Mittwoch, September 11, 2024

Teil 9: Der Eurofighter-Absturz

Das Justizministerium gibt grünes Licht: “Investor” und Kurz-Unterstützer Sigi Wolf wird vor Gericht gestellt. Die Spur des Eurofighter-Geldes führt von London und Graz nach Nikosia und Liechtenstein. Stolpert Putin-Mann Wolf jetzt über Eurofighter? Teil 1 einer 4-teiligen Analyse von Peter Pilz.

Wien | Die WKStA hat ihren Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft und dann weiter an das Justizministerium geschickt. Beide haben das Vorhaben der Staatsanwälte genehmigt. Sigi Wolf und sein Magna-Vorstandskollege Hubert Hödl werden wegen des Delikts der Geldwäsche angeklagt. Bei Hubert Hödl kommt der Vorwurf der falschen Zeugenaussage dazu, bei Wolf wird das noch geprüft. Siegfried Wolf hat inzwischen gegen die Anklage ein Rechtsmittel eingelegt. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

„Voodoo-Geschäfte“

Am 12. Juli 2017 saß Reinhold Mitterlehner als Auskunftsperson im zweiten Eurofighter-Untersuchungsausschuss. Der erste Ausschuss hatte zehn Jahre davor mit „Vector Aerospace“ einen Namen und eine Spur gebracht. Sie führte in die Londoner Dover Street und von dort aus zu Briefkästen in der ganzen Welt. 183,4 Millionen Euro waren an Dutzende Empfänger geflossen, der Großteil davon durch die Vector-Kanäle von Deutschland nach London und von dort nach Österreich.

Mehr als zehn Jahre forschten wir Person für Person und Konto für Konto aus. Stück für Stück nahm ein schwerwiegender Verdacht Gestalt an: Millionen Schmiergelder waren für die Fälschung und Vortäuschung von Gegengeschäften ausgegeben – und mit dem Eurofighter von der Republik Österreich mitbezahlt worden.

Eurofighter in Action. (c) ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com

Zehn Jahre später wussten wir weit mehr. „Vector Aerospace“ war eine gigantische Schleuse, durch die österreichische Steuergelder ihren Weg zu Erfindern und Lieferanten von „Gegengeschäften“ fanden.

Wolfgang Schüssel und Karl Heinz Grasser hatten 2002 alle überrascht, als sie stolz das Ergebnis der Verhandlungen mit EADS präsentierten: 200 Prozent Gegengeschäfte. Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen war ich Anfang 2003 dabei, als unser Klubobmann Alexander Van der Bellen Bundeskanzler Schüssel erklärte, dass das „Voodoo-Ökonomie“ sei und er nur eines nicht verstünde: warum wir bei der Chance auf 200 Prozent Gegengeschäfte nicht gleich 500 statt 18 Eurofighter kauften?

6,8 Millionen für Magna-Bestätigungen

Am 12. Juli 2017 lautete meine erste Frage an Mitterlehner: „Am 6. März 2017 waren bereits Gegengeschäfte von Magna in der Höhe von 384 Millionen anerkannt, es gab aber, wie Sie richtig gesagt haben, praktisch noch keine Gesamtabnahme der gesamten Gegengeschäfte. – War Ihnen oder Ihrem Ministerium bekannt, dass es im Zusammenhang mit diesen sogenannten Magna-Gegengeschäften in Höhe von 384 Millionen Provisionszahlungen an das Magna-Vorstandsmitglied Hubert Hödl in der Höhe von 6,8 Millionen € gegeben hat?“

Drei Tage nach der Mitterlehner-Befragung brachte ich gemeinsam mit meiner Kollegin Gabi Moser eine 45-seitige Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein. Auf der ersten Seite listeten wir 31 Verdächtige auf. Nummer 30 war Magna-Manager Siegfried Wolf. Hubert Hödl war bei Magna seine rechte Hand.

Zwei Angeklagte

Sechs Jahre nach unserer Anzeige und dem ertragreichen zweiten Eurofighter-U-Ausschuss haben die Staatsanwälte zu unseren Beweisen die letzte Spur des Geldes gefunden. Die WKStA stellt fest: „Zwei Personen werden am Landesgericht für Strafsachen Graz wegen des Verbrechens der Geldwäscherei (§ 165 StGB) angeklagt, einer der beiden darüber hinaus auch wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage (§ 288 StGB).“ Der Erstangeklagte heißt Hubert Hödl, der Zweitangeklagte Siegfried Wolf.

Es geht um die 6,8 Millionen Euro, die Gabi Moser und ich der Staatsanwaltschaft angezeigt hatten. „So soll der erstangeklagte Unternehmer Vermögensbestandteile in Höhe von rund 6,8 Millionen Euro verborgen sowie deren Herkunft verschleiert haben, und sich so der Geldwäscherei schuldig gemacht haben. Die Gelder sollen ursprünglich aus Untreuehandlungen von Verantwortlichen der EADS Deutschland GmbH stammen, und durch Scheinverträge von der EADS Deutschland GmbH über die VECTOR AEROSPACE LLP an mehrere Gesellschaften und Privatstiftungen bzw. Trusts überwiesen worden sein, die dem Erstangeklagten teilweise wirtschaftlich zuzurechnen waren.“

Die Staatsanwaltschaft kommt zu einem klaren Schluss: Zuerst wurden Gegengeschäfte erfunden und falsche Gegengeschäftsbestätigungen ausgestellt. Dazu haben EADS-Manager Geld von EADS an die Briefkastenfirma Vector Aerospace abgezweigt. Von dort ist das Geld für Scheingeschäfte an Hödl weitergeflossen.

Die Gesellschaften und Stiftungen heißen „Inducon“, „Domerfield“ und „Calone“. Aber worum geht es bei Hubert Hödl im Detail?

Gegengeschäfte

Am Anfang steht eine Frage: Was ist ein Gegengeschäft? Der Gegengeschäftsvertrag, den das Wirtschaftsministerium am 1. Juli 2003 mit EADS geschlossen hat, stellt klar: Ein Gegengeschäft muss „zusätzlich“ sein, also auf Grund des Eurofighter-Kaufs zusätzlich zu laufenden oder geplanten Geschäften abgeschlossen werden und damit zu zusätzlicher Wertschöpfung in Österreich führen. Und: Es muss „zeitlich entsprechen“: Es darf erst nach dem Eurofighter-Kaufvertrag entstanden sein.

Doch genau das funktionierte offensichtlich nicht. Kaum jemand war bereit, EADS mit neuen Käufen einen Gefallen zu tun. Schon bald war klar: Die Gegengeschäfte waren eine Blase, die platzen müsste – wenn nichts unternommen würde. Vier Milliarden an Gegengeschäften waren vertraglich vereinbart. Für den Fall der Nichterfüllung stand eine zweite Vereinbarung im Vertrag: fünf Prozent Pönale und damit ein Risiko von 200 Millionen Euro.

Aber was war faul an den Magna-Gegengeschäften? Mehr dazu in wenigen Tagen in Teil 2 der Hödl/Wolf-Luftgeschichte: “Der doppelte Hubert”.

Titelbild: FOTOKERSCHI.AT / APA / picturedesk.com

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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