Samstag, Dezember 7, 2024

Der Pilnacek-Schlapfen

„Profil“-Chefin Anna Thalhammer meint, ich solle meinen „Schlapfen“ halten. Es geht um Pilnacek, Kurz und eine seltsame Vorstellung von Rechtsstaat.

Die profilierte Journalistin Anna Thalhammer hat mir einen Rat gegeben: „Sie sollten mal den Schlapfen halten!“ Jetzt halte ich meinen Schlapfen, sitze vor dem Computer und versuche, ihrer zweiten Aufforderung nachzukommen: „… und ihre eigene Rolle reflektieren“. Das mache ich am besten im direkten Pilnacek-Vergleich mit der Autorin.

„Geförderter Durchblick“

Schon als Journalistin der „Presse“ pflegte Thalhammer ihre Kontakte zu Christian Pilnacek. Am 15. August 2019 vertraute Pilnacek seinem engsten Verbündeten OStA-Chef Johann Fuchs per SMS an: „Sie hat einen – von mir geförderten – Durchblick“. Kurz darauf legte Pilnacek nach: „Ja, Zusammenhänge, die man konstruieren kann… den größeren sieht sie nicht“.

Ein von Pilnacek „geförderter Durchblick“ – was war das? Welchen „Durchblick“ hatte Thalhammer und wie ist er von Pilnacek gefördert worden? Mit Akten und Dokumenten – oder nur mit Einsichten in das Wesen des Rechtsstaats?

Es ist aktenkundig, dass sich Pilnacek Akten und Dokumente besorgt und sie auch verteilt hat. Und es ist journalistisch völlig normal, dass eine Journalistin Quellen nützt. Entscheidend ist ein anderer Punkt: Lässt sich die Journalistin instrumentalisieren und zahlt sie damit einen Preis für ihre Quellen? Von der dubiosen Verwertung der „AG Fama“-Akten des Bundeskriminalamts bis zum „geförderten Durchblick“ bleiben Fragen offen.

Machtfrage statt Rechtsstaat

Christian Pilnacek hat die Justiz aus der Sicht der Macht betrachtet. Wer für ihn war, wurde gefördert, wer sich ihm in den Weg stellte, wurde aus diesem geräumt. Anna Thalhammers Kommentar zum Kurz-Prozess verrät Pilnacek-Schule. Ihrer Ansicht nach geht es „um die Klärung einer Machtfrage, die sich zwischen Justiz, konkret der WKStA, und dem Ex-Kanzler abspielt“.

Wer gewinnt, hat recht. Das ist das Credo derer, die den Rechtsstaat als Kampffeld sehen. Mit der Erfindung eines “Machtkampfs” stellt Thalhammer korruptionsverdächtige Angeklagte und die Strafjustiz, die sie verfolgt, auf eine Stufe. Die einen brechen die Gesetze, die anderen verfolgen den Gesetzesbruch. Die “profil”-Chefin sieht nur zwei Parteien und ein Motto: “Einer wird gewinnen”.

Dutzende Chats und Dokumente beweisen: Pilnacek war dort fast jedes Mittel recht. Für Thalhammer ändert das nichts: „Es ist kein Geheimnis, dass ich Christian Pilnacek sehr geschätzt habe – und er, glaube ich, mich.“ Das ist eine gute Zusammenfassung.

Lautstärkeregelung

Der seltsamste Satz steht allerdings an einer anderen Stelle der Thalhammer-Erklärung: „Es ist wichtig, richtig und höchstnotwendig, Korruptionsermittlungen zu führen, wenn es einen Verdacht gibt. Und ja, es ist auch mehr als legitim, über Vorwürfe zu berichten – aber es ist wie alles im Leben eine Frage der Tonalität und Lautstärkeregelung.“ Ich füge etwas hinzu: Entscheidend ist, wer den Lautstärkeregler bedient. Gerald Fleischmann und Richard Grasl können das Anna Thalhammer sicherlich erklären.

Bevor ich jetzt wieder zum Schlapfen greife, wie von Thalhammer gefordert etwas zu meiner Rolle. Es stimmt, ich war schon früh der Meinung, dass Christian Pilnacek mit seinem Netzwerk von Eisenstadt bis Innsbruck dem Rechtsstaat schadet. Als Abgeordneter habe ich erlebt, dass er das Parlament ebenso tief verachtete wie die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die sich bei der Bekämpfung der Korruption deren Mutterpartei und ihren Netzwerken in den Weg gestellt haben. Daher habe ich die Mittel der parlamentarischen Kontrolle genützt, um Pilnaceks Anschläge auf den Rechtsstaat aufzuklären.

Es ist kein Geheimnis, dass mich Christian Pilnacek aus all diesen Gründen nicht geschätzt hat. Anna Thalhammer hat jedenfalls für Anna Thalhammer eine Warnung bereit: „Die Chefredakteure dieses Landes mahnen von übermütigen Redakteuren kaum Zurückhaltung (…) ein, sondern freuen sich über Klickzahlen.“ Anna Thalhammer hat sicherlich recht.

ergänzt um 14.58 Uhr


Titelbild: EXPA / APA / picturedesk.com, ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com, Christopher Glanzl, Montage ZackZack

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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