Dienstag, April 30, 2024

Ausgerechnet: Sparflamme, aber richtig verteilt

Das Gas wird knapp, wir stehen mitten in der Klimakrise. Unseren Energieverbrauch müssen wir drastisch reduzieren. Wo wir sparen, ist eine Verteilungsfrage: Reiche verbrauchen wesentlich mehr Energie – und können auch mehr einsparen.

Joel Tölgyes

Wien, 22. Oktober 2022 | Russland drosselte die Gaslieferungen in den letzten Monaten immer weiter, stellt sie teils ganz ein. Den Füllstand unserer Gasspeicher beobachten wir mit Spannung – und Sorge. Geht uns das Gas aus, hat das bittere Konsequenzen für Gesellschaft und Wirtschaft. Was wir über Jahrzehnte bei der Energiewende versäumt haben, können wir in den nächsten fünf Minuten nicht aufholen.

Verteilungsfrage vergessen

Energiesparen lautet also das Gebot der Stunde. Die EU verkündet gemeinsame Sparziele, Österreich ruft die Energiespar-„Mission 11“ aus und liefert gut gemeinte Spartipps für Haushalte: „Sei ein Warmduscher, aber mach’s kurz“. Mit Gasknappheit und Klimakrise ist es wesentlich, dass wir so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Ein Aspekt wird aber völlig vergessen: Die Verteilungsfrage.

Der Energieverbrauch steigt mit dem Einkommen. Das reichste Einkommensfünftel Österreichs verbraucht insgesamt um ein Drittel mehr Gas als die Mittelschicht. Im Vergleich zum ärmsten Einkommensfünftel sind es sogar 80 Prozent mehr. Aber nicht nur Gas, auch insgesamt verbrauchen reiche Haushalte wesentlich mehr Energie: Reiche fahren öfter und schwerere Autos, sie leben in größeren Häusern, sie fliegen öfter in den Urlaub und konsumieren viel mehr. Wer viel Energie verbraucht, belastet die Umwelt überproportional: In Österreich stoßen die reichsten zehn Prozent viermal so viele Treibhausgase aus wie die ärmsten zehn Prozent.

In einer Welt mit schwindenden Ressourcen dürfen wir diese Ungleichheit nicht übersehen, oder die Augen davor verschließen. Denn jeder Kubikmeter Gas, der eine überflüssige Poolheizung im Winter betreibt, fehlt für die notwendige Heizung im Kinderzimmer. Jedes Kilogramm CO2, das ein SUV auf der Wiener Ringstraße hinausbläst, muss mühsam von den Pendler:innen im Waldviertel eingespart werden. Das bedeutet im Umkehrschluss auch: Verzichten die Reichsten auf Energieverschwendung, hätten viele Menschen ein leichteres Leben. Würde das reichste Fünftel seinen Gasverbrauch auf den der Mittelschicht zurückfahren, würde Österreich bereits sieben Prozent weniger Gas benötigen. Das EU-Ziel für diesen Winter hätten wir allein damit zumindest im Haushaltssektor zur Hälfte erreicht.

Frage der Fairness und Effizienz

Energieverschwendung zu reduzieren, ist also nicht nur eine Frage der Fairness, sondern auch eine Frage der Effizienz: Energieverschwendung abzustellen, bedeutet, dass wenige Leute auf Überflüssiges verzichten müssen. Bei den Grundbedürfnissen zu sparen, würde hingegen bedeuten, dass viele Leute auf Notwendiges verzichten müssen.

Freiwilligkeit und Eigenverantwortung reicht jedoch bei weitem nicht aus. Neben Spartipps brauchen wir konkrete Maßnahmen, die Energieverschwendung zuverlässig einschränken. Wirkungsvolle Vorschläge gibt es genug: Von strengeren Tempolimits und Verboten für SUVs oder Kurzstreckenflügen bis hin zu Preisaufschlägen auf besonders hohen Gas- und Stromverbrauch. Ansetzen sollten wir jedenfalls dort, wo von besonders Wenigen besonders viel Energie verschwendet wird.

Joel Tölgyes ist Klima-Ökonom am Momentum Institut. Er hat Public Economics an der Freien Universität Berlin studiert. Er beschäftigt sich mit den Verteilungsaspekten der Klimakrise und mit der Frage, wie wir unser Wirtschaftssystem ökologischer und nachhaltiger gestalten können.

Titelbild: ZackZack / Miriam Mone

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40 Kommentare

  1. Jetzt wo alle übers Sparen reden, mach i genau des wos eben kana von mir wü …
    Fossile Brennstoffkutschn, voigas, bis is Teelicht zur Zünd/Glühkerzn wird
    Back to Deckl statt Waschlappen
    300 Watt Halogenstrahler – all over the Wohnung
    Heizschwammerl 4ever

    Kiss my Feinstaub!

  2. Reden wir einmal über unseren Bundespräsidenten: Kaum wiedergewählt bucht er schon wieder die nächsten Traumreisen, auf dass es ihm und vor allem seiner Liebsten stets gut gehe. Wenn in Wien tausende Familien im Kalten sitzen, weil der Präsident und seine Entourage auf den Flügen jede Menge Kerosin verbrauchen, hört man in den Medien keine Kritik – schließlich wollen alle Journalisten einmal mit in den sonnigen Süden fliegen. Und so treibts nicht nur der Präsident. Nehammer, Edtstadler, Schalli usw., alle reisen sie wie die Verrückten um die Welt und erklären uns, dass wir uns energiemäßig einschränken müssen ….

    • Mainstream Medien decken alle seine Ausflüge, sei es zur Uschi, zum belgischen König, zum britischen König oder schnell mal nach New York. Sich schnell den Bauch mit feinster Ware füllen und retour, Klima und Umwelt sch…egal. Dieser feine Herr ist kein Grüner im Herzen, er war es nie.

  3. Wir sind in diese Lage nur durch die Dummheit der derzeitigen Regierung(en) geraten. Die Sanktionen bringen gar nichts, aber schaden uns und unserer Wirtschaft massiv!
    Wer glaubt denn ernsthaft dass unsere Nationalratsabgeordneten die Raumtemperatur zu Hause um 2-3 Grad reduzieren? Oder sich an die “11 Gebote der heiligen Gewessler” halten und zB kürzer duschen? Sogar unser (Ex?)-grüner Bundespräsident fliegt mit dem Heereshubschrauber zur Airshow nach Spielberg, während sein Fahrer parallel dazu mit dem Dienstauto nachkommt.
    Alles Augenauswischerei.
    Zuerst müssen die sinnlosen Maßnahmen rückgängig gemacht werden und die Energiesicherheit durch unsere Obergescheiten wieder hergestellt werden, dann schauen wir weiter.

    PS: Bin übrigens einer der immer schon auf Energieeinsparungen geschaut hat: CO2 neutral und teilsolar heizen, Photovoltaikanlage (1x erweitert, die 2. Stufe kommt jetzt), im Dorf Wege zu Fuß statt jeden Meter mit dem Auto… ABER WENN ES REICHT DANN REICHT ES EBEN.

    • Oder sind wir nur in diese Lage gekommen durch die Dummheit der Wähler? Da ja ein Notensystem von 1 bis 5 nicht unbedingt gescheite Menschen macht kann ich sie natürlich verstehen die Schuld oder das Opferdasein in allen für sie erreichbaren Möglichkeiten zu finden.
      Es fängt alles nur bei einen selbst an! Auch die Dummheit.

  4. Ist kein Gas mehr vorhanden, sind arm und reich gleichermaßen betroffen, das Stromnetz überlastet und die Katastrophe komplett.

    • Nö, wir sollten Energie sparen. Das Problem sind die Quadratmeter eines Hauses, die Autos, die…

      Der Energieverbrauch steigt mit dem Einkommen. Das reichste Einkommensfünftel Österreichs verbraucht insgesamt um ein Drittel mehr Gas als die Mittelschicht. Im Vergleich zum ärmsten Einkommensfünftel sind es sogar 80 Prozent mehr. Aber nicht nur Gas, auch insgesamt verbrauchen reiche Haushalte wesentlich mehr Energie: Reiche fahren öfter und schwerere Autos, sie leben in größeren Häusern, sie fliegen öfter in den Urlaub und konsumieren viel mehr. Wer viel Energie verbraucht, belastet die Umwelt überproportional: In Österreich stoßen die reichsten zehn Prozent viermal so viele Treibhausgase aus wie die ärmsten zehn Prozent.

      Haben sie eigentlich diesen Artikel verstanden?

      • Natürlich brauche ich 3x so viel Energie wie der Durchschnitt, mein Haus ist eben auch 3x so gross. Und weil ich auch einen grossen Garten habe, brauche ich auch recht viel Wasser. 1x giessen ca. 4000 Liter.
        Und das alles wäre auch kein Problem, wenn nicht andauernd mehr Leute nach Österreich kämen und uns die Ressourcen und den Freiraum streitig machten. Als wir zum ersten Mal Genug sagten, lebten auf der Erde 3 Mrd.Menschen.

        • Aha. Meinen sie in etwa die Ressourcen die auch von Kindern an die Erdoberfläche hochgebracht werden, damit sie ihren Rassismus freien Lauf lassen können. Schämen sie sich.

        • Ihre Anwesenheit auf der Erde ist nicht zwingend und ihre Gruppe von “wir” braucht auch nicht zwingend auf der überbevölkerten Erde zu leben. Und nein, sie sterben schon selbst und nicht nur die anderen Menschen sterben. Vielleicht sind sie einer von denen die zu viel sind!? Vielleicht sind sie Größenwahnsinnig!?

          • Nein, ganz sicher nicht. Der soziale Kollaps ist meistens eine Folge der Überbevölkerung, ausser man sitzt auf fremden Bankkonten oder auf Ölquellen.

            Was ich nicht ganz verstehe – warum wollen manche Hühner unbedingt in die Legebatterie zurück, auch wenn sie Freilandhühner sein könnten? Weil sie nichts anderes kennen? Weil sie Angst vor der Freiheit haben?

    • Das glaub ich nicht: In den Kellern der abgeschotteten Villen sind sicher ausreichend Treibstoff und Aggregate für viele Wochen …..

  5. Alles richtig, was der Autor schreibt. Der Artikel geht dennoch an den wesentlichen Punkten des aktuellen Energieproblems vorbei. Wer dieses schnell lösen will, kann nur 2 Punkte fordern, die das können:
    1. Die EU Sanktionen gegen Russland sind zu beenden.
    2. Die merit order Vorschrift muss ersatzlos gestrichen werden.
    Nur auf der Basis dieser 2 Massnahmen kriegen Sie die Energiepreise runter.
    Alles andere ist Karneval.

        • Nö geht nicht da Russland mit dem Prozess der moralischen Entwicklung einige Jahrzehnte hinter her hinkt.

          • Die “moralische Entwicklung” in den USA darf man schon auch in Frage stellen: Todesstrafe, höchste Gefangenenrate im Verhältnis zur Bevölkerung, davon 90 % Schwarze, keinerlei Krankenversicherung für Arme im reichsten Land. Kritische Journalisten verschwinden (J. G. Meek z. B.), Assange wird zu Tode eingesperrt, Kriegsverbrecher werden nicht vor Gericht gestellt. Drohnenangriffe auf zivile Ziele in Afghanistan, Hunderttausende Tote im Irakkrieg, Unterstützung des Saudi-Krieges gegen den Jemen, Staatsstreiche von Chile bis Grenada usw. usw. So besonders moralisch entwickelt scheinen die auch nicht zu sein. Geschichtlich: Indianer ausgerottet und Millionen Sklaven gehalten.

        • Die USA mit Russland zu vergleichen ist nicht passend. Ja, die USA sind keine Engeln, aber die Russische Weltsicht ist viel, viel schlimmer!
          Ich für meinen Teil werde mit Massenmördern sicher nicht diskutieren.

          • öl und Gas aus Saudi-Arabien verwenden Sie aber schon ? Aus Katar ? Aus Aserbaidschan ? Gibt es gute und schlechte Mörder ? Wenn Sie ein “durchschnittliches” Leben hier führen, geht Geld von Ihnen zu den verschiedensten Mördern auf dieser Welt. Das könnten Sie nur verhindern, wenn Sie ein Holzhaus aus eigenem Wald bauen, mit Holz heizen und per Fahrrad arbeiten gehen, kein Auto, keinen Flug, auch der Strom für die Bahn kommt teilweise Mördern zugute, die sich sogar über Aktienpakete an Wasser- und Solarenergie beteiligen, also mitverdienen. Sie dürfen dann auch kein Plastik verwenden, keine Medikamente usw…
            Sie sehen, es ist illusorisch und undurchführbar.

          • Habe gestern eine Doku von den Drohnenkriegen der USA in Pakistan gesehen, die müssen 28 Menschen töten, um einmal einen zu erwischen, den sie töten wollen. Und der hatte nie ein Gerichtsverfahren, sein Todesurteil wird im besseren Fall von einem Geheimdienst gefälklt, im schlimmeren Fall von einem Algorythmus – nein, sie sind keine Engel!

      • ja, die Energiekrise, nicht die Klimakrise, das ist ein anderes Thema. Aus pragmatischen Gründen und weil sonst die Armen hier noch viel mehr zu leiden haben, die Reichen nicht.
        Man kann den Standpunkt einnehmen, dass man aus moralischen Gründen Wirtschaftskontakte zu einem kriegsführenden Staat abbricht, aber das ist nicht der Fall und wird den Menschen nur idologisch so verkauft. Erstens kauft die EU weiterhin russisches Gas ein über Umwege und viel teurrer, die Spekulanten freut es, zweitens müsste man dann natürlich auch den Import von russischem Uran stoppen (das von den Sanktionen ausgenommen ist), drittens müsste man konsequenterweise auch von anderen kriegsführenden Staaten nichts kaufen (kAserbaidschan und Saudi-Arabien), das alles passiert nicht.
        Die Menschen werden mit moralischen und moralisierenden Ideologien flach gehalten und stimmen der eigenen Verarmung zu.

        • Weniger Energieverbrauch, Innovation und das Ende von Gas und Öl als Energieträger machen die Energiewende aus.
          Energie und Klima sind weder thematisch noch praktisch zu trennen.

          • im Allgemeinen stimmt das schon, aber hier ging es vorwiegend um die Energiekrise mit dem Schwerpunkt der Kosten – wie diese entstanden sind, wer profitiert und wer die Rechnung zahlt. Mehr die kurzfristigen Aspekte des kommenden kalten Winters und wer frieren wird und verarmt. Klar muss der Verbrauch insgesamt sinken, neue Wege beschritten werden und öl und Gas reduziert werden, auch Kohle.
            Mir geht es beim Thema Klima immer um eine globale Gesamtbetrachtung, alles andere ist Folklore.
            Und dabei spielt die Verteilung von Ressourcen und die Verteilung des Weltvermögens die zentrale Rolle, wenn das nicht gelingt zu ändern, wird die Katastrophe unaufhaltbar.

          • Na ja, im wesentlichen geht es in diesem Artikel um die Gesamtsituation mit dem Fokus auf eine gerechte Verteilung.
            Ausgleichen zwischen arm und reich so zu sagen gerecht zu kompensieren mit sofortiger Wirkung.

        • …Neben Spartipps brauchen wir konkrete Maßnahmen, die Energieverschwendung zuverlässig einschränken. Wirkungsvolle Vorschläge gibt es genug: Von strengeren Tempolimits und Verboten für SUVs oder Kurzstreckenflügen bis hin zu Preisaufschlägen auf besonders hohen Gas- und Stromverbrauch. Ansetzen sollten wir jedenfalls dort, wo von besonders Wenigen besonders viel Energie verschwendet wird….wäre die letzte Zeile in diesem Artikel!
          Das sollten die Wähler fordern!

    • Purer Schwachsinn! Man darf mit Russland nicht verhandeln. Bei Punkt 2 liegen sie richtig, hier könnte was geändert werden.
      Aber – nur durch die Krise wird eine Änderung des Systems erreicht. Durch die hohen Energiepreise sprießen auf einmal Start-Ups in die Höhe die sich mit Kernfusion, Kernspaltung, verbesserung von Photovoltaik, etc. beschäftigen.

      • Natürlich soll man mit Russland verhandeln. Schalli sollte sich sogar im Namen der gesamten österreichischen Politik entschuldigen.

  6. “… Reiche verbrauchen wesentlich mehr Energie – und können auch mehr einsparen. …” Richtig! Sie KÖNNTEN!!!

    ABER DER MEHRVERBRAUCH AN ENERGIE IST FÜR DIESE KASTE DOCH VÖLLIG NEBENSÄCHLICH.

    Und deshalb geht ihnen die Energiedebatte am A…. vorbei.

  7. Da wird man bei der blockierer und freunde der reichen partei aber auf granit beissen.
    es gehören die flugreisen höchstbesteuert und der sprit dafür nicht subventioniert.

    • Flugreisen teurer trifft v. a. wieder die weniger Betuchten. Manche müssen fliegen. Ich z. B. habe eine Tochter in den USA, eine zweite in Brasilien. Meine Mutter ist in österreich wie andere Verwandte auch, ich selber betreibe eine Landwirtschaft in einem asiatischen Land und bin das halbe Jahr dort. Wenn ich meine Familie sehen will, muss ich fliegen, rudern geht nicht. Ich fliege sogar sehr ungern, habe Flugangst, es ist kein Vergnügen. Aber ansonsten würde ich meine Famiilie nicht sehen können.

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