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Ausschreibung der Frauenhäuser – Salzburger Grüne: “Wir sind daran gescheitert”

Ausschreibung der Frauenhäuser

Die Ausschreibung der Frauenhäuser Salzburg und Hallein ist im Gange, ZackZack berichtete. Nach Kritik an NEOS: auch die Grünen stehen in der Verantwortung und beziehen gegenüber ZackZack Stellung, die ÖVP-Frauen schweigen. Neben der bisher bekannten Caritas ist ein weiterer Bewerber für die Ausschreibung bekannt: der bisherige Träger vom Frauenhaus Hallein.

 

Wien, 09. September 2020 | Nachdem vergangene Woche das Frauenhaus Hallein mit einer Aussendung ums Überleben kämpfte, hat der grüne Koalitionspartner der Salzburger türkis-grün-pinken Regierung jede Hoffnung auf ein Umdenken bei den NEOS aufgegeben.

Während die Opposition aus SPÖ und FPÖ mit einer „Mauer für die Frauenhäuser“ den Kampf noch nicht aufgegeben hat, sieht es bei den Grünen anders aus: Nach zahlreichen erfolglosen Hintergrundgesprächen gelte es jetzt, das Beste aus dem „Schlechten“ zu machen. Doch daran ist der grüne Koalitionspartner mit verantwortlich.

Grüne bleiben erfolglos

Von Parteien aller Farben wurde gegen die Ausschreibung der Frauenhäuser Salzburg und Hallein interveniert, auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene äußerten sich kritische Stimmen für einen Verbleib der Frauenhäuser – und gegen eine Ausschreibung, wie sie Sozialrätin Andrea Klambauer (NEOS) derzeit umsetzt.

Auch die Salzburger Grünen machten sich gegen die Ausschreibung stark: Doch die NEOS waren nicht zum Umdenken zu bewegen, sagen Kimbie Humer-Vogl, Klubobfrau und Halleiner Stadträtin, und Anna Schiester, Frauensprecherin der Salzburger Grünen. Heftige Auseinandersetzungen, persönliche Anfeindungen und Druck hätten Humer-Vogl schließlich dazu bewegt, sich zurückzuziehen:

„Ich habe auch versucht, in vielen persönlichen Hintergrundgesprächen eine konstruktive Lösung zu finden, leider vergebens. Aus der öffentlichen Debatte habe ich mich allerdings zwischenzeitlich auf Grund von persönlichen Anfeindungen aus verschiedenen Ecken zurückgezogen.“

Humer-Vogl: „Frauensolidarität fehlt“

Die Grünen sind eng verbunden mit der Frauenbewegung in Österreich, und Humer-Vogl weiß, worum es unter anderem bei der autonomen Frauenhausbewegung geht: Politik und Behörden sollen keinen Einfluss nehmen können. Die NEOS gefährden mit der geplanten Privatisierung ein über Jahrzehnte gewachsenes und etabliertes System, so die Kritik von Seiten einiger Expertinnen.

Humer-Vogl verortet hier auch ein Generationen-Thema unter Feministinnen: Der Feminismus, aus dem heraus die autonomen Frauenhäuser entstanden seien und der auf Frauensolidarität beruhe, spiele bei den aufstrebenden Jungfeministinnen keine Rolle mehr:

„Es haben viele protestiert. Aber es waren nicht die Jungen, denen war es egal.“

Generell sei es in Sachen Frauenhäuser-Ausschreibung aber nie zu dem Aufschrei gekommen, den sie sich erwartet habe.

Grüne in Koalition gefangen

Die Grünen, sind Humer-Vogl und Schiester überzeugt, hätten im Rahmen ihres Koalitions-Deals alles getan, was in ihrer Macht gestanden sei:

„Wenn irgendjemand Einfluss nehmen hätte können, wären es wir gewesen. Aber es ist nicht gelungen“,

so Humer-Vogl. Sie verweist auf den Koalitionsdeal, wonach die jeweils zuständigen Landesräte freies Spiel in ihrem eigenen Bereich hätten. Dieser Entscheidungsspielraum habe seine Tücken, bringe aber auch Vorteile. Der Preis, den die Grünen dafür in diesem Fall zahlen müssen, ist hoch: der Rückhalt für eine Bewegung, aus der heraus sie selbst groß geworden sind, steht auf wackligen Beinen.

Stimme gegen NEOS-Ausschreibung wäre „Koalitionsbruch“ gleichgekommen

Die Grünen sind nun mit dem Vorwurf konfrontiert, sie hätten in Sachen Frauenhaus-Ausschreibung nicht genug gemacht: Anfang März stimmten sie gemeinsam mit den NEOS und der ÖVP gegen einen FPÖ-Antrag, der einen Ausschreibungs-Stopp forderte. Anna Schiester begründet das so:

„In einer Koalition käme das einem Koalitionsbruch gleich“,

sagt sie zum Stimmverhalten der Grünen.

Humer-Vogl und Schiester sagten den Frauenhaus-Leiterinnen regelmäßig ihre Unterstützung zu, nahmen an Protestmärschen teil und intervenierten in Form von Hintergrund-Gesprächen, erzählt Birgit Thaler-Haag, die Leiterin des Frauenhaus Salzburg:

„Aber dass sie dagegen gestimmt hätten, dafür war dann doch der Koalitionsfriede – bzw. die Koalitionsvereinbarung ausschlaggebender.“

„Wir sind gescheitert“

Innerhalb der Koalition habe es „sehr stark geknirscht und viele Konflikte gegeben“, weil sich die Grünen lautstark zu Wort gemeldet hätten. Dass sie nichts getan hätte, will sich die grüne Frauensprecherin Schiester nicht vorwerfen lassen:

„Wir sind gescheitert daran, dass die Frauenhäuser nicht ausgeschrieben werden, aber das heißt nicht, dass wir nicht getan haben, was in unserer Macht steht.“

Es sei nichts mehr zu machen, sind sich Schiester und Humer-Vogl einig: Jetzt gehe es darum, für gewaltbetroffene Frauen und Kinder eine Lösung zu finden, die ihnen nicht schade.

Mit Kolping Österreich bisheriger Hallein-Träger unter Bewerbern

Expertinnen wie Politikerinnen wiesen zahlreich darauf hin: Die über Jahrzehnte aufgebaute Expertise der Frauenhäuser dürfe nicht verloren gehen. Mit der Kolping Österreich beteiligt sich die Dachorganisation des bisherigen Trägers des Frauenhaus Hallein an der Ausschreibung. Die Motivation sei klar, so Präsidentin Christine Leopold im Gespräch mit ZackZack:

„Wir haben das Halleiner Frauenhaus gegründet und wollen weiterhin in Salzburg präsent sein. Die Arbeit, die bisher geleistet wurde, soll auch weitergehen.“

Abgabefrist ist nächste Woche. Die Kolping Österreich erarbeite derzeit noch ein Konzept und sei diesbezüglich auch in Austausch mit dem derzeitigen Träger. Hallein werde jedenfalls als Standort eingereicht, so Leopold: „Das Frauenhaus in Hallein ist ein in der Bevölkerung bestens etabliertes Haus, es wird dort gute Arbeit geleistet. Es wäre naheliegend, dass es dort bleibt – oder zumindest eines der Angebote dort bleiben wird.“

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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