Freitag, April 26, 2024

Der Pilnacek-Schlapfen

„Profil“-Chefin Anna Thalhammer meint, ich solle meinen „Schlapfen“ halten. Es geht um Pilnacek, Kurz und eine seltsame Vorstellung von Rechtsstaat.

Die profilierte Journalistin Anna Thalhammer hat mir einen Rat gegeben: „Sie sollten mal den Schlapfen halten!“ Jetzt halte ich meinen Schlapfen, sitze vor dem Computer und versuche, ihrer zweiten Aufforderung nachzukommen: „… und ihre eigene Rolle reflektieren“. Das mache ich am besten im direkten Pilnacek-Vergleich mit der Autorin.

„Geförderter Durchblick“

Schon als Journalistin der „Presse“ pflegte Thalhammer ihre Kontakte zu Christian Pilnacek. Am 15. August 2019 vertraute Pilnacek seinem engsten Verbündeten OStA-Chef Johann Fuchs per SMS an: „Sie hat einen – von mir geförderten – Durchblick“. Kurz darauf legte Pilnacek nach: „Ja, Zusammenhänge, die man konstruieren kann… den größeren sieht sie nicht“.

Ein von Pilnacek „geförderter Durchblick“ – was war das? Welchen „Durchblick“ hatte Thalhammer und wie ist er von Pilnacek gefördert worden? Mit Akten und Dokumenten – oder nur mit Einsichten in das Wesen des Rechtsstaats?

Es ist aktenkundig, dass sich Pilnacek Akten und Dokumente besorgt und sie auch verteilt hat. Und es ist journalistisch völlig normal, dass eine Journalistin Quellen nützt. Entscheidend ist ein anderer Punkt: Lässt sich die Journalistin instrumentalisieren und zahlt sie damit einen Preis für ihre Quellen? Von der dubiosen Verwertung der „AG Fama“-Akten des Bundeskriminalamts bis zum „geförderten Durchblick“ bleiben Fragen offen.

Machtfrage statt Rechtsstaat

Christian Pilnacek hat die Justiz aus der Sicht der Macht betrachtet. Wer für ihn war, wurde gefördert, wer sich ihm in den Weg stellte, wurde aus diesem geräumt. Anna Thalhammers Kommentar zum Kurz-Prozess verrät Pilnacek-Schule. Ihrer Ansicht nach geht es „um die Klärung einer Machtfrage, die sich zwischen Justiz, konkret der WKStA, und dem Ex-Kanzler abspielt“.

Wer gewinnt, hat recht. Das ist das Credo derer, die den Rechtsstaat als Kampffeld sehen. Mit der Erfindung eines “Machtkampfs” stellt Thalhammer korruptionsverdächtige Angeklagte und die Strafjustiz, die sie verfolgt, auf eine Stufe. Die einen brechen die Gesetze, die anderen verfolgen den Gesetzesbruch. Die “profil”-Chefin sieht nur zwei Parteien und ein Motto: “Einer wird gewinnen”.

Dutzende Chats und Dokumente beweisen: Pilnacek war dort fast jedes Mittel recht. Für Thalhammer ändert das nichts: „Es ist kein Geheimnis, dass ich Christian Pilnacek sehr geschätzt habe – und er, glaube ich, mich.“ Das ist eine gute Zusammenfassung.

Lautstärkeregelung

Der seltsamste Satz steht allerdings an einer anderen Stelle der Thalhammer-Erklärung: „Es ist wichtig, richtig und höchstnotwendig, Korruptionsermittlungen zu führen, wenn es einen Verdacht gibt. Und ja, es ist auch mehr als legitim, über Vorwürfe zu berichten – aber es ist wie alles im Leben eine Frage der Tonalität und Lautstärkeregelung.“ Ich füge etwas hinzu: Entscheidend ist, wer den Lautstärkeregler bedient. Gerald Fleischmann und Richard Grasl können das Anna Thalhammer sicherlich erklären.

Bevor ich jetzt wieder zum Schlapfen greife, wie von Thalhammer gefordert etwas zu meiner Rolle. Es stimmt, ich war schon früh der Meinung, dass Christian Pilnacek mit seinem Netzwerk von Eisenstadt bis Innsbruck dem Rechtsstaat schadet. Als Abgeordneter habe ich erlebt, dass er das Parlament ebenso tief verachtete wie die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die sich bei der Bekämpfung der Korruption deren Mutterpartei und ihren Netzwerken in den Weg gestellt haben. Daher habe ich die Mittel der parlamentarischen Kontrolle genützt, um Pilnaceks Anschläge auf den Rechtsstaat aufzuklären.

Es ist kein Geheimnis, dass mich Christian Pilnacek aus all diesen Gründen nicht geschätzt hat. Anna Thalhammer hat jedenfalls für Anna Thalhammer eine Warnung bereit: „Die Chefredakteure dieses Landes mahnen von übermütigen Redakteuren kaum Zurückhaltung (…) ein, sondern freuen sich über Klickzahlen.“ Anna Thalhammer hat sicherlich recht.

ergänzt um 14.58 Uhr


Titelbild: EXPA / APA / picturedesk.com, ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com, Christopher Glanzl, Montage ZackZack

Peter Pilz
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Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.
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22 Kommentare

  1. Mit Thalhammer’s heutigem (und mittlerweile nicht mehr öffentlich einsehbaren) Twitter-Eintrag zu Armin Thurnher hat sie einmal mehr den Beweis als bewährte Geilomobil-Beifahrerin erbracht. Man stelle sich eine Traueranzeige vor, dicker schwarzer Rand, darin befindet sich ihr Text, ich zitiere wörtlich, doch nur auszugsweise, da ich mir den ganzen Schwachsinn nicht merken wollte:
    “Elegie auf das Falterabo. Genauso Deutsch und inhaltlich what wie andere Elegien aus der Feder des abgedrifteten Herausgebers. Wir klinken uns da aus. Wer … wir sind Atheisten.”
    Eine krasse Beleidigung von Thurnher+Falter. Was sagt der Presserat zur Äußerung einer Chefredakteurin, die es mit diesem intellektuellen Portfolio nur in Österreich und mit Grasl im selben Boot geben kann. Die verdienstvollen langjährigen Profil-Redakteure und Redakteurinnen werden sich nicht äußern, sonst – Unschuldsvermutung – fliegen sie hochkant raus.

  2. Hr Pilz, denken Sie wie ein Ösi mit Sarkast. Schmäh – ich hätte Frau Thalhammer wie folgt geantwortet (so in etwa) : .. danke für Ihr warmes Kompliment, Schlapfen, dass Sie mich mit einem gemütlichem un-prätentiösen, bequemen “Bewegungsmittel” vergleichen, worauf man sich den ganzen Tag freut, sich diesen überzuziehen.. Nicht zu vergleichen mit einem grünen zarten Pantöffelchen, hochhackig mit grüner Fellquaste (unsere Nachbarin trug sowas am Land..! täglich selbst im Garten), das überall nur drückt und schmerzt. Schlapfen macht keinen schlanken Fuß, aber dafür Platz für.. … entziehen Sie der vlt. etwas neg. Äußerung die Schärfe, indem Sie mit sarkast. Witz antworten (hatte mal mit einem Poln. Taxler ein Gespräch, der mir erzählte, er bevorzugt Ö, da in Konflikten einer der Ö immer mit sarkast. Witz – das sogar nicht passen will – kontert – daraufhin jedem die Sprache wegbleibt und alle mussten lachen – Ergebnis: der Konflikt endete mit entspannter, grinsender Gesichtern bevor er an Spannung zunehmen konnte.. das liegt uns noch vom jüd. Gedankengut im Blut, denken Sie an die Conference mit dem ehem. Vorsitzenden der israel. Kultusgemeinde und Arik Brauer.. und weitere …)

  3. Mein letztes Erlebnis mit eine Schlapfen war etwas andres. Da hat mir eine Frau quasi einen Schlapfen eher nach- als zugeworfen, was sich dann als Annäherungsversuch herausgestellt hat, der auch am Ende geklappt hat.

  4. Herr Bonelli hat heute bei Gericht davon gesprochen, dass er ein anscheinend schon ausgearbeitetes Strategiepapier über die Zerschlagung der WKSTA damals an die Justizministerin geschickt hatte…?
    In wie weit war dann die Frau Thalhammer mit ihren Beiträgen gegen die WKSTA hier schon dazu eingebunden?
    Vielleicht können wir kleinen Bürger ja einmal in ein solches Strategiepapier auch Einblick erhalten? (Das lief ja damals nicht über das Parlement oder über sonst übliche Kanäle? – Aber besteht hier nicht allein schon bei einer solchen Anfertigung schon eine Anfangsverdacht für eine kriminelle Handlung, bis hin zur Bildung einer kriminellen Organisation?)

    • Wäre wirklich noch sehr interessant wie dieser Entscheidungsprozess innerhalb der SPÖ sich damals abspielte und vor allem wie die Statements der AK und der Gewerktschaft dafür waren? Aber auch wie das die Konsumentenschützer sahen?

  5. Nummer 1: Bitte lassen sie endlich die Toten in Ruhe!
    Nummer 2: Wer eine gute Journalistin sein will braucht Kontakte zu ganz oben!
    Nummer 3: Auch Frau Thalhammer ist tatsächlich (wie alle) keine gute Journalistin!
    Der letzte sehr gute Journalist war der Herr Worm!
    Leider werden beinahe alle Journalisten in Form von schönen Regierungsreisen samt schönen Hotelaufenthalten gefügig gemacht!
    Alle Journalisten der nicht privaten Medien waren zum Beispiel bei Corona von den Redaktionen geknebelt! Dasselbe in der Ukraine Berichterstattung!

    • Zu ihrer Nummer 1 eine Frage:
      Soll das nun heißen, dass jetzt alles wo der Herr Sektionschef je involviert war, oder überhaupt hauptverantwortlich, oder vielleicht auch noch steuerbar war nun im Zuge der Totenruhe sakrosankt ist und bleibt?

  6. Frau Thalhammer schrieb sogar einen Nachruf zu Herrn Pilnacek und das schon am 20.10.23:
    https://www.profil.at/oesterreich/instanz-und-reibebaum-ein-nachruf-auf-christian-pilnacek/402639869

    Ihr Hauptkredo im Auzugszitat:
    “…Er war Architekt der Reform der Strafprozessordnung 2008, sein persönliches Meisterwerk. Sie wird in Juristenkreisen noch immer als „Jahrhundertreform“ bezeichnet, die der bis dahin verstaubten Justiz einen Modernisierungsschub gab: Die Untersuchungsrichter wurden abgeschafft, die Staatsanwaltschaften gestärkt und als Organe der Gerichtsbarkeit verankert. Aber auch die Rechte von Opfern und Beschuldigten wurden deutlich ausgebaut…”

    Also wenn bei dieser Reform die “Rechte von Opfern” ausgebaut wurden, dann fress ich wirklich und sofort einen Besen und verweise auf meine Postings, wo eben das Strafrecht vor allem für die sozial Schwachen ins unleistbare Zivilrecht verschoben wurde…

    “…der bis dahin verstaubten Justiz einen Modernisierungsschub gab…” – kaum noch zu glauben, dass das sich Jemand auch noch ganz aktuell zu schreiben traut?

    Für mich sind das nur auf Grund dieser wichtigen zentralen Aussage FAKE NEWS – deshalb bin ich auch sehr sicher, dass Presserat, der Pressclub Concoria, etc. hier sofort energisch dagegen eineschreiten werden?

    • Wien. Sind Österreichs Staatsanwälte zu mächtig? Für den Geschmack von Karlheinz Kopf: durchaus. Wie die „Oberösterreichischen Nachrichten“ berichteten, wünschte sich der ÖVP-Klubobmann im Zuge eines Gesprächs über verschleppte Ermittlungen und Jusitzpannen die Untersuchungsrichter zurück.
      (Presse 2011)

      • Mächtig können solche weistungsgebundene Staatsanwälte ja nur sein, wo diese die Politik mächtig gemacht hat, oder mächtig tätig läßt?

        Der Herr Kopf will es sich hier wohl im entsprechenden Fall aussuchen dürfen, welche Organisationsform gerade die besser ist?
        Aber bleibt ihm ja noch immer der Zivilweg offen, bis hin zu einer Privatanklage, vor allem wenn er genug Geld und vor allem genug Macht hat – und diese Möglichkeiten hat er doch? – Oder sonst eben auch der Weg zur politischen Weisungsmacht auf die Staatsanwälte, oder wollte er mit dieser Aussage vielleicht genau DAVON ablenken?
        Vermutlich aber wird es auch steuerbare Staatsanwälte noch zusätzlich geben und vor allem auch noch das Staatsanwaltsschaftsgesetzt mit dem berühmten Paragraphen 35c?

  7. Werte Frau Thalhammer,
    sind sie soeben unbrauchbar geworden weil ihnen ihre Quelle versiegt ist?
    Ich meine diese Quelle, die sie jahrelang benützt hat wenn eine Botschaft an die Öffentlichkeit getragen werden sollte.
    Als willfähriger, unterwürfiger Büttel dürften sie recht gut verwendbar gewesen sein.
    DANKE PETER PILZ

  8. Danke für diesen Artikel. Nach normalen Standards wäre Thalhamner erledigt für jeglichen Journalismus, ausser für jene Geschmacksrichtung, die in Österreich vorherrscht.

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