Samstag, April 27, 2024

ÖVP in Linz: Lust aufs Geld

Für rund 450.000 Euro schalteten Land Oberösterreich und landesnahe Unternehmen und Organisationen Anzeigen in der ÖVP-Bauernbund-Zeitung „Lust aufs Land“. Im Rechenschaftsbericht tauchen diese Einnahmen nicht auf.

Nach der niederösterreichischen Inseratenaffäre – ZackZack berichtete – wird nach ZackZack-Recherchen klar, dass sich ÖVP-Teilorganisationen auch in Oberösterreich durch dubiose Inseratengeschäfte finanzieren. Im ersten Teil einer Oberösterreich-Recherchereihe nimmt ZackZack den oberösterreichischen Bauernbund und dessen Verlag AGRO Werbung GmbH genauer unter die Lupe.  

Die Verbindung zwischen der AGRO Werbung und dem Bauernbund ist eng, teilen sie doch dieselbe Adresse – Harrachstraße 12 in Linz. Wie untrennbar die beiden miteinander verbunden sind, offenbart ein Blick ins Firmenbuch. Die AGRO Werbung GmbH gehört zu 100 Prozent dem oberösterreichischen Bauernbund, einer ÖVP-Teilorganisation. Treuhändisch für den Bauerbund hält Wolfgang Wallner, der Direktor des oberösterreichischen Bauernbundes, die Hälfte der Anteile.

Geldregen bei „Lust aufs Land“

Das an alle oberösterreichischen Haushalte verschickte rund 20-seitige Gratisheft mit einer Auflage von 480.500 erscheint viermal jährlich. Kosten von rund 20.000 Euro für ein einseitiges Inserat wirken im Vergleich zu Abo- und Kaufzeitungen stark überteuert, reichen sie doch beinahe an den Anzeigenpreis in den Oberösterreichischen Nachrichten, die stärkste Zeitung in Oberösterreich mit täglich 343.000 Lesern, heran.

Zwischen Oktober 2020 und August 2023 hat das Land Oberösterreich gemeinsam mit Unternehmen im Landeseigentum und ÖVP-dominierten Organisationen wie der Oberösterreichischen Landwirtschaftskammer dort um mehr als 450.000 Euro inseriert. Das ergaben Auswertungen von ZackZack unter Berücksichtigung der relevanten Mediadaten.

Beim Inseratenvolumen im Zeitraum Oktober 2020 bis August 2023 ganz vorne mit dabei ist das Land Oberösterreich. Laut Mediadaten und entsprechenden Auswertungen von ZackZack schaltete das Land in „Lust aufs Land“ Inserate zum Preis von 151.220 Euro. Mehr als 175.000 Euro steuerten die Büros des Landeshauptmanns und der ÖVP-Landesräte bei, 161.060 Euro entfallen auf die Landwirtschaftskammer Oberösterreich.

Nicht im Rechenschaftsbericht

Der Bauernband kassiert, aber der ÖVP-Rechenschaftsbericht verschweigt die Parteispende aus Steuergeld. Möglich macht das die Konstruktion über die AGRO Werbung GmbH. Denn nur von Medien, von denen die Partei oder eine Teilorganisation selbst Inhaber ist, müssen Inserate über 3.500 Euro in den Rechenschaftsbericht aufgenommen werden, wie schon „DOSSIER“ berichtete.

Im Rechenschaftsbericht der ÖVP Oberösterreich für 2020 heißt es deshalb bei den Punkten „Zahlungen von nahestehenden Organisationen“: 0,00 Euro. Bei den „Einnahmen aus Sponsoring und Inseraten“: kommt der an den Rechnungshof übermittelte Rechenschaftsbericht auf lediglich 5.250 Euro. 

Seensucht und Speisekammer

Im Medientransparenzgesetz heißt es: „Audiovisuelle Kommunikation oder entgeltliche Veröffentlichungen, die keinen konkreten Bezug zur Deckung eines Informationsbedürfnisses aufweisen und ausschließlich oder teilweise lediglich der Vermarktung der Tätigkeit des Rechtsträgers dienen, sind unzulässig.“ Zahlreiche Inserate scheinen damit nicht den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen.

In einem Inserat des Landes Oberösterreich werden oberösterreichische Haushalte informiert, welche Seen es in Oberösterreich gibt und welche öffentlichen Badeanlagen daran angeschlossen sind. Darüber hinaus verrät das Inserat, dass die „oberösterreichischen Seen mit Abkühlung locken“. Dem Land Oberösterreich ist das 9.640 Euro wert.

Quelle: “Lust aufs Land”, Ausgabe Juni 2022, S. 9

Die Initiative „Esserwisser“ der Landwirtschaftskammer Oberösterreich erklärt in einem ganzseitigen Inserat, dass man Lebensmittel am besten mittels passender Rezepte verarbeitet und im Kühlschrank lagern oder „in die Speis geben“ kann. Eine Botschaft appelliert an die Wachsamkeit: Veränderung der Lebensmittel beobachten“. Die größtenteils öffentlich finanzierte Kammer lässt dem Bauernbund der ÖVP so laut Mediadaten 19.530 Euro zukommen.

Quelle: “Lust aufs Land”, Ausgabe März 2022, S. 5

Die großzügigen Inserate der Landwirtschaftskammer (LK) für das Bauernbund-Magazin werden durch einen Blick aufs Präsidium des Bauernbundes plausibler. Dort steht Landwirtschaftskammerpräsident Franz Waldenberger an erster Stelle. Weil das Anzeigengeschäft bei „Lust aufs Land“ offenbar gut läuft, übertrug die Landwirtschaftskammer der AGRO Werbung das gesamte Anzeigengeschäft für deren eigene Zeitung „Der Bauer“. Die Grenze zwischen Bauernbund und Landwirtschaftskammer ist in beide Richtungen weit offen.

NEOS-Anfrage im Landtag

NEOS-Landtagsabgeordneter Felix Eypeltauer wollte in einer Anfrage im Sommer 2023 im oberösterreichischen Landtag wissen, wie hoch die Ausgaben der Büros des Landeshauptmanns und der einzelnen Landesräte seit Herbst 2020 in parteinahen Medien sind. Die Anfrage bezog sich jedoch nur auf Ausgaben der einzelnen Büros und klammerte landeseigene Unternehmen, die Landwirtschaftskammer und Ausgaben des Landes selbst aus.

Quelle: Auszug aus der NEOS-Anfrage im oberösterreichischen Landtag

Aber auch diese Anfrage brachte einiges zutage. Das Büro von ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer gab im genannten Zeitraum zusätzlich zu den von ZackZack dokumentierten Werbeeinschaltungen des Landes Oberösterreich rund 52.000 Euro für Anzeigen in „Lust aufs Land“ aus.

Bei Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander beliefen sich die Inserate in „Lust aufs Land“ auf circa 30.000 Euro, bei Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner waren es mehr als 60.000 Euro, Landesrätin für Regionen Michaela Langer-Weninger kommt auf mindestens 35.000 Euro.  

Maßnahmen gefordert

Auf Anfrage hieß es dazu von den NEOS-Oberösterreich: „Die jahrzehntelange Praxis von sinnlos-Inseraten der Landesregierung in Parteimedien muss gesetzlich verboten werden. Wir sprechen hier nämlich von ÖVP-Parteimedien, in denen es ohnehin auf 40 Seiten nur um die ÖVP geht“.

Im Jahr 2022 brachten Grüne und NEOS im oberösterreichischen Landtag einen Initiativantrag gegen Inseratenschaltungen der öffentlichen Hand in Parteimedien ein. Die oberösterreichische Landesregierung wird darin ersucht „Maßnahmen zu setzen, damit in Zukunft weder über das Land Oberösterreich selbst noch über Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, Inserate in Medien geschaltet werden, die sich einer politischen Partei zuordnen lassen.“

AGRO: Kein Geld an ÖVP

Ob die Einnahmen der AGRO Werbung GmbH aus den betreffenden Inseraten an den Bauernbund und damit an die ÖVP fließen, wollten wir von der AGRO Werbung GmbH in einer Anfrage wissen.

Deren Geschäftsführer Franz König bemängelte zunächst die Höhe der von ZackZack berechneten Inserate seitens der Landwirtschaftskammer: „Ihre angeführte Summe (€ 161.060,-) ist viel zu hoch, das Volumen beträgt deutlich weniger als die Hälfte! ZackZack-Berechnungen ordneten auch Initiativen wie „Esserwisser“ und „Gutes vom Bauernhof“ der Landwirtschaftskammer zu. Weiters verwies König darauf, dass große Medien wie die „Oberösterreichischen Nachrichten“ deutlich mehr Geld vom Land Oberösterreich „erhielten“ und beteuert abschließend: „Die AGRO Werbung GmbH hat während meiner langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer noch nie Gewinnausschüttungen an den OÖ. Bauernbund getätigt.“

Das ist auch gar nicht notwendig. Die mit öffentlichen Mitteln kräftig unterstützte Werbung für die ÖVP Oberösterreich ist auch dann ein Faktum, wenn das Geld nicht in der Parteizentrale, sondern in einer Tochterfirma des Bauernbunds ankommt.

Titelbild: Screenshot „Lust aufs Land“, FOTOKERSCHI.AT / APA / picturedesk.com, Montage ZackZack

Daniel Pilz
Daniel Pilz
Taucht gerne in komplexere Themengebiete ein und ist trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm stecken geblieben.
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5 Kommentare

  1. Ja, ja die Jahrhundertjustizreform hat auch hier den Garten für solche Ernten aufgebaut und eröffnet.
    Auf Grund dieser großartigen Justizreform brauchen die hier Aktiven auch weiter keine Angst zu haben?
    Die Oppositionen sollen sich aber nicht noch weiter dazu blöd stellen, sondern endlich ihre Verantwortung des Mittotschweigens hier eingestehen?
    Auch der Wasserschadenpräsident soll auch endlich dazu Farbe bekennen, dass er schon immer gewußt hat, was in diesem Land siet dieser Reform möglich war (auch seine Grünen scheint das sehr gefallen zu haben und sehr nützlich gewesen zu sein?) zumal diese Jahrhundertjustizreform, die uns weiter auch noch immer als sehr modern verkauft wird und ja auch weiterhin ihre Wirkungen noch immer weiter entfalten darf?

    • Zadic hat ja für 2030 eine umfangreiche Justizreform angekündigt…erstens ist sie da zum glück nicht mehr Korruptionsministerin….und sollte wohl laut ihre wünsche komplettes aushebeln aller legalen Mittel für Huren und reiche sein….mit etwas glück kommt rot in die Regierung und arbeitet den Korruptionssumpf auf….inkl anklage der Justizministerin die alles tut….nur nicht die unabhängige Justiz schützen und kriminelle Politiker anklagt…..

  2. ÖVP und Grüne feiern ein neues Gesetz zum Schutz von Whistleblowern.

    Hinweisgeber fürchten sich in Österreich zurecht, weil sie wissen, dass Spitzen der Justiz und der Kriminalpolizei gemeinsam mit dem Nationalratspräsidenten und seiner Partei ein politisches Kartell bilden. Wer den Mund aufmacht, dem wird er gestopft.

    Trotzdem feiern die Grünen das Gesetz und sich selbst: Die Aufnahme des Korruptionsstrafrechts in den Katalog der legalen Whistleblower sei ihr Erfolg. Sie haben recht. Die Grünen haben durchgesetzt, dass Hinweise auf Amtsträger, die sich bestechen lassen, in Zukunft legal sind.

    Aber wichtiger ist, was jetzt endgültig in die Illegalität verschoben wird: Wer Hinweise über Geldwäsche, illegale Parteienfinanzierung, Inseratenkorruption oder kriminelle Parteibuchwirtschaft gibt, gilt als kriminell. Das ist der große Erfolg der ÖVP. Alle Whistleblower wissen, dass es ihnen ab jetzt mit Zustimmung der Grünen an den Kragen geht.

    Das Korruptionsstrafrecht selbst bleibt weiterhin eine kleine Insel in einem großen schwarzen Sumpf. Spendenwäsche bleibt legal. Illegale Parteienfinanzierung kommt nicht ins Strafgesetzbuch. Inseratenkorruption geht einfach weiter. Nehammers Satz, dass die ÖVP kein Korruptionsproblem habe, wird so erstmals verständlich.

    ZZ berichtete….dank grün wie ja Kogler 2019 sagte sie seien die einzigen die ein Soziales Programm hätten (haben grossteil von der SPÖ abgekupfert, oft Wortgleich) und korruption bekämpfen …. nur es ist anders rum…trotz grüner Justiz oder wegen der grünen wird korruption immer mehr….
    ÖVP hätte es nicht besser machen können….sie sagen wo es langgeht und grün setzt es um….

    • Danke für ihre Ausführungen, welche ich eigentlich schon lange über unsere tollen Qualitätsmedien lesen würde, aber auch in harten Nationalratsdebatten darüber gerne erfahren würde…

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