Der Bundespräsident hat dem Salzburger Landeshauptmann zu dessen Angelobung und zur vermeidbaren Koalition mit der FPÖ eine Rede gehalten. Sie fällt aus dem Rahmen und verdient eine Würdigung, meint Peter Pilz in seinem Kommentar.
Wien | Der Präsident genießt die Abenddämmerung. Sein Blick schweift über den Platz. Ein Geräusch. Er dreht sich um. Ein Mann mit einer schwarzen Maske steht hinter ihm. Der Präsident starrt ihn an. Der Mann nimmt die Maske ab. Der Präsident erkennt ihn und hebt an:
Lieber Wilfried! Ich weiß, dass Deine Partner noch bei mir im Keller sind, und Du weißt, dass ich gegen Deine neuen Freunde im Keller Bedenken habe, aber: „Ich vertraue Dir, lieber Wilfried, dass Du der großen Verantwortung, die Du mit der Wahl Deines Koalitionspartners auf Dich genommen hast, auch gerecht wirst.
Du wirst zu verhindern wissen, dass der manchmal verächtliche und hämische Tonfall, der auf nationaler Ebene zugenommen hat, hinuntertröpfelt auf die regionale Ebene. Und am Ende womöglich in die konkrete Politik einfließt.
Du, lieber Wilfried, bist der Damm, der dieses Hinuntertröpfeln verhindern wird. Ich zweifle nicht an Dir.“
Wie geht es weiter? Wilfried geht in den Keller. „Burschen, stellt´s das wieder zurück. Und das, was ihr da getröpfelt habt´s, wischt´s ihr wieder auf. Gemma!“
Später geht der Präsident in den Keller und freut sich, dass alles am rechten Platz ist. Nichts fehlt, nichts ist angetröpfelt.
Vielen hat der Präsident eine starke zweite Amtszeit versprochen. Viele haben ihn deshalb noch einmal gewählt. Er werde nicht mehr tatenlos zusehen, wie die Republik nach rechts ins antidemokratische und antieuropäische Lager abrutsche. Er werde eine klare Linie ziehen.
Aus der klaren Linie wird jetzt ein Tröpfeldamm und aus dem Präsidenten ein Tröpfeldammwärter. Nach dem nächsten Dammbruch wird die Überraschung groß sein.
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