Dienstag, April 30, 2024

Regierungszwist um Verjährung – Ministerin unterschreibt nicht

Staatsanwälte und Justizministerin schlagen Alarm: Die Verjährungshemmung könnte enden. Für Korruptionsemittler hätte das dramatische Konsequenzen bei der Strafverfolgung.

Wien | Eine mögliche Aufhebung der Regelungen zur Verjährungshemmung besorgt Justizministerin wie Staatsanwälte. Ressortchefin Alma Zadic (Grüne) sah nach dem Ministerrat Probleme bei der Verfolgung von Korruptions- und Terrorbekämpfung sowie von organisierter Kriminalität. Sollten die angefochtenen Regelungen ersatzlos wegfallen, würde man keine Möglichkeit haben, die Verjährung von Straftaten zu stoppen, so der Vizepräsident der Staatsanwältevereinigung, Bernd Ziska.

Edtstadler unterschreibt nicht

Hintergrund ist, dass im Buwog-Prozess erstinstanzlich Verurteilte die Regeln zur Verjährungshemmung beim VfGH angefochten haben. Eine Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen im Strafgesetzbuch (konkret betroffen ist der gesamte Paragraph 58) durch den VfGH hätte nicht nur Konsequenzen für den konkreten Fall. Betroffen wären dann automatisch auch alle anderen Strafverfahren. Bedeuten würde die, dass Strafverfahren nach einer gewissen Frist automatisch enden, wenn nicht angeklagt wird. Durch überlanges Untertauchen oder Einlegen von Rechtsmitteln könnte ein Verfahren leichter verjähren.
Die Regierung hat dazu bisher keine gemeinsame Stellungnahme an das Höchstgericht zustande gebracht, da das Verfassungsministerium die geltende Regelung laut “Kurier” nicht unterstützt sondern die Angelegenheit bei der Reform der Beschuldigtenrechte neu definieren möchte. Am Dienstag fehlte noch die Unterschrift der zuständigen Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Vorerst gebe es “keine politische Einigung”, so aus dem Büro der Ministerin.

Staatsanwälte: “Das kann man nicht wollen”

Die Staatsanwälte sehen hingegen keinen Änderungsbedarf. Ziska meint dazu: “Das kann man nicht wollen.” Der Staatsanwälte-Vertreter kann sich aber nur schwer vorstellen, dass das Höchstgericht den Paragraphen tatsächlich kippt. Der VfGH habe erst vor etwa zwei Jahren in einem Verfahren um die Verfahrensdauer bei Strafverfahren die Verjährungsbestimmungen geprüft.

Problematisch sei nur, wenn Straftaten gar nicht verjähren, meinte Ziska. Das würden sie aber ohnedies – die Verjährung werde durch Ermittlungsschritte der Behörden bzw. der Gerichte nur gehemmt. Er hoffe jedenfalls, dass es keinen Anlass für eine Aufhebung gibt. Sollte dies doch geschehen und vor allem ohne Frist zur Reparatur, hätte dies weitreichende Konsequenzen.

Schon derzeit seien die Verjährungsfristen für manche Delikte relativ kurz. Die Verjährungsfrist beginnt bereits mit dem Ende der Ausführung der Tat und wird erst mit Ermittlungsschritten wie der ersten Einvernahme des Beschuldigten oder dessen Ausschreibung zur Fahndung gehemmt. Da man aber im Regelfall zunächst gegen unbekannte Täter ermittelt, läuft die Frist zunächst.

Weitreichende Folgen

Gerade im Vermögensbereich dauert es laut Ziska aber manchmal bereits einige Zeit, bis eine Tat einmal bekannt wird und sich die Opfer an die Behörden gewendet haben. Für Diebstahl (Strafdrohung sechs Monate bzw. Geldstrafe, Anm.) beträgt sie etwa ein Jahr. Daher sei man schon jetzt oft sehr knapp dran mit manchen Verjährungsfristen. Verliere man nun auch noch die Möglichkeit, die Fristen mit bestimmten Ermittlungsfristen zu stoppen, würden die Täter straffrei ausgehen.

Gegen eine Änderung der Verjährungsregeln spricht sich auch die stellvertretende Vorständin des Instituts für Strafrecht der Uni Wien, Ingeborg Zerbes, aus. Dies halte sie nicht für angezeigt, meinte sie im Ö1-“Mittagsjournal”. In der Schweiz gebe es etwa absolute Verjährungsfristen, die unabhängig von Ermittlungsschritten der Behörden laufen. Damit habe man zuletzt etwa das Verfahren im Umfeld der FIFA in den Sand gesetzt. “Aus meiner Sicht halte ich absolute Fristen für die undifferenzierte Methode. Wenn man eine differenzierte hat, sollte man diese lassen.”

“Da müssen sie die Kollegin selbst fragen”

Zadic verwies darauf, dass etwa bei Korruptionsdelikten die Ermittlungen oft länger dauern würden. Seit Gründung der Zweiten Republik seien die Verjährungsfristen “ein Kernelement der Verbrechensbekämpfung”. In fast allen westlichen Demokratien gebe es ähnliche Regelungen. Dass der Koalitionspartner das anders sieht und eine entsprechende Stellungnahme der Regierung an den VfGH über die Verfassungsministerin blockiert, wollte Zadic nicht direkt kommentieren: “Da müssen sie die Kollegin selbst fragen.”

Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

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25 Kommentare

  1. Edtstadler stellt sich auf die Seite von Wirtschaftskriminellen und Korruptionisten, das ist eine Schande.

  2. Ein Gaukelspiel, ohnmächtigen Gewürmen
    Vom Mächtigen gegönnt,
    Schreckfeuer, angesteckt auf hohen Türmen,
    Die Phantasie des Träumers zu bestürmen,
    Wo des Gesetzes Fackel dunkel brennt.

    All meine Freuden hab ich dir geschlachtet,
    Jetzt werf ich mich vor deinen Richterthron.
    Der Menge Spott hab ich beherzt verachtet,
    Nur deine Güter hab ich groß geachtet,
    Vergelterin, ich fordre meinen Lohn.

    (Zitiert aus F. Schillers Resignation)

  3. Edtstadler macht genau das wofür sie in der Regierung ist. Es darf niemanden wundern und war von Anfang an klar wozu sie gebraucht wird. Die Grünen haben sich, genauso wie alle anderen Parteien vorher, über den Tisch ziehen lassen. Edtstadler ist als Parteisoldat nur dazu da zu kontrollieren und zu sabotieren. Das ist auch der Grund warum sie nicht wie die anderen zurückgetreten ist. Wenn’s brenzlig wird lässt man den Werwolf von der Kette. Das System Kurz funktioniert noch immer. Es denkt doch niemand daß Nehammer bzw. die türkise Regierungsriege ohne Hintergrund-Akteure auch nur irgendwas auf die Reihe bekommen. Die Justiz zu untergraben, zu behindern und unwirksam zu machen ist der alleinige Sinn. Überrascht bin ich nur über meine Naivität, nicht zu sehen wie weit fortgeschritten das System und wie abgezockt diese Bagage ist. Wenn sich die Opposition nicht bald zu einer gemeinsamen Strategie verständigen kann, wird es ein Drama geben.

    • Die lassen sich keinenfalls die Butter vom Brot nehmen. Koste es was es wolle ist die Devise. Demokratie ist ihnen egal , Macht ist wichtig, sonst gar nichts.
      Keiner hat ein ehrliches Gesicht und kann einem in die Augen schauen. Man konnte wie bei Putin alle Zeichen sehen und trotzdem hat niemand rechtzeitig reagiert.

    • ….vielleicht ist das der Plan: “Ein Bankräuber darf nur während des Bankraubs gestellt und verhaftet werden, ist er draußen, ist die Tat Verjährt”. 😟

  4. was soll man zu dieser türkisen bagage noch sagen?

    irgendwie müss ma die kommenden 1 1/2 jahre bis zur nächsten wahl noch drüberbringen.
    und dann hoffen, dass diese parvenues allesamt dort sind, wo sie hingehören.

    auf dem misthaufen der geschichte.

    • Unfassbar alles! Unfassbar. Man braucht nichts mehr dazu sagen. Es reicht, es gelesen zu haben. Der Ekel wird auch dann bleiben, wenn keine Wut mehr aufkommt.

      • Ich glaube auch, daß das Ziel der ÖVP eine Szenerie wie mit Schüssel ist und sie wieder den Anspruch auf den BK stellen wollen.

        • Bei der Kanzler-Prognose bin ich mir zwar weniger sicher, aber mein Tipp: Die ÖVP will nur den Rechtsstaat zertrümmern um ihr Geschäftsmodell fortzuführen und sich vor Strafverfolgung zu schützen. Also wird sie sich mit Justiz- und Finanzministerium zufrieden geben und den Kanzleranspruch aufgeben.
          Kickl hingegen wird aus Haiders Fehler gelernt haben und auf einem FPÖ-Kanzler beharren. Dass er es persönlich wird, dürfte schon an Van der Bellen scheitern. Also wird es wohl ein blauer Schwachmatiker werden, dem sich Kickl nicht unterlegen fühlen muss. Vielleicht so etwas wie Herbert Haupt 2.0.

          • Ja, da gäbe ich ihnen Recht.
            Diese Variante ist natürlich auch sehr naheliegend. Ich habe allerdings das sehr ungute Gefühl, dass Kurz noch nicht ganz vom Tisch ist. Knifflig!

          • Trauen Sie ihm nochmals eine Mehrheit auf einem Parteitag und bei Nationalratswahlen zu? Ich stelle ihn mir maximal als türkisen Silberstein vor, der im Untergrund intrigiert.

          • Ich traue es der ÖVP zu, daß sie mit dem Gedanken spielen und sich wieder unterwerfen würden. Dass er im Hintergrund integriert habe ich keine Zweifel. Wenn es anders wäre hätte die ÖVP einen anderen Weg eingeschlagen. Er schafft es noch immer Leute wie z.B. Karas kalt zu stellen. Aber was weiß ich schon 🤷🏼‍♀️

    • Faszinierende und auch sehr schöne Pflanzen. Es ist so toll zu sehen wie sich die Natur weiterentwickelt. Ausgenommen ist nur der österreichische Wähler und die meisten Politiker, die entwickeln sich zurück. In diesem Fall wären die Klebefällen wirkungsvoller .😉

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