Freitag, April 26, 2024

Inseratenwirtschaft in Niederösterreich: Weinfrühling für die ÖVP

Das Zusammenspiel von Inseraten, ÖVP-nahen Magazinen, Werbeagenturen und dem Land führte zu Ermittlungen. Peter Pilz skizziert die Inseratenwirtschaft in Niederösterreich.

Peter Pilz

Wien, 23. Jänner 2023 | Schräg scheint die Frühlingssonne auf den Weinberg. Die Reben treiben noch nicht, aber das zarte Licht wird bald ihre Lebensgeister wecken. Über dem Farbfoto steht groß in Himmelsfarbe „FRÜHLING“ und daneben kleiner, in schwarz, dessen Erscheinungsort: „in NÖ“. Mehr hat das ganzseitige Inserat nicht zu sagen, bis auf eine kleine Zeile: „Ausblick Weinfrühling Niederösterreich, Infos unter www.niederoesterreich.at“.

Beim ganzseitigen „SOMMER in NÖ“ bescheint eine deutlich kräftigere Sonne ein Bergrestaurant, das mitten in Niederösterreich zeigt, wozu die Architektur im Stammland der ÖVP fähig ist.

95 Prozent Land Niederösterreich

Den Sponsor der Aufklärung über die wechselnden Jahreszeiten in Niederösterreich findet man einen Klick weiter: „Niederösterreich-Werbung GmbH – Offizielles Tourismus- und Kulturportal des Landes Niederösterreich“. Das Unternehmen gehört zu 95 Prozent dem Land Niederösterreich. Die restlichen fünf Prozent hält die „Service GmbH“ der Wirtschaftskammer des Landes. Sitz der Tourismusfirma des Landes ist der Niederösterreich-Ring 2 in St. Pölten.

Die Inserate prangten 2020 auf der letzten Seite von „Sicher in NÖ“, einem Magazin des Innova-Verlags. Im Magazin scheint eines sicher: die Landeshauptfrau auf Seite 3. Einmal steht sie mit Ex-Innenminister Karl Nehammer vor einem Polizeihubschrauber, ein anderes Mal feiert sie „100 Jahre Niederösterreich“ mit einer historischen Feststellung: „Gerade die Trennung von Wien hat die Eigenständigkeit Niederösterreichs vorangetrieben“.

Eng über die „Eigentümer“ mit Innova verflochten, besorgt die Agentur „Media Contacta“ einen weiteren Teil der Geschäfte. Insider vermuten bei Innova und Media Contacta seit langem eine gut versteckte eigentliche Eigentümerin: die niederösterreichische ÖVP.

Doch sowohl die ÖVP Niederösterreich als auch der Agenturchef widersprechen einschlägigen Vorhalten: es gebe mehrere Agenturen, die dem Land Niederösterreich zuarbeiten würden. Man sei „redliches Unternehmen mit redlichen Mitarbeitern“, so der Agenturchef im ÖVP-U-Ausschuss.

Dort mauerte Nehammer zu den Leistungen der Media Contacta. Jetzt ist sie Gegenstand von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des „Verdachts wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Vergabeverfahren gegen sechs Personen“, wie es im „Standard“ heißt.

Verdacht auf Untreue bei Inseratenwirtschaft

Die Staatsanwaltschaft Wien wiederum hat am 10. Oktober 2022 unter dem Aktenzeichen 603 St 12/22x Ermittlungen des Landeskriminalamts in St. Pölten zu Inserate in „Sicher in NÖ“ und im Magazin „Arbeiten für Niederösterreich“ angeordnet. Das „Arbeiten“-Magazin ist der Sphäre des niederösterreichischen ÖAAB zuzurechnen, der politischen Heimat von Wolfgang Sobotka und Johanna Mikl-Leitner.

Eine Seite in „Sicher in NÖ“ kostet laut Inseratentarif zwischen 9.000 und 10.500 Euro. Die Staatsanwaltschaft geht bei vergleichbaren Inseraten von EVN, Hypo NÖ und Landesgesundheitsagentur LGA dem Verdacht der Untreue nach. Sollte sich erweisen, dass den Inseratenzahlungen durch Landesunternehmen kein entsprechender Werbewert zukommt und man um dasselbe Geld in Medien mit vielfacher Reichweite inserieren hätte können, könnte aus diesem Verdacht mehr werden.

Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Titelbild: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

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Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.
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31 Kommentare

  1. Die “Inseratenwirtschaft”, ein von der ÖVP völlig neu definierter Wirtschaftszweig, der höchst erfolgreich blüht und gedeiht und das zu jeder Jahreszeit. Man könnte das auch ganz pragmatisch als Korruption bezeichnen. Das wäre einer Wirtschaftspartei aber unwürdig….obwohl…. sogar das Wort “Wirtschaft” hat bei der ÖVP eine ganz neue Bedeutung bekommen….

  2. Mich wunderts immer, wie der Volldodel von Westenthaler immer die hinterfotzige Hanni verteidigt beim dicken alten Fellner!
    Und der meint noch das gute Gewissen und Sprachrohr der Österreicher sein mit der Liebschaft zur Mickl Leitner

    • Sie müssen nicht neidisch sein bloß weil Westenthaler auf zack ist. Sogar Peter Pilz beehrt immer wieder gerne Fellner bei oe24.
      Der dumme Haufen hier checkt halt nicht wie es im wirklichen Leben läuft. Nicht umsonst muss man den Pöbel bei Laune halten. Pilz sollte Schmid als Schreiberling anstellen, dann wären ihm die Klicks sicher.

      • Bitte, seine mutter in rabensburg unterhielt sich zu hause in rabensburg angeblich auf tschechisch, da war sie dort kein einzelfall.

    • Ich denke, die beiden sind Brüder im Geiste. Der eine, Hojac, weiss schon sehr gut wie es ist, mit einer wegen Korruption rechtskräftigen Verurteilung aus dem Verhandlungssaal gehen zu müssen (freilich zahlte er in politisch üblicher Okkassion mutmaßlich nur 1/10 der kassierten Schmiergelder zurück – Korruption soll sich doch bitte weiter auszahlen dürfen), dem Anderen, sympathisch überfressenen, ausgestopften Fascho-Steigbügelhalter, steht dieses “Aha-Erlebnis” noch bevor… 😉

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