Blümel rettet geheime Sparbücher statt Gemeinden
Finanzminister Gernot Blümel behauptet, er würde sich nun um die Commerzialbank-Spareinlagen der Kinder kümmern, die „Hopsi“-Sparbücher seien gesichert. Doch das Geld gehört den Kindern nicht und auch die Zahlen, die Blümel bekanntgegeben hat, scheinen fehlerhaft. Hat sich der Minister verrechnet oder kümmert er sich gerade um private Großkunden, während Gemeinden vor der finanziellen Katastrophe stehen?
Wien, 06. August 2020 | In einer Aussendung zeigte sich Finanzminister Gernot Blümel am Mittwoch stolz: Das Ersparte von 214 Minderjährigen, in Höhe von 4,1 Millionen Euro, sei gerettet worden. Das Problem: Entweder Blümel rechnet falsch, oder auf einzelne Kontoführer kommen mehrere „Hopsi“-Sparbücher.
„Hopsi“ braucht keine Kinder
Ein „Hopsi“-Sparbuch ist ein geheimes Losungswort-Sparbuch, das Limit beträgt 15.000 Euro. Mehr darf auf ein solches Sparbuch nicht eingelegt werden, das geht sich aber bei Blümels Rechnung nicht aus. Auf jedes Kind würden, wenn man die 217 Kinder als Grundlage nimmt, über 19.000 Euro kommen.
“Es ist keine Seltenheit, dass jemand 40 solcher Sparbücher hat”, sagt der Experte der Einlagensicherung, Stefan Tacke, gegenüber dem ÖVP-nahen „Kurier“. Ein Verdacht liegt nahe: Werden die unschuldig klingenden „Hopsi“-Sparbücher gar als Steuer-Umgehung genutzt und der Minister rettet genau dieses?
Auszuschließen ist das nicht, auch die Zinsen sollen für die „Hopsis” äußerst attraktiv gewesen sein. Zudem brauchte es gar kein Kind, um ein „Hopsi“ zu eröffnen. Die Commerzialbank hatte das Sparbuch zunächst über einen Erwachsenen eröffnet, danach konnte jeder, der mit Sparbuch und Losungswort zur Bank ging, Geld vom Sparbuch abheben. De jure gehört das „Hopsi“-Sparbuch ohnehin nicht den Kindern. Auch ein erfundener Neffe hätte für die Eröffnung eines „Hopsi“ genügt.
Rettet Blümel Reiche?
Nachdem am Mittwochfrüh der „Kurier“ berichtet hatte, dass die Spareinlagen der Kinder gefährdet seien, inszenierte sich Finanzminister Blümel zum Retter. Nur wenige Stunden nach dem „Kurier“-Bericht gab er bekannt, dass die „Hopsi-Einlagen der Kinder gesichert“ seien, damit die Kinder „weiterhin auf unsere Banken vertrauen“, so Blümel.
An die 30.000 Sparbücher mit Losungswort soll es bei der Commerzialbank gegeben haben, damit könnten bis zu 450 Millionen Euro darauf abgelegt worden sein. Für Bank-Kunden, die auschließlich ein solches Sparbuch haben, ist das ohnehin kein Problem: via Einlagensicherung bekommen sie ihr Geld zurück. Personen, die ihre 100.000 Euro Auszahlung vielleicht schon durch ihr Giro-Konto ausgeschöpft haben, müssen dann kreativ werden.
Solche Kunden ziehen dann oftmals auch Verwandte und Vertrauenspersonen hinzu. Können diese das Sparbuch und das dazu gehörige Losungswort vorweisen können, dürfen sie auch die Auszahlung verlangen. “Das ist legitim und verstößt auch nicht gegen das Gesetz”, erklärte Tacke gegenüber „Kurier“.
Um ein „Hopsi“-Sparbuch ausbezahlt zu bekommen, muss zwar jetzt ein Konto angegeben werden, das auf einen Minderjährigen läuft, doch vertretungsberechtigt bleibt selbstverständlich der Erwachsene.
Gemeinden weiter vor Pleite – Blümel schweigt
Sollte sich Blümel nicht verrechnet haben, dann gingen schon jetzt mehrere geheime Sparbücher an dieselben Personen. Denn laut Blümels Rechnung seien auf den „Hopsi“-Büchern im Schnitt 19.158 Euro eingelegt gewesen. Das geht sich nicht aus. Rettet Blümel gerade geheime Sparbücher von Reichen?
Brisant: Erst mit den „Hopsi“-Sparbüchern schaltete sich der Finanzminister in die Causa Commerzialbank ein. Immerhin ist es sein Ministerium, das die möglicherweise schlampige Prüfung der Finanzmarktaufsicht (FMA) zu verantworten hätte. Das Finanzministerium ist für die Prüfung der FMA zuständig. Die Vorwürfe gegenüber der FMA hat Blümel bisher nicht kommentiert. Seit Karl-Heinz Grasser kommen alle Finanzminister aus der ÖVP.
Einlagensicherung ist fleißig
Nun kümmert sich der Minister offenbar um privilegierte Privatkunden der Commerzialbank, während viele Gemeinden durch den Skandal vor der finanziellen Katastrophe stehen. Die Gemeinde Schattendorf hat ihr Geld verloren und kann das Freibad nicht mehr sanieren, der Finanzminister schweigt dazu bislang. Auch nicht zu den vielen anderen Gemeinden.
Das Land Burgenland will diese derweil unterstützen. Vom Land gibt es juristische Hilfe, eine Sammelklage steht im Raum. Auch die Einlagensicherung scheint auf Zack zu sein: Mit Stand Mittwoch wurden bereits 385 Millionen Euro an 10.300 Kunden ausbezahlt. Kleinanleger werden wohl zu ihrem Geld kommen.
(ot)
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