Kleinwalsertal-Gate zieht internationale Kreise
Die Affäre des Bundeskanzlers im Vorarlberger Kleinwalsertal ist mehr als nur ein Twitter-Aufschrei: mittlerweile haben mehrere internationale Medien über die Nicht-Einhaltung der Corona-Regeln von Sebastian Kurz berichtet. Ein Überblick.
Wien, 16. Mai | Sebastian Kurz ist es aufgrund professioneller PR-Arbeit und Message Control gewohnt, auch im Ausland positive Berichterstattung zu erfahren. Die politische Affäre rund um den Kanzler-Besuch im Kleinwalsertal hat aber nun internationale Tragweite erlangt – und dem Kanzler empfindliche Negativschlagzeilen beschert. Gerade im Zuge der Grenzdiskussion und im „Kampf“ um Touristen ist das ein ungewohnt harter Schlag für Kurz.
ZackZack hat internationale Pressestimmen über das Kleinwalsertal-Gate zusammengefasst.
BBC News (Vereinigtes Königreich)
Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt des Vereinigten Königreichs, die „British Broadcasting Corporation“ (BBC), berichtete in ihrem täglichen News-Ticker (durch Runterscrollen sichtbar, Red.), dass Kurz bei seinem Besuch in einer „kleinen Alpenortschaft“ die „Social Distancing“-Regeln missachtet hatte. Eingebettet wurde auch das berühmte Video der Vorarlberger Nachrichten, das auf YouTube mittlerweile über 250.000 Mal aufgerufen wurde.
Austria’s Chancellor Sebastian Kurz is receiving criticism after visiting a small Alpine community and breaking social distancing ruleshttps://t.co/2j98zn7TEl pic.twitter.com/aHdvBv4ZUI
— BBC News (World) (@BBCWorld) May 14, 2020
Spiegel (Deutschland)
Das legendäre Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ titelt unmissverständlich: „Österreichs Kanzler Kurz empört mit fehlendem Mundschutz“. “Der Spiegel” hatte sich in der Vergangenheit neben der Süddeutschen Zeitung immer wieder mit Kritik an Kurz hervorgetan, nachdem man bei der Veröffentlichung des Ibiza-Videos in Österreich verstärkte Aufmerksamkeit erlangen konnte.
Ein offizieller Besuch hat Österreichs Kanzler #Kurz heftige Kritik eingebracht: Er und viele Zuschauer trugen keinen Mundschutz, Abstandsregeln wurden gebrochen. https://t.co/1rkdwe0gxO
— DER SPIEGEL (@derspiegel) May 14, 2020
Süddeutsche Zeitung (Deutschland)
Auch die „SZ“ sparte das Thema nicht aus. So schrieb Österreich-Korrespondent Peter Münch: „Der Ausflug in Österreichs fernen Westen sollte auch als Signal verstanden werden, dass die schweren Zeiten wieder leichter werden. Dies jedoch ändert nichts daran, dass in Österreich weiterhin für alle vom Kanzler abwärts und seitwärts die regierungsamtlich verordneten Abstandsregeln gelten – und die wurden im Kleinwalsertal doch recht grob missachtet, wie auf einem Video zu sehen ist (…).“ Auch der Titel hatte es in sich: „Spott und Wut nach Kurz-Besuch im Kleinwalsertal.“
Österreich – Wut nach Kurz-Besuch im Kleinwalsertal – Süddeutsche Zeitung https://t.co/AT5Qf61lQT via @GoogleNews
— Holger Ewald (@HolgerEwald1) May 14, 2020
Neue Zürcher Zeitung (Schweiz)
Die konservativ-liberale „NZZ“ attestierte Kurz im gestrigen Beitrag zwar, bisher ohne gröbere Fehler durch die Krise gekommen zu sein – doch dann „gerät ein Auftritt in Vorarlberg zum PR-Fiasko“. Eine Analyse, die Kurz ins Mark trifft, folgte im Text: „Das Missgeschick hat den Kanzler gehörig in die Defensive gebracht. Er reagierte zudem wenig souverän, als er versuchte, vor allem die Journalisten für das Gedränge verantwortlich zu machen. Es ist aber weniger die Empörung der Opposition und der Medienbubble über ‚Kleinwalsertalgate‘, die ihn nervös macht, sondern mehr die Tatsache, dass der Vorfall alles konterkariert, was die Regierung seit März predigt.”
Wieso ein Bad in der Menge für Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Problem wirdhttps://t.co/bHZK2hrWRJ
— NZZ International (@NZZAusland) May 15, 2020
In der Schweiz berichtete zudem auch die „Luzerner Zeitung“, die titelte: „PR-Auftritt geht nach hinten los: Österreichs Kanzler Kurz tritt ins Fettnäpfchen“. Vor allem deutsche Leitmedien griffen den Fauxpas auf. Kurz sieht sich in Deutschland seit seinen skurrilen München-Gerüchten als Ablenkungsmanöver von Ischgl ungewohnt häufig Kritik ausgesetzt, auch vonseiten der bayerischen Schwesterpartei CSU.
Nächste Woche will sich der Kanzler mit Bayerns Ministerpräsident Söder absprechen, wie bei der Grenzöffnung weiter verfahren wird. Beide Seiten sind wegen des Wettbewerbs um Touristen, vorwiegend aus dem Norden Deutschlands, derzeit nicht gut aufeinander zu sprechen. Die Kleinwalsertal-Affäre dürfte dem Kanzler hinsichtlich Berichterstattung im nahen Ausland deshalb erst Recht nicht gefallen.
(wb)
Titelbild: APA Picturedesk