Freitag, April 26, 2024

Grüne Knallhart-Abrechnung mit Kurz

Die Grünen legen als erste Fraktion den Bericht zum Untersuchungsausschuss vor. Es ist eine Abrechnung mit dem Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Es sei “manipuliert, frisiert und finanziert” worden.

Wien | Das „akribische Protokoll einer großen Täuschung“: Die Grünen legten am Donnerstag als erste Fraktion ihren Bericht zum ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss vor. Die Fraktionsführerin Nina Tomaselli schießt sich besonders auf den Ex-Kanzler Sebastian Kurz ein.

“Manipuliert, frisiert und finanziert”

Man habe “genau aufgezeigt, wie ein kleiner türkiser Machtzirkel rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz das ganze Land getäuscht hat”, betonte Tomaselli bei der Präsentation vor Journalisten.

Sie haben manipuliert, mit frisierten Umfragen und mit Steuergeld finanzierten Inseraten”, so die Grünen-Fraktionsführerin. Das sogenannte “Beinschab-Tool” habe beinahe europaweit Bekanntheit erlangt. Genau beleuchtet habe man aber auch das Vorarlberger “Wirtschaftsbund-Tool” und den “Inseratengoldesel der Bauernzeitung”. Dieser Machtzirkel um Kurz habe “Postenschacher” betrieben und die Republik als “Selbstbedienungsladen” missbraucht. Statt den Kompetenten wurden laut Tomaselli für diverse Posten in der Verwaltung jene ausgesucht, “die steuerbar sind”.

(C) Grünen-Fraktion im U-Ausschuss.

Um “superreiche Freunde” gekümmert

Gekümmert habe man sich “mittels Spezialbehandlung um superreiche Freunde”. Etwa sei Unternehmer Siegfried Wolf ein “satter Steuernachlass” genehmigt worden, nachdem er im Finanzministerium interveniert habe. Das Finanzministerium habe sich auch um Immobilieninvestor Rene Benko intensiv gekümmert. “Während die einfachen Leute Steuern zahlen, ist das Finanzministerium ein Steuerwohlfühlprogramm für Superreiche gefahren”, monierte Tomaselli.

Ein weiteres Thema sei der “Russland-Kuschelkurs” gewesen. Kurz und sein Machtzirkel habe Österreich dadurch in eine gefährliche Situation manövriert. Die Auswirkungen der Energiepolitik spürten die Menschen nun tagtäglich, so die Abgeordnete. Dieses Thema böte sich auch für einen neuen U-Ausschuss an. Diesbezüglich habe man schon bei den anderen Fraktionen vorgefühlt. Einzig von den NEOS habe man zustimmende Signale vernommen. Das reiche aber noch nicht, räumte Tomaselli ein. Für einen U-Ausschuss nach Minderheitenrecht braucht es nämlich ein Viertel der Abgeordneten.

Nun gehe es darum, dass das verloren gegangene Vertrauen in die Politik wieder zurückzugewinnen. Der U-Ausschuss habe einiges dafür geleistet und habe schon während seiner Laufzeit eine “sehr gute Wirkung” entfalten können, verwies Tomaselli auf zahlreiche Rücktritte etwa von Kurz oder die Ex-VP-Minister Gernot Blümel oder Elisabeth Köstinger. Zudem sei Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) als Verfassungsrichter zurückgetreten, Oberstaatsanwalt Johann Fuchs verlor die Fachaufsicht über die WKStA und der mächtige Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek wurde suspendiert. “Das alles sind gute Nachrichten”, so Tomaselli. Zudem sei es legistisch zu “vielen positiven Beschlüssen” gekommen wie “gläserne Parteikassen” oder ein scharfes Antikorruptionsgesetz. Und auch an einem modernen Informationsfreiheitsgesetz werde man weiter “beharrlich arbeiten”.

NEOS-Kritik an Grünen

Kritik an den Aussagen Tomasellis kam am Donnerstag von den NEOS: “Es ist zwar schön, dass die Grünen im U-Ausschuss mit uns auf der Seite der Aufklärung standen, grüne Lippenbekenntnisse allein reichen jedoch nicht”, bemängelte Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Bei den Grünen bleibe es in Sachen sauberer Politik bei “Lippenbekenntnissen”. Interesse an den notwendigen Reformen hätten sie offenbar nicht, denn sonst hätten sie den NEOS-Anträgen im vergangenen Plenum für ein Informationsfreiheitsgesetz, ein schärferes Korruptionsstrafrecht und einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt zugestimmt, so Krisper. Die Grünen positionierten sich im U-Ausschuss als Aufklärer, in der Regierungsverantwortung würden sie dann aber die Haltung verlieren und umfallen.

Der Bericht der Grünen trägt den Titel “Protokoll einer großen Täuschung” und stellt auf 91 Seiten die Erkenntnisse aus dem U-Ausschuss und die Sichtweisen der grünen Fraktion auf diesen dar. Sechs Kapitel widmen sich den Kernbereichen und sind überschrieben mit “Eine Toolbox für Trixer – Die Inseratenaffären”, “Aufträge für befreundete Unternehmen”, “Spezialbehandlung für Superreiche”, “Postenschacher” und “Kuschelkurs mit Putin”.

26,5 Millionen Seiten Akten

Wie beim grünen Abschlussbericht zum Ibiza-U-Ausschuss auch fasst ein Kapitel wieder Statistisches zusammen. Dabei erfährt man etwa, dass in 42 Befragungstagen insgesamt 85 Befragungen durchgeführt wurden. Die Befragungsdauer umfasste 218 Stunden und 48 Minuten. Insgesamt wurden 26,5 Millionen Seiten an Akten und Unterlagen geliefert. Davon 19.773 Dateien elektronisch, der Rest kam in 2.160 Papierordnern.

apa | Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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16 Kommentare

  1. Das ganze Land haben sie selbstverständlich nicht getäuscht. Ich bin sicherlich nicht die einzige, die Kurz nicht täuschen konnte. Und die wir ihn durchschaut haben mussten vielfach leiden und haben uns ein vielfaches Schmerzensgeld verdient (bloß werden wir es nie bekommen). Wie konnte man auf diese billigen Schmäh reinfallen?

    • Das habe ich mich auch immer gefragt. Nicht eine Sekunde habe ich diesem
      Menschen vertraut, er und seine Crew waren immer suspekt. Allein seine Gestik und sein Verhalten auch ohne dass er gesprochen hat, waren erschreckend. Warum sich soviele blenden ließen ist mir bis heute ein Rätsel.

  2. Ach ja die Grünen im Kontext mit “knallharter Abrechnung”. Eine besondere Rechnung sei hier erwähnt. In Summe flossen im vergangenen Jahr 105,2 Milliarden Euro an Steuergeld in die Staatskasse. Sagenhaft, so viel wie noch nie. Wie möchten “die Grünen” den verarmten und denen die es in Kürze sein werden helfen? Die Inflation hat doch ordentlich dazu beigetragen, diesen Staat ein dermaßen hohes Niveau an Steuereinnahmen zu bescheren. Die Kehrseite ist deutlich sichtbar. Einmalzahlung sind der reinste Hohn und deutlich zu gering. Nun, “ihr Grünen”, was werdet ihr machen? Weiter euren Koalitionspartner decken und Geld an deren Klientel verteilen? Verlogenes Pack, ihr habt schon vor langer Zeit eure Werte verraten. Grausiges Gesindel, genauso grauslich wie euer Partner.

  3. Die Neos-Tante möge bitte schweigen, weil, soweit ich mich erinnere, hat sie der Verlängerung des U-Ausschusses nicht zugestimmt. Warum wohl? Wären Einschläge näher gekommen?

  4. Kein Politiker hat unserer Demokratie so geschadet wie Sebastian Kurz. (Die rechten Krakeeler wie Haider, Strache und Kickl mal ausgenommen, die sind nämlich noch schlimmer). Ich hoffe die anderen Parteien wie Neos, Grüne und SPÖ hüten sich davor, auf der Jagd nach Wählerstimmen jemals eine solche Missgeburt (im politischen Sinne natürlich) hervorzubringen.

  5. Wenn die Grünen nun schon dabei sind mit Herrn Kurz abzurechnen, dann sollten sie das auch mit der aktuellen Regierung endlich tun.
    Dazu nur nachfolgendes Beispiel:

    Lückenhafter Hinweisgeberschutz
    Das Institut für Interne Revision hat im Zuge des Begutachtungsverfahrens eine eigene Stellungnahme beim Nationalrat zum Hinweisgeberschutzgesetz eingereicht. Darin wies das IIA Austria auf folgende Mängel bzw. Verbesserungsnotwendigkeiten hin:

    • Das Gesetz sieht den Schutz von Hinweisgebern bzw. Whistleblowern nur bei Verletzungen von EU-Recht und bei Korruptionsfällen vor. Nicht berücksichtigt sind der Schutz bei Verstößen gegen das Arbeitsrecht, bei Mobbing, sexueller Belästigung, aber auch Betrug. „Für juristisch nicht ausgebildete Hinweisgeber ist unklar, ab wann sie tatsächlich rechtlichen Schutz genießen“, bemängelt Gottfried Berger die Gesetzesvorlage. Grundsätzlich ist im Gesetz der Anwendungsbereich der Bestimmungen nicht klar erkennbar, da sich der Gesetzestext zumeist nur auf Unternehmen bezieht und z. B. auf Personen des öffentlichen Rechts und Behörden nicht gesondert eingeht.

      Das Gesetz sieht weiters keine Verpflichtung zur Bearbeitung von anonymen Hinweisen vor. Aus Sicht der Internen Revisoren Österreichs wäre es notwendig, dass das Gesetz eine verpflichtende Prüfung der Stichhaltigkeit von Hinweisen enthält.

      Ebenso wenig sind im Hinweisgeberschutzgesetz Sanktionen definiert, wenn ein Unternehmen keine Meldestelle für Whistleblower einrichtet. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung eine solche Meldestelle einzurichten, kommt jedoch rechtlich einer Behinderung der Hinweisgebung gleich.

      Zitat eines Herrn Berger von der IIA Austria:

      “Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass das neue Whistleblower-Gesetz zahnlos ist und in der Praxis kaum Verbesserungen bringen wird. Daher wird eine Reparatur des verunglückten Gesetzes über kurz oder lang notwendig sein.”

      Wir werden also weiter verarscht was das Zeug nur hält!!!!

  6. Wenn die Grünen weiter im Parlament bleiben wollen sollten sie schleunigst den Schwarzen den Maurer Finger zeigen.

    Alles andere wäre unglaubwürdig.

    • sie waren und sind noch immer teil des systems, nur durch den abgang des münchhausen hat sich am system türkis nichts geändert

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