von der SPÖ. Hörl poltere wieder einmal mit seinem “Seilbahnpopulismus”, trage aber zu einer seriösen Tourismus- und Klimapolitik wenig bei, reagierte SPÖ-Tourismussprecherin Melanie Erasim auf ihren Nationalratskollegen. “Er richtet unüberlegte Gesetzeswünsche medial aus, anstatt ernsthafte Gespräche zu führen. So eine Kommunikationspolitik führt aber nur zu Verunsicherung in einer krisengebeutelten Branche”, attackierte Erasim den ÖVP-Politiker. Gleichzeitig ließ sie aber auch wissen, dass es erfreulich sei, dass Hörl “die Klimakrise als Problem für den Tourismus erkannt hat”. Und weiter: “Wenn es ihm wirklich ernst mit dem Thema ist, dann sollte er sich aber dafür einsetzen, dass seine Partei aufhört, das Klimaschutzgesetz zu blockieren”, legte die SPÖ-Politiker im selben Atemzug nach.
“Verbotspolitik à la Hörl ist der falsche Weg und immer ein Armutszeugnis”, richtete Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger dem ÖVP-Politiker aus. Hörl sei offenbar “schon zu lange in einer Koalition mit den Grünen”, meinte Abwerzger lakonisch, um zusammenzufassen: “Panikmache und Verbotspolitik helfen weder der Menschheit noch dem Klima, es braucht Augenmaß und Verantwortung von jedem Einzelnen, das ist freiheitliche Klimapolitik.”
Tirols NEOS-Chef Dominik Oberhofer ortete ebenfalls ein “Ablenkungsmanöver” Hörls, das das “Versagen der letzten Jahre” verschleiern solle. “Statt die Welt zu belehren, wie klimaschädlich Flugreisen sind, sollte Franz Hörl als oberster Seilbahner lieber ein Konzept vorlegen, welche Alternativen es für den Tiroler Tourismus in der Zukunft geben sollte”, legte der pinke Frontmann seinem Tiroler Landsmann nahe.
Sehr reserviert bis ablehnend fiel auch die Reaktion von Hörls Parteifreundin, Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) aus: “Alle touristischen Anbieter und Dienstleister sind sich der ökologischen Nachhaltigkeitsherausforderungen bewusst. Ein Auseinanderdividieren einzelner Branchensegmente ist nicht zielführend”, richtete das Regierungsmitglied dem Tiroler aus und verwies auf erfolgte, entschiedene CO2-Verbesserungen in der Luftfahrt.
(bf/apa)
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