Samstag, Juli 27, 2024

Österreich verzögert Großkonzern-Steuern – Gegen Parlament für Amazon & Co.

Gegen Parlament für Amazon & Co.

Österreich sorgte vergangene Woche in einer Arbeitsgruppe des EU-Rates für reichlich Verstimmung. Trotz eines Parlamentsbeschlusses, der die zuständigen Politiker auffordert, Amazon, Google und Co. an die Steuerleine zu nehmen, verweigerte man eine Zustimmung für Steuertransparenz von Großkonzernen. Die SPÖ sieht eine „Missachtung des Parlaments“, die Regierung meint, es handle sich um ein Missverständnis.

 

Wien, 28. Jänner 2021 | Fast jeder Österreicher zahlt mehr Steuern als Amazon, Starbucks oder Google. Angesichts der aktuellen Umverteilung von Vermögen von den Ärmeren zu den Reicheren ist das noch dramatischer. Die Großkonzerne ersparen sich die Steuern – und ihre Bosse werden immer reicher. In einem Vorstoß einer Arbeitsgruppe des EU-Rates am Freitag wollte man dies nun ändern. Österreich enthielt sich aber seiner Stimme und widersetzte sich damit einem aufrechten Parlamentsbeschluss.

Österreich widersetzt sich Parlamentsbeschluss

Gäbe es Steuertransparenz, dann müssten Konzerne mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro offenlegen, in welchem Land sie wie viel Steuern zahlen. Das wollte man nun innerhalb der EU umsetzen. Portugal, das aktuell den EU-Vorsitz hält, hatte einen dementsprechenden Vorstoß vorgelegt. Doch dieser liegt wieder auf Eis.

Österreich sei „der Schlüssel bei der ganzen Sache“, wird ein anonymer EU-Diplomat vom Nachrichtenportal „Law360“ zitiert. Das überraschte mehrere Diplomaten, man rechnete mit einer Zustimmung vonseiten Österreichs. Immerhin besteht ein aufrechter Parlamentsbeschluss von Dezember 2019.

Aufgrund des aufrechten Parlamentsbeschlusses überraschte die Enthaltung Österreichs, zitiert „Law360“ weitere Diplomaten. Die Arbeitsgruppe soll vor allem getagt haben, um zu sehen, ob Österreich seine jahrelange Blockade endlich aufgeben würde. 13 Mitgliedsstaaten würden den portugiesischen Vorstoß unterstützen, 14 wären benötigt.

Blümel oder Schramböck?

Laut dem Protokoll der Sitzung, das ZackZack vorliegt, enthielt sich Österreich, da „juristische Fragen“ noch ungeklärt wären. Man unterstütze Lettland, das ebenfalls rechtliche Bedenken anmeldete.

Es ist tatsächlich noch offen, ob die Steuertransparenz unter Bilanzrecht oder unter Steuerrecht fällt. Das ist jedoch eine politische Entscheidung. Der anwesende Rechtsdienst sagte, dass man das schon im November 2019 (damals scheiterte die benötigte Mehrheit ebenfalls an Österreich) so weitergab. Zu dieser Klarstellung äußerte sich Österreich dann nicht mehr.

Fällt der Beschluss unter das Bilanzrecht, wäre das Wirtschaftsministerium zuständig. Aus dem Schramböck-Ministerium heißt es, der Parlamentsbeschluss gelte „natürlich.“ Dann bräuchte es 14 Mitgliedstaaten, Österreich bliebe „der Schlüssel“.

Fällt die neue Transparenz unter die Steuermaterie, wäre Blümels Finanzministerium zuständig, dann bräuchte es eine Einstimmigkeit. Insgesamt heißt es aus der Regierung, die Enthaltung sei ein Missverständnis gewesen, man habe sich bei der Enthaltung einfach vertan. Komme es zu einer Abstimmung im Wettbewerbsrat, werde man zustimmen. Doch erstmal ist das Vorhaben verzögert.

„Missachtung des Parlaments“

Die Enthaltung ist für die SPÖ jedenfalls eine „beispiellose Missachtung des Parlaments.“ “Der Beschluss ist bindend. Die Regierung muss sich daranhalten“, sagt Budgetsprecher Jan Krainer in einer Aussendung am Samstag.

“Wenn Kurz und Kogler diese zentrale Maßnahme für Steuergerechtigkeit europaweit zum Scheitern bringen, wäre das ein ungeheurer Skandal, eine Verhöhnung des Parlaments und ein Betrug an die ehrlichen Steuerzahlerinnen“, wurde der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried noch deutlicher.

Aktuell macht der Schaden durch die Steuervermeidung der Großkonzerne bis zu 1000 Milliarden Euro jährlich aus. Laut Diplomaten sei es aktuell „unklar“, wie es weitergehe.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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