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Opposition sieht Mock-Institut als Drehscheibe – Sobotka unter Druck

Sobotka unter Druck

Wolfgang Sobotka hat etwas mit der ÖVP zu tun. Doch sein Alois-Mock-Institut nicht, meint der Nationalratspräsident. Im Ibiza-U-Ausschuss kommt ans Licht: Das Mock-Institut schaltete Inserate in ÖVP-Zeitungen. Andere Verdachtsmomente rund um die ÖVP und ihre mögliche Käuflichkeit bewertete Sobotka als „konstruiert“, zu vielem hatte er „keine Wahrnehmung“.

 

Wien, 09. September 2020 | Wolfgang Sobotka war am Mittwoch im Ibiza-U-Ausschuss. Diesmal nicht als Vorsitzender, sondern als Auskunftsperson. Im Fokus: das Alois-Mock-Institut (AMI). Rund 37.000 Euro habe das Institut von verschiedenen „Kooperationspartnern“ in den letzten zwei Jahren aus Inseraten erhalten, fasste Stephanie Krisper (NEOS) im U-Ausschuss zusammen. „Na und ist das etwas Schlechtes?“, war Sobotkas Gegenfrage. Budget hat der Sobotka-Verein übrigens rund 240.000 Euro jährlich. Woher die restlichen 200.000 Euro kommen, wisse das ÖVP-Urgestein aber nicht.

„Mock-Institut hat nichts mit ÖVP zu tun“

Mit der Novomatic organisierte man einige Veranstaltungen, da sei es etwa um „wirtschaftspolitische Perspektiven im Osten“ gegangen. Dass der Glücksspielkonzern mit dem AMI „kooperierte“ und „nichts spendete“, wie Sobotka immer wieder betonte, „liegt auch am visionären Geist von Professor Graf (Novomatic-Boss, Anm.)“, ließ der Nationalratspräsident den Untersuchungsausschuss am Mittwoch wissen.

Auch wenn er Graf gar nicht so gut kenne, über Casinos habe er mit dem Glücksspiel-Oligarchen nie gesprochen. All die Verdachtsmomente rund um blaue Firmennetzwerke oder den Kampf um die Casinos habe der Nationalratspräsident ohnehin nur aus dem Ibiza-U-Ausschuss erfahren. Als Jan Krainer (SPÖ) Sobotka damit konfrontierte, dass sein Mock-Institut auch im NÖAAB (Niederösterreichisches Arbeitnehmerbund, ÖVP-Organisation, Anm.) inseriert hatte, bediente der türkise Nationalratspräsident seine Schallplatte: „Das Mock-Institut hat nichts mit der ÖVP zu tun. Für eine Leistung gab es eben eine Gegenleistung. Geldfluss gab es nur gegen Gegenleistung.”

„Wir danken unseren Sponsoren“, ist in der Mock-Zeitschrift „Report“ zu lesen. Aber Sobotka streitet ein Sponsoring des AMI durch die Novomatic ab, es sei stattdessen eine “Kooperation” gewesen.

Hat Mock-Institut ganz anderen Zweck?

Die NEOS orten deshalb Hinweise, dass der eigentliche Grund des Mock-Instituts ein ganz anderer sein könnte: Seit 1. Juli 2012 müssen auch Inseratengelder an parteinahe Organisationen offengelegt werden. Drei Monate zuvor war damals der „bürgerliche Think-Tank“ (Zitat Sobotka) gegründet worden. Die NEOS vermuten darin den eigentlichen Zweck, nämlich die neu geregelte Parteienfinanzierung zu umgehen. „Damals war das Mock-Institut nicht so relevant, leider“, antwortete der türkise Niederösterreicher lachend auf die Mutmaßungen.

Warum war das AMI denn im „Projekt Ballhaus“, dem türkisen Stratgiepapier zur Machtübernahme, Bestandteil gewesen? „Das müssen sie den Autor fragen, den kenne ich nicht“, sagte Sobotka, „wir haben nie von der ÖVP einen Auftrag erhalten und uns immer um Transparenz bemüht. Das Alois-Mock-Institut ist keine Vorfeldorganisation der ÖVP, das Institut ist ein bürgerlicher Think-Tank. Es gibt nur persönliche Verbindungen zur ÖVP.“

Auszug aus dem türkisen Geheimpapier “Projekt Ballhausplatz”. Auch die ÖVP rechnet das AMI zur Parteifamilie.

Und warum wurden die Besitzer der Mock-Webseite gewechselt, just in dem Moment, als Anfang Juni Ex-Novomatic-Geschäftsführer Harald Neumann im U-Ausschuss über das AMI gesprochen hatte? Sobotka wisse das nicht, betonte er. Die Beweiskette, die NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper hier vorlege, sei „mager”, kommentierte der Nationalratspräsident. Immer wieder wechselte Sobotka die Rolle, urteilte selbst, ob Fragen berechtigt seien oder nicht. Von der Vorsitzenden Doris Bures (SPÖ) kassierte er dafür einige Male eine Rüge.

Apropos Vorsitz: Am Gang flüsterte man, dass Bures auch morgen den Vorsitz halten werde. Ab nächster Woche übernehme dann wieder Wolfgang Sobotka. Krisper forderte unterdessen, dass Sobotka den Vorsitz ab morgen abgeben solle.

Sobotka kann Ladung nicht nachvollziehen

Obwohl Verfahrensrichter Pöschl die von ZackZack aufgedeckte ÖVP-Aktion-Koks gegen Strache in den Untersuchungsgegenstand einrechnete, widersprach Sobotka vehement Nachfragen rund um Ibiza-Anwalt M. und ÖVP-Berater Kapp. Man ließ es ihm durchgehen, die FPÖ wolle aber Daniel Kapp laden.

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker hakte mehrmals beim Strache-Kapp-Themenstrang nach. Der Geladene beschwichtigte: Daniel Kapp kenne er gut, aber was genau er mit ihm beruflich gemacht habe, das sei „nicht Untersuchungsgegenstand“, so Sobotka. Auch wenn Vorsitzende Doris Bures und Vefahrensrichter Pöschl das anders sahen, der ehemalige Stellvertreter von Erwin Pröll äußerte sich nicht wirklich dazu. Sobotka klärte schon im Eingangsstatement: „Ich war nie in der türkis-blauen Regierung, ich bin überrascht, dass ich geladen wurde.“

Dass Jan Krainer (SPÖ) ein “Geständnis” erkannte, kommentierte Sobotka sarkastisch: “Herr Krainer hat seine eigene Wahrnehmung. Es geht schon lange nicht mehr um Aufklärung.”

Krainer zeigte sich indes nach der Befragung überrascht:

“Natürlich ist das Mock-Institut ein Paradebeispiel für einen parteinahen Verein. Sobotka ist der einzige in Österreich, der glaubt, dass das Institut nichts mit der ÖVP zu tun hat. Seit heute wissen wir etwas neues: Es gibt Geldflüsse vom Mock-Institut zur ÖVP. Nicht nur die Novomatic, sondern auch öffentliche Stellen finanzieren diesen Verein, ein Prototyp eines Parteivereins. Dann inseriert der Verein in ÖVP-Zeitungen, das wissen wir seit heute. Sobotka sollte nicht mehr den Vorsitz führen, er ist Teil dieser Untersuchung, das hat er heute eindrucksvoll bestätigt.”

Stephanie Krisper verlangt von Wolfgang Sobotka, seinen Vorsitz zurückzulegen.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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