Sonntag, September 8, 2024

“Gusenbauer – niemand da!”

Alfred Gusenbauer hat SIGNA Millionenhonorare verrechnet. Aber was war die Leistung der „Gusenbauer Projektentwicklung und Beteiligung GmbH“? Und was unterscheidet sie von einem Briefkasten?

„Hallo, hier Specht.“ –
„Guten Tag, können Sie mir bitte die E-Mail-Adresse der „Gusenbauer Projektentwicklung GmbH“ geben?“ –
„Die weiß ich nicht, da muss ich nachfragen.“

Wir wollten Alfred Gusenbauer einige Fragen mailen. Aber dazu brauchten wir eine Mail-Adresse. Bei der „Gusenbauer Projektentwicklung und Beteiligung GmbH“ findet sich nur eine gemeinsame Adresse von Gusenbauers GmbH und „Specht & Partner Rechtsanwalt GmbH“ am Rooseveltplatz 4-5, Tür 8 in Wien – und eine Telefonnummer. Die Frau, die dort am 8. Jänner 2024 abhob, arbeitet für Gusenbauer-Freund und Rechtsanwalt Leopold Specht.

„Könnten Sie die Gusenbauer-Mailadresse herausfinden? –
Das kann ich nur weitergeben, damit Sie dann jemand zurückrufen kann. –
Wie lange dauert das? –
30 Minuten.“

Eine knappe Stunde später versuchten wir es ein zweitesmal. Dieselbe Mitarbeiterin war am Telefon:

„Guten Tag. Sind heute Gusenbauer-Mitarbeiter da? –
Nein, niemand ist da. –
Wann ist ein Gusenbauer-Mitarbeiter da? –
Da gibt es keine fixen Zeiten. Ab und zu ist wer da. –
Hat die Gusenbauer-Firma überhaupt Mitarbeiter? –
Ich kann nichts über die Firma sagen. Wir haben mit der Firma nichts zu tun.”

Rooseveltplatz

Sowohl „Gusenbauer Projektentwicklung und Beteiligung GmbH“ und „Gusenbauer Projektentwicklung und Beteiligung GmbH & Co. KG“ sitzen am Rooseveltplatz 4-5. Aber niemand scheint dort regelmäßig zu sitzen. Am Briefkasten und bei der Eingangstür gibt es nur „Specht“. Von „Gusenbauer“ fehlt an dessen Firmensitz jede Spur.

Foto “ZackZack”
Foto “ZackZack

Fehlerhafte Rechnungen

Ist Gusenbauers GmbH ein Briefkasten? Alfred Gusenbauer selbst beantwortet ZackZack-Fragen nicht. Von „News“ veröffentlichte Dokumente belegen allerdings, dass Gusenbauer über die schwer auffindbare GmbH der „SIGNA Holding GmbH“ Millionen in Rechnung gestellt hat.

Unter der Nummer „09/2021_02“ erhielt die „SIGNA Holding“ von der „Gusenbauer Projektentwicklung und Beteiligung GmbH“ im September 2021 eine Rechnung über 2,4 Millionen Euro. Ein Rechnungszweck war „Beratung bei der Restrukturierung und Finanzierung des D18-Paketes der Galleria Kaufhof Karstadt-Gruppe“. Gusenbauer meinte damit offensichtlich die deutsche Warenhauskette „Galeria Karstadt Kaufhof“.

Bei der zweiten, gleichlautenden Rechnung über 3,6 Millionen Euro war auch das Datum fehlerhaft. Gusenbauer hatte sich mit „31.3.2020“ bei der Rechnung, die bei SIGNA am 6. April 2021 einging, um ein Jahr geirrt.

Quelle: “News”

Mit dem „D 18-Paket“ wollte „SIGNA Development Selection AG“ 18 Kaufhof-Immobilien bis 2025 verkaufen. Die Ratingagentur „Fitch“ meldete Zweifel an „zu optimistischen Annahmen von Signa in Bezug auf die Wertentwicklung der Warenhaus-Immobilien“, wie die deutsche „Immobilien Zeitung“ meldete.

Als Gusenbauer seine Rechnungen für seine „SIGNA Development“-Beratung über fünf Millionen Euro unterschrieb, war er deren Aufsichtsratsvorsitzender.

War also Aufsichtsratsvorsitzender Gusenbauer für die Kontrolle von Berater Gusenbauer zuständig? Was hat die Gusenbauer/Gusenbauer-Prüfung ergeben? Und vor allem: Hat der Aufsichtsrat der „SIGNA Development Selection AG“ – dem Gusenbauer vorsitzt – Gusenbauers Doppelfunktion auf mögliche Unvereinbarkeiten geprüft – und mit Beschluss genehmigt?

Gusenbauers Leistung

Was war seine Leistung? Die Meischberger-Frage scheint auch bei Gusenbauer angebracht. Hat Gusenbauer erfolgreich geholfen, Kaufhof-Immobilien zu verkaufen? War er an der „Aktion Galeria“ von SIGNA beteiligt? Oder ist er für andere SIGNA-Leistungen belohnt worden? Und: Warum hat „SIGNA Holding“ mit Gusenbauer für dessen Dienste im SIGNA-„Beirat“, der unter René Benkos persönlicher Leitung tagte, zusätzlich 280.000 Euro pro Jahr für „1 Arbeitswoche pro Monat“ vereinbart?

Fehlende Gusenbauer GmbH-Kontaktdaten deuten darauf hin, dass die „Gusenbauer Projektentwicklung und Beteiligung GmbH“ nicht um jeden Preis erreichbar sein will. Nicht gestellte Fragen in den Aufsichtsratssitzungen von „SIGNA Prime Selection AG“ und „SIGNA Development Selection AG“ begründen den Verdacht, dass die Aufsichtsräte unter Gusenbauers Führung vieles nicht genau wissen wollten. Fehlende Antworten auf ZackZack-Fragen legen nahe, dass Gusenbauer nicht mehr gerne über seine SIGNA-Geschäfte spricht.

Parteiausschluss

Inzwischen wächst der Druck auf den SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler, Gusenbauer aus der SPÖ zu entfernen. Die burgenländische SPÖ verlangt Gusenbauers Parteiausschluss, Gusenbauers Parteifreunde in Tirol und Oberösterreich fordern ihn auf, seine Mitgliedschaft vorerst „ruhend“ zu stellen. Nur die niederösterreichische Partei will den geschäftstüchtigen Träger der Viktor Adler-Plakette als Genossen behalten.

„SIGNA Prime“ und „SIGNA Development” sind inzwischen insolvent. Angesichts der SIGNA-Anfangsverdachts-Prüfungen der WKStA gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

(ergänzt um 13.25 Uhr)

Titelbild: (Gusenbauer) GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com,
(Benko) HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com, Montage ZackZack

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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